aus bma 5/12

von Marcus Lacroix

Yamaha TMax ABS Modell 2012Mehr TMax als je zuvor – so lautet der Werbespruch von Yamaha. Nun müsste man ja erst mal den alten TMax kennen, um beurteilen zu können, ob der neue TMax wirklich mehr bietet. Immerhin findet sich im bma-Archiv unter www.bma-magazin.de ein Artikel vom Kollegen Jens Riedel, der uns im Mai 2001 den damals ganz neuen TMax präsentierte. Das ist doch was.

Der TMax erschien also vor 11 Jahren erstmals auf der Scooter-Bühne und war für Yamaha ein großer Wurf: „Ein Roller wie kein anderer, der eine völlig neue Kategorie definiert: Die Kategorie des Sport Maxi-Scooters.” Schön so ein Pressetext, den ich gleich weiter zitiere: „Die Idee, die hinter dem TMax stand war einfach, aber anspruchsvoll in der Umsetzung: Es galt, die Leistung, das Handling und die Geschwindigkeit eines Motorrads mit der Bedienungsfreundlichkeit und dem praktischen Nutzen eines Maxi-Rollers zu verbinden.”

Klingt so weit ja ganz gut. Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2012. Der neue TMax ABS hat jetzt 530 statt 500 ccm Hubraum. 46,5 PS statt 40 PS stemmt der Zweizylinder-Reihenmotor bei 6750 U/min, und maximale 52,3 Newtonmeter Drehmoment bei 5250 U/min stehen 45,8 Nm bei 5500 U/min bei der Erstausgabe gegenüber. Zahlen, über die man sich in der Praxis kaum Gedanken macht. Yamaha meint, das reicht für „kraftvoll-direkte Beschleunigung mit druckvollem Drehmoment direkt aus dem Stand”. Ok, so weit die PR.

Yamaha TMax ABS Modell 2012Die Japaner haben den TMax über die Jahre konsequent weiter entwickelt und speziell im südlichen Europa, Italien und Frankreich bemerkenswerte Verkäufe erzielt – man spricht von über 180.000 Einheiten (Quelle www.handelsblatt.de)!

Hierzulande trifft man Maxi-Scooter nicht so häufig an, was möglicherweise mit der deutschen Biker-Mentalität zu tun hat, Roller als eher uncoole Fahrzeuge abzustempeln. Schade eigentlich – woher kommt nur dieser ewige Klassenkampf. Sind es die Nachwirkungen der Rocker vs. Mods Krawalle aus den 60ern, Erinnerungen an schnöselige Vespa-Popper aus den 80ern? Schafft man es nämlich, sich vom Image-Denken zu lösen und setzt sich tatsächlich mal auf einen Großroller, wird so mancher eingefleischte Motorradfahrer eine handfeste Überraschung erleben.

Das dachte sich wohl auch Henry Thobaben, Verkäufer beim Yamaha Vertragshändler Scholly’s aus Kirchlinteln bei Verden (Telefon 04236/687, www.scholly.de), als er mir grinsend den Schlüssel des TMax überreichte. „Du wirst deinen Spaß haben” versicherte er mir. „Naja, wir werden sehen…” erwiderte ich ein wenig skeptisch, als ich den frisch gewaschenen und vollgetankten Maxi-Scooter übernahm.

Yamaha TMax ABS Modell 2012 CockpitDer erste Kontakt verläuft auf jeden Fall schon mal recht positiv. Der TMax sieht echt schnittig aus. Seine 15-Zoll 5-Speichen-Aluräder mit dem 160er Hinterradreifen heben ihn von der „KullerradRollerfraktion” ab, die Front wirkt Yamaha-typisch sportlich. Die Bremsanlage dürfte mit den zwei 267er Scheiben vorne und der 282 mm Scheibe hinten mehr als ausreichend dimensioniert sein. ABS ist in Deutschland mittlerweile fast obligatorisch und natürlich auch beim TMax an Bord. Schön stylisch gibt sich der schräg angestellte Auspuffendtopf, der jedem Motorrad zur Ehre gereichen würde. Das was er im Stand von sich hören lässt, klingt dann auch eher nach Motorrad als nach Roller. Im Fahrbetrieb bleibt davon – wie bei den meisten modernen Motorrädern – nicht viel übrig. Auch der TMax ist ein Leisetreter.

