aus Kradblatt 5/17
von Marcus Lacroix

Gerade mal fünf Kilometer habe ich hinter mir, stehe mit einem böse qualmend und stinkendem Motorrad an einer Tankstelle am Zwischenahner Meer und bin ziemlich bedient: Scheiße, die Karre brennt! Den Fahrbericht der Brixton BX 125 hatte ich mir anders vorgestellt! Aber der Reihe nach …

Brixton BX 125 Modell 2017
Brixton wird den meisten Lesern (noch) nichts sagen, was auch kein Wunder ist, denn nicht alles, was klassisch britisch klingt, ist alt (oder britisch).

Die Motorradmarke Brixton ist neu am Markt und wird von der österreichischen KSR-Group vertrieben, die auch eine Vielzahl anderer Marken, darunter z.B. Royal Enfield, LML und Benelli, vertritt. KSR zählt nach eigenen Angaben mit jährlich über 60.000 verkauften Fahrzeugen zu den führenden europäischen Unternehmen im Zwei- und Vierradbereich. Stand April 2017 hat Brixton mit der BX 125 genau ein Modell im Angebot und um die geht es hier.

Brixton BX 125 linksDie BX 125 ist ein klassisch gestyltes Einzylinder-Motorrad mit exakt 124 ccm Hubraum und 11,4 PS (8,4 kW) Leistung bei 8.000 U/min. Produziert wird in China, was heutzutage bei ordentlicher Qualitätskontrolle ja kein Problem mehr darstellt (siehe Apple & Co.) Das Triebwerk ist laut KSR ein Original-Motor eines japanischen Motorradherstellers und versieht in unzähligen Zweirädern in Fernost seinen täglichen Dienst. In der Brixton wird er EU-tauglich von einer Einspritzung befeuert, gestartet wird problemlos per E-Starter. Einen Kickstarter gibt es nicht und den vermisst heutzutage wohl auch niemand mehr ernsthaft.

Das Design der zierlichen Maschine ist gelungen und trifft den Retro-Zeitgeist, auch wenn man einigen Details natürlich den Preis ansieht. Der ist dafür interessant, denn KSR ruft für die Brixton BX 125 einen UVP von gerade mal 2.499 Euro auf und dafür kann man wirklich keine gefrästen Rizoma-Teile erwarten.

Brixton LED-BeleuchtungLED-Tagfahrlicht und kleine LED-Blinker, ein hübsches Digital-Cockpit mit analogem Drehzahlmesser, USB-Steckdose am Lenker, ein kombiniertes Bremssystem (CBS = Combined Brake System). Die grob profilierten Reifen machen ein wenig auf Scrambler, das dicke Vorderrad lässt die 123 Kilogramm-Maschine erwachsener wirken. Die Federbeine sind mit dem Schraubendreher oder einem Dorn in Sekundenschnelle in der Vorspannung einstellbar, so wie früher. Egal wo man anhält, man bekommt wohlwollende und anerkennende Blicke – und kaum jemand errät die „nur“ 125 ccm, meistens wird auf 250 ccm getippt. Warum also das Gefluche am Anfang des Artikels?

Brixton CockpitUnsere Probefahrtmaschine konnten wir beim Royal Enfield und Brixton Vertragshändler AS GbR in Bad Zwischenahn abholen. Sigi übergab uns die niegelnagelneue BX und wünschte uns viel Spaß. Der erste Weg führte wie immer zum Volltanken, um den Spritverbrauch ermitteln zu können. An der Zapfsäule stiegen dichte blaue Wolken aus der Motorgegend auf und der Geruch erinnerte stark an einen Kabelbrand. Es war aber zum Glück dann doch nur das Auspuffwickelband, das durch die Hitze „ausdunstete“. Womit auch immer es gefärbt ist, liebe Brixton-Händler, lasst die Neufahrzeuge besser erst mal auf dem Betriebshof warm laufen …

Brixton USB-SteckdoseVollgetankt ging es dann auf Tour und nach 200 Kilometern hatten sich die Ausdunstungen verflüchtigt. Technisch kommt das Band übrigens aus dem Motortuning-Bereich, wird heutzutage aber auch gerne für „optisches Tuning“ verwendet.

Was die Fahrleistungen eines kleinen 125er Viertakters angeht, muss man sich als gereifter, leistungsverwöhnter Motorradfahrer etwas umstellen. Mal eben zwischen zwei Fahrzeugen beim Abbiegen hineinstechen lässt man ebenso bleiben, wie Landstraßen-Überholmanöver, die bei 70 km/h starten.

KSR gibt auf der Brixton-Website keine V-max an. Im Selbstversuch, flach auf dem Tank liegend und eine Hand auf dem Rücken, erreichte unsere BX mit viel Anlauf nach Tacho aber 107 km/h. Die parallele GPS-Messung auf dem Handy macht 5 km/h davon aber leider wieder zunichte.

