aus bma 01/10

Text: Pabi
Fotos: Pabi, Yamaha

Yamaha XVS 950 A Modell 2009Einfach genial, wie Yamahas neuer Mittelklasse Cruiser dasteht. Mattschwarze Felgen, dunkelblauer Lack, lang gestreckt und tief geduckt. Dafür breit ohne Ende. Trotzdem schnittig. Ein Cruiser, wie er sein soll. Ein Bike, um das man erst mal bewundernd herumscharwenzelt. Es in aller Ruhe betrachtet, bevor man das rechte Bein locker über die Sitzbank schwingt. Ha, das geht garantiert auch mit schwerer Arthritis noch ganz easy.

Mit siebenundsechzigeinhalb Zentimetern Sitzhöhe bietet Yamahas neueste Cruiser-Schöpfung einen gefühlt fast ebenerdigen Sitzplatz und vermittelt dazu mit ihrer insgesamt geduckt gestreckten Erscheinung und dem breiten Lenker eine Bobber mäßige Arbeitshaltung des Piloten. Da liegt alles, was benötigt wird, gut zur Hand und auch die Füße ruhen zufrieden auf den Gummi bewährten vibrationsmildernden Trittbrettern.

 

Klar, Schaltwippe muss sein. Und auch eine Bremsscheibe vorne hat auszureichen. Schließlich ist diese mit 320 Millimetern Durchmessern großzügig dimensioniert und mit der Bremserei hatte Yamaha seit Erfindung der R 1 noch nie ein Problem. Gleiches gilt insbesondere auch für die Motorisierung. Der neu entwickelte luftgekühlte 60 Grad V2 glänzt nicht nur durch seine wunderbar klassische Optik, sondern verwöhnt den Fahrer zudem mit ausreichendem Schub aus dem Drehzahlkeller, der sich Midnight Star typisch, wir kennen das von der 1900er, auch in höheren Drehzahlbereichen nicht nur fortsetzt, sondern gar zu einem wilden Orkan anschwillt.

Yamaha XVS 950 A Modell 2009Bei der Kleinen natürlich weitaus zahmer, aber dennoch deutlich spürbar. Vor allem im Vergleich zu den Mitbewerbern kann Yamahas 942 ccm V-Twin Akzente setzen, wenn mal ein etwas deftiger Zwischenspurt erforderlich sein sollte. Zum Beispiel bei Überholmanövern auf der Autobahn, oder dem schnellen Einsortieren in den fließenden Verkehr aus dem Stand heraus. Da kann man einfach beherzt Full-Throttle stehen lassen und auf der anwachsenden Drehzahlwelle die Leistungskurve ausreiten, bevor mit einem satten, aber nie unangenehmen Klonk der nächste der 5 vorhandenen Vorwärtsgänge mit einem Kick des Stiefelabsatzes auf das hintere Ende der Schaltwippe, eingelegt werden muss. Was die kleine Midnight Star mit einem ordentlichen Satz vorwärts honoriert, um sich dann gemütlich auf Reisegeschwindigkeit einzupegeln. Zwischen 110 und 130 Kilometern pro Stunde trommelt der Twin mit seiner ungleichmäßigen Zündfolge von 300 und 420 Grad einen wohligen Bassbeat in den Asphalt, der den Fahrer leicht verträumt dem Sonnenuntergang entgegen cruisen lässt.

Yamaha XVS 950 A CockpitLinks und rechts der A 42 leuchten dabei die verrosteten Türme und riesigen Rohrlandschaften der alten Stahlhütten rotbraun vor sich hin und lassen mich darüber sinnieren, dass dieses Eisen hier, auf dem ich gerade reite, in 40 Jahren vielleicht auch mal so aussehen mag. Denn genug Metall ist auf jeden Fall dran, an der Midnight Star des Jahrgangs 2009. Sogar die üppigen Fender sind aus echtem Eisen gearbeitet und, man mag es mir glauben oder nicht: So was sieht man auf den ersten Blick. Auch unter einer dicken Lackschicht. Da bin ich ja genau richtig zwischen all dem Krupp-Stahl hier. Auch, wenn es inzwischen ganz globalisiert Krupp-Steel heißt – was für ein Unfug! Hart wie Krupp-Steel, oder watt!? Ha!

Doch eben genau gegen diesen Rost-Ratlook haben die Yamaha Ingenieure fast das komplette Chassis des Motorrads in eine wunderbar freundlich wertig aussehende, schlichte schwarze Beschichtung getaucht. Das ist nicht nur besonders stylisch, sondern auch noch praktisch, weil ausschweifende Chromputzorgien dem Fahrer dadurch erspart bleiben. Trotzdem bleibt genug Glanzfläche an der Luftfilterabdeckung der neuen 3 Liter Airbox übrig, um die Nevr-Dull Polierwatte gebührend zum Einsatz zu bringen. Überhaupt ist die Verarbeitung der Yamaha äußerst gelungen und erfreut den Käufer. Ebenso wie die solide und übersichtlich gefertigten Armaturen. Ein wartungsfreier Zahnriemen überträgt die V-Power zuverlässig, sauber und dazu geräuscharm ans 16 Zoll Hinterrad.

Yamaha XVS 950 A ZahnriemenApropos geräuscharm: Ein bissl wenig Geräusch vernehmen wir aus dem rechts verlegten zwei in eins Cruiserauspuff. Da dürfte es durchaus mehr Sound sein. Es muss doch ballern, wenn die Kolben wie die Hämmer im Schmiedewerk im Dreivierteltakt hinunter geschossen werden. Vielleicht ein kleiner Minuspunkt im Gesamtkonglomerat einer sehr gelungenen Umsetzung des Mittelklasse-Cruiser-Konzeptes der Yamaha-Ingenieure.

Dieses wird jedoch sogleich wett gemacht, wenn die Autobahn erst verlassen und kurviges Terrain aufgesucht wird. Selten war ein Cruiser so handlich wie die XVS 950A. Yamaha selbst führt dieses Phänomen der Handlichkeit trotz langen Radstands auf das 18 Zoll Vorderrad nebst Niederquerschittsbereifung zurück.

Dem Fahrer, vor allem dem unerfahrenen Einsteiger, wird egal sein, auf welche technische Finesse das Ergebnis zurückzuführen ist. Hauptsache, es fühlt sich so an, wie bei der kleinen Midnight Star. Ein Cruiser, mit dem man gerne fährt. Nur um des Fahrens Willen. Und auch beim Preis von 9.950 Euro bleiben die Schmerzen größtenteils aus.