Yamaha TMax ABS Modell 2012 FeststellbremseSportlich straff präsentiert sich die Sitzbank – kein Vergleich zu manchen Plüschmöbeln, die einen geradezu aufsaugen. Straffere Polster sorgen nicht nur für besseres Feedback im „Popometer”, sondern erweisen sich auch auf längeren Strecken erfahrungsgemäß meist als komfortabler. Der Sozius ist ebenfalls gut untergebracht, der Kniewinkel angenehm. Die Fahrer-Lendenwirbelstütze der Sitzbank ist beim TMax dreifach verstellbar, das Windschild lässt sich in zwei Stufen justieren. In beiden Fällen muss man zum Bordwerkzeug greifen, das für solche Fälle ausreichend bestückt ist. Man findet es zusammen mit einem Helm-Anschließ-Kabel unter der Sitzbank, die über das Zündschloss entriegelt wird. Zwei Gasdruckdämpfer heben die Bank elegant an. Unter der Bank befindet sich ein beleuchteter Stauraum, der locker einen Integralhelm, Handschuhe & Co. aufnimmt. Weiterer Stauraum ist eher spärlich: links im Cockpit gibt’s eine kleine Schale für Kippen o.ä. – ein iPhone oder gar Navi passt jedenfalls nicht hinein, rechts findet man ein etwas größeres, abschließbares Fach für Klöterkram. Der Hauptständer des TMax lässt sich leicht bedienen und aufgebockt gelingt auch die Ölstandkontrolle über das Schauglas problemlos. Der schicke kurze Kennzeichenträger ist übrigens nicht serienmäßig – da hat Scholly’s schon Hand angelegt. Links am Lenker befindet sich eine leicht zu bedienende Feststellbremse, die das Parken am Hang oder den Halt an der Schräge, wenn man z.B. mal mit beiden Händen in der Nase bohren möchte, ermöglicht.

Yamaha TMax ABS Modell 2012 RahmenSo weit also die Dinge, die einem schon im Stand auffallen – machen wir uns auf den Weg, den TMax zu „erfahren”. Zündung an, das allgegenwärtige Mäusekinogezappel bestaunt (was soll das eigentlich – mein Auto macht das doch auch nicht?!), eine der beiden Handbremsen gezogen und erwartungsgemäß spontan nimmt der Zweizylinder auf Knopfdruck seine Arbeit auf. Aufsitzen, gasgeben, die Automatik packt zu und die fahrfertigen 221 Kilogramm setzen sich in Bewegung. Laut Yamaha sind es 4 kg weniger als beim Vorgänger. Geschenkt, die machen den Kohl sicher nicht fett. Was einem viel mehr auf- und ge­fällt ist die ausgewogene Ge­wichts­ver­teilung beim TMax. Der Scooter fühlt sich nicht hecklastig an, wie manche seiner Kollegen. Ein Grund dafür dürfte der weit vorne platzierte Motor sein, der anders als bei den rollertypischen Triebsatzschwingen (Hinterradschwinge & Motor bilden eine Einheit) wie beim Motorrad im Rahmen aufgehängt ist. Die Motorkraft wird über einen fetten Aramid-Zahnriemen ans Hinterrad übertragen, der jeder Harley zur Ehre gereichen würde.