Im Alltag läuft die Brixton am besten im Geschwindigkeitsbereich um 80 km/h. 8.000 Umdrehungen stehen dabei auf dem Drehzahlmesser. Ausgequetscht regelt der Motor bei 10.500 Touren ab, die Anzeige bis 16.000 U/min erinnert an ein Karten-Quartett – mehr sticht immer!

Brixton BX 125Richtig viel Spaß macht die kleine Maschine auf Nebenstraßen, Wirtschaftswegen und auch auf trockenen Feldwegen. Die Federelemente, die bei leichten Unebenheiten eher unsensibel ansprechen, bieten auf Hoppelwegen erstaunlich viel Komfort und auch Reserven. Man müsste schon ziemlich brutal in Schlaglöcher poltern, um die Gabel zum Durchschlagen zu bewegen. Die etwas schlappe Dämpfung hinten fällt bei den Fahrleistungen nicht wirklich ins Gewicht. Zweipersonen-Betrieb ist möglich, Spaß macht der aber eher nicht.

Brixton BX 125 OffroadDas Motörchen geht so sanft ans Gas, dass man auch auf losem Untergrund keine Schweißperlen auf die Stirn bekommt. Es auszudrehen bringt übrigens keinen echten Vorteil. Durch die hohe Schwungmasse schaltet man spätestens bei 9.500 U/min hoch, kann dafür aber selbst im letzten der 5 Gänge ohne Hacken mit 55 km/h durch Ortschaften rollen. Mit „Sound“ rechnet bei dem Hubraum dabei wohl niemand ernsthaft und mir persönlich gefällt im Blümchenpflückermodus ein leiser Motor sowieso viel besser.

Ungeschützter SeitenständerschalterAls Spritverbraucht gibt KSR 2,34 Ltr./100 km an. Gemessen haben wir 2,66 Ltr. Dafür, dass wir sie fast nur außerorts bewegt haben, ein akzeptabler Wert. Autobahn ist nicht so witzig, findet man aber einen LKW, der 95 km/h fährt, kann man sich entspannt in den Windschatten hängen. Im stadtnahen Bereich dürfte der Verbrauch günstiger ausfallen.

Eine Sache, auf die Brixton-Käufer und Probefahrer (bzw. die Händler) mal achten sollten: Unsere BX vermittelte am Anfang auf Geraden und in Kurven ein etwas kippeliges Fahrgefühl. Zuerst wollte ich es auf die Reifen schieben, doch dann tippte ich aufs Lenkkopflager. Bingo! Es war ab Werk zu stramm eingestellt. Etwas gelöst stiegt der Fahrspaß mindestens um 100 % und die Maschine folgte souverän der gewählten Linie!

Brixton EinspritzanlageApropos Reifen: skeptisch stand ich den CST gegenüber, doch auf trockener Straße vermittelten sie nicht ein einziges Mal ein unsicheres Gefühl. Alles gut, beim Bremsen ebenso wie in Schräglage. Geregnet hat es während der Probefahrttage nicht. Schaut man online nach CST stellt man übrigens fest: „Cheng Shin Tire (CST) ist mit mehr als 25.000 Mitarbeitern einer der größten Hersteller von Fahrrad- und Motorradreifen der Welt“ – ok, so viel also zum Blick von unserem kleinen Teller aus …

Und wo ich gerade die Bremsen erwähnt habe: Ja, die Brixton bremst – vorne und hinten mit je einer Scheibe. Die Bremsleistung könnte man freundlich ausgedrückt als „der Motorleistung angemessen“ umschreiben. Auch nach 250 Kilometern und bewusstem Einbremsen braucht es viel Handkraft, um das Vorderrad zum Wimmern zu bekommen. Hinten reicht für die Blockade ein beherzter Tritt aufs etwas groß dimensionierte Pedal. Was dramatisch klingt, ist im Alltag aber kein echtes Problem. Die Bremsanlage passt zu den Fahrleistungen und speziell Anfänger werden nicht überfordert. Die Dosierbarkeit ist so weit in Ordnung.

Gerade Anfänger werden mit der Brixton BX 125 angesprochen. Fahrbar ist sie nämlich ab 16 Jahren mit dem Führerschein Klasse A1 oder aber auch mit dem alten Klasse 3 vor April 1980. Eingefleischte Motorradfahrer werden sie sich eher als Drittmotorrad für die Stadt und Bummeltouren holen – oder auf die 250er warten, die auch noch kommen soll.

Für Mai/Juni 2017 sind von der BX ein Scrambler (2.599 Euro) und ein Café Racer (2.699 Euro) als Varianten angekündigt. Wenn ich dann daran denke, wie schön es wäre wieder jung zu sein und erstmals fette 11 PS in einem coolen Gerät bewegen zu dürfen. Da wäre man wohl ganz vorne mit dabei …

 

Die Probefahrtmaschine wurde zur Verfügung gestellt von:
AS GbR, Käthe Kruse Str. 10, 26160 Bad Zwischenahn. Telefon: 04403-1575,
Web: www.brixton-motorcycles.de

Infos zu Brixton und ein Händlerverzeichnis findet man online unter www.brixton-motorcycles.com