aus bma 12/12
von Jörg Olaf Jansen

Yamaha YZF R1 mit 100000 km

Die Yamaha R1 war Ende der 1990er Jahre ein völlig neu konstruiertes Motorrad mit der eine neue Ära in der Sportmotorradproduktion aller seinerzeit führenden Motorradhersteller einsetzte.

Als begeisterter Yamaha-Fahrer (eines meiner Mottos lautet: einmal Yamaha, immer Yamaha) und Fan von Sport-Motorrädern gab es kein Wenn und Aber: Die R1 muss ich (auch) fahren. 2001 war es dann endlich soweit. Das 2000er-Modell, eine RN04 in rot/weißer Lackierung, wurde gekauft. Es gab einen Vorbesitzer, der das Motorrad aber nach 600 km dem Händler aus mir unbekannten Gründen zurückgeben musste.

Mittlerweile habe ich mit der R1 halb Europa bereist. Neben allen direkten Anrainerstaaten Deutschlands war ich mit ihr auch in England, Schottland, Wales, Nordirland, Irland, Slowenien, Italien, Norwegen und Schweden unterwegs. Auf zahlreichen Renn­strecken bin ich an die Grenzen des Motorrades und meine eigenen, aber auch einmal darüber hinaus, gegangen. Eine besonders positive Erfahrung habe ich in Schweden im Rahmen eines Rennstreckentrainings auf der Rennstrecke in Karlskoga gemacht. Die Motorräder der Schweden sind im Rahmen von Rennstreckentrainings, anders als in Deutschland, versichert. Es muss lediglich sichergestellt sein, dass die jeweiligen Trainingseinheiten von einem Instruktor angeführt werden. Es handelt sich aber trotz des Instruktors um ein freies Fahren, da der Instruktor so schnell fährt, wie der schnellste in der jeweiligen Gruppe, Überrundungen sind somit auch möglich. Nach Aussage von schwedischen Bekannten zeigt es sich, dass sich dieses Modell positiv auf die Unfallstatistiken im normalen Verkehr auswirkt. Eine Konstellation, die auch in Deutschland durchaus überlegenswert wäre. 

2004 auf der höchsten Passstraße nördlich der Alpen in Norwegen 1434 mNN100.000 km stehen nun auf dem Display. Um es vorweg zu nehmen: bisher hat die R1 keine motortechnischen oder sonstigen Ausfälle gehabt. Immer bin ich mit ihr sicher und pünktlich am Ziel und wieder nach Hause gekommen. Alle 10.000 km geht es zur Inspektion. Das bedeutet, dass bei der Kilometerleistung mindestens einmal jährlich der Besuch der Motorradwerkstatt ansteht. Die Erstinspektion kostete 2001 brutto 251,05 Euro, die letzte große Inspektion bei ca. 96.500 km, bei der auch die Lager an der Hinterradachse ausgetauscht werden mussten, kostete brutto 1.030,- Euro. Man sieht, der Kauf eines solchen Sportmotorrades ist das Eine, die Unterhaltung ist das Andere und sollte bei der Entscheidung zum Kauf nicht unterschätzt werden. Auch rate ich, Reparaturen und Inspektionen lieber von Fachleuten ausführen zu lassen, sofern man kein Fachmann in Sachen Motorradschrauben ist. Kleinste Fehler bei der eigenen Wartung können schlimme Folgen nach sich ziehen. Die Inspektionen und Reifen haben locker noch einmal den Kaufpreis gekostet. Die Spritkosten für die 100.000 km belaufen sich bei 7,0 Liter Durchschnittsverbrauch  auf rund 10.000 Euro.

2007 in Schottland unterwegs auf Singleroads in den HighlandsNun aber etwas über die (erste) Dekade mit der R1: In 2001 habe ich die R1 mit Dunlop Sportmax D 207 als Erstbereifung übernommen. Diese Reifenmischung verhielt sich beim Einlenken und Anbremsen in Schräglage eher mäßig. Auch durch verschiedene Einstellungen an der Up-side-down Gabel und am Zentralfederbein war keine Verbesserung spürbar. Nach kurzer Zeit wechselte ich auf Bridgestone BT 010. Der BT 010 überzeugte mich eher. Da ich mit dem Motorrad viel unterwegs bin, empfand ich es als guten Kompromiss zwischen Laufleistung und sportlichem Fahren.

Nach circa einem Jahr und 13.000 km habe ich die komplette Schließanlage austauschen lassen müssen. Ein altes Problem bei Yamaha ist das hakelige Zündschloss. Nach ein-, zweimal Gangbarmachen des Zündschlosses sah es auch die Werkstatt ein. Der Tausch wurde auf Garantie ohne Probleme abgewickelt.

2010 Vollbepackt auf Singleroads im Nordosten IrlandsKurze Zeit später kam es dicke. Zuerst habe ich mich auf der Rennstrecke in einer Kurve überschätzt. Der Hinterreifen brach aus und bekam nach kürzester Zeit wieder Gripp – Highsider. Die R1 krachte zu Boden, schlitterte über den Asphalt und am Rand der Rennstrecke drehte sie sich auf die andere Seite. Ich rutschte auf dem Hüftprotektor hinterher. Alles kein Problem soweit. Ich hob die Maschine auf und fuhr in die Box. An der Maschine waren nur Kratzer, die ich als „Kampfspuren“ akzeptieren konnte/kann. Die originale Verkleidung riss an einer Stelle und wurde fachtechnisch geklebt. Selbst erlitt ich eine Kahnbeinfraktur, typisch bei einem Highsider.

Schlimmer jedoch war kurze Zeit später ein Diebstahlversuch bei rund 14.600 km. Die Arretierung für das Lenkradschloss am Rahmen wurde aufgebrochen. Dabei wurden auch der Rahmen, der Tank und der rechte Lenkerstummel beschädigt. Die Versicherung ersetzte den Schaden zu 100%. Alle Teile wurden erneuert. Die insgesamt 6 Wochen ohne R1 waren dabei das Schlimmste.

fachmaennisch geklebte Verkleidung nach HigsiderNach circa 20.000 km waren der erste Kettensatz und der Schwingenschutz verschlissen. In Kürze ist der fünfte neue Kettensatz erforderlich. Etwas ärgerlich ist, dass mit dem Kettensatz i.d.R. auch der Schwingenschutz ausgetauscht werden muss. Mit Kosten von brutto rd. 60,- Euro ist dieses Stück Kunststoff nicht gerade günstig.

Spätfolge des Highsiders war bei ca. 25.000 km, dass am Kurbelgehäusedeckel geringfügig Öl austrat. Die Dichtung wurde für brutto rd. 75,- Euro ausgetauscht.

In 2005 wechselte ich wieder die Reifenmischung. Der Bridgestone BT 010 erfüllte nicht mehr die Erwartungen auf der Rennstrecke. Die Reifenmischung verschleißt zu schnell an den Flanken. Bis heute ist die R1 daher mit der Sport-Attack-Mischung von Continental bereift. Mit dieser Reifenmischung bin ich sehr zufrieden, da auch diese für alle Erfordernisse ein guter Kompromiss ist.

Das Motorrad befindet sich bis heute im Originalzustand. Dieses betrifft auch den Auspuff. Seit 2003 ist das Innenleben des Auspuffs durch mehrmaliges Aufsetzen des Topfes auf den Asphalt beschädigt. Bei der zweijährig wiederkehrenden Hauptuntersuchung wird der Auspuff regelmäßig moniert. Ein Austausch war bisher aber nicht erforderlich. Der Ölverbrauch ist in den letzten Jahren zwar kontinuierlich gestiegen, er ist jedoch sehr von der Fahrweise abhängig und liegt bei durchschnittlich deutlich unter 0,50 Liter auf 1.000 km.

Alles in allem scheint eine Laufleistung von über 100.000 km von Rennern wie die R1, auch in der relativ kurzen Zeit, auch ohne große Motorreparaturen durchaus machbar. In der heutigen Zeit, in der es scheint, das alles nur noch von einer Evolutionsstufe zur anderen produziert wird, ist dieses eine sehr positive Gegebenheit.

Seit einem Jahr bekommt die R1 mehr Pause. In der Garage steht neben ihr nun eine BMW S 1000 RR, mit der ich auch schon 10.000 km gefahren bin. Das ist aber eine andere Geschichte.