Yamaha TMax ABS Modell 2012Von Kirchlinteln geht es Richtung Verden und hier im Stadtverkehr fällt eine Eigenart des TMax auf, die mich persönlich etwas irritiert: das Drehzahlniveau ist bei niedrigen Geschwindigkeiten ungewöhnlich hoch. Bei Tacho 60 km/h – also üblicher „Innerorts-Mitschwimm-Geschwindigkeit” – dreht der TMax 4000 U/min. Das hat zwar einerseits den Vorteil, dass der Scooter jederzeit für kurze Sprints knackig am Gas hängt, lässt andererseits aber einen unnötig hohen Spritverbrauch erwarten. Ansonsten fährt sich der TMax innerorts wirklich gut. Der Wendekreis geht für die 1,58 Meter Radstand in Ordnung, die 80 cm Sitzhöhe relativieren sich für kleine Fahrer, wenn man beim Halten nach vorne rutscht. Bei 176 cm hat man jedenfalls auch normal sitzend keine Probleme beim Ampel-Stopp. Angenehm fällt der tiefe Schwerpunkt beim Rangieren und Schieben in Parklücken auf.

So richtig in seinem Element ist der Yamaha TMax allerdings auf der Landstraße. In meinem „Hausstrecken-Revier”, der Wildeshauser Geest, lasse ich den TMax richtig laufen und es ist eine wahre Freude, wie man mit das Ding um die Ecken pfeffern kann. Ohne Witz: in einigen schlechten Streckenabschnitten war ich mit dem Scooter schneller und sicherer unterwegs, als mit manchem Motorrad. Und die Schräglagenfreiheit begeistert – nichts schrappt, nichts schleift! Ein Autofahrer zeigte mir mit einer Scheibenwischer-Geste vorm Gesicht deutlich was er davon hielt, als ich gefühlt waagerecht aus einer meiner langezogenen Lieblingskurven kam. Besten Dank – ich nehm’s als Kompliment für den TMax! Und die Bremsanlage fordert einen geradezu heraus, mit Stoff in Kurven hineinzustechen – das ABS regelt spät und effizient. Dann beherzt das Gas aufziehen und die Automatik erledigt den Rest. Der Scooter bietet deutlich mehr Fahrspaß, als er leistungsmäßig von der Papierform her erwarten lässt. Nun muss man mit dem TMax aber natürlich nicht ständig im Sport-Mode durch die Gegend ballern. Einfach nur zu Cruisen, macht ebensoviel Spaß. Bei 110 km/h dreht der Motor 5000 U/min und fühlt sich spürbar wohl.

Yamaha TMax ABS Modell 2012 HelmfachNach drei Tagen muss ich den Yamaha TMax wieder abgeben und Henry kann sich das Feixen nicht verkneifen, als er meinen Gesichtsausdruck sieht: ja, ich gebe es zu, der TMax hat mir wirklich Spaß gemacht!

Interessant wurde es später beim Auswerten der Tank-Bons. Der Bordcomputer, der neben dem Spritverbrauch auch allerhand anderes Zeug anzeigt (und über die Miniknöpfe mit dicken Handschuhen während der Fahrt kaum zu bedienen ist) zeigte einen Schnitt von 5,3 Liter je 100 km an. Gemessen am Fahrspaß und der schon kritisierten Stadt-Drehzahl wäre das gerade noch ok. Welch Überraschung bot dann der Taschenrechner: 4,6 Liter / 100 km – na das ist doch wirklich ok! Trotzdem könnte Yamaha hier mit einer anderen Auslegung der Automatik im Stadtverkehr noch etwas einsparen. Und ein paar fröhlichere Farben wären auch ganz nett – grau, schwarz, weiß und silber mögen zwar zeitgeistig edel anmuten, sind aber doch etwas langweilig.

Was beim Yamaha TMax mehr schmerzen dürfte, ist der Kaufpreis. 10.995 Euro zzgl. Nebenkosten rufen die Japaner für den Maxi-Scooter auf. Nun muss man bedenken, dass der TMax weder technisch noch in den Fahrleistungen einem Motorrad hinterherhinkt. Letztendlich – das bestätigte auch Henry – verkauft sich so ein TMax nicht über den Preis. Man muss ihn wirklich ge- und erfahren haben um zu erkennen, was in ihm steckt. Und dann wird alles wieder relativ – auch der Preis. Macht euch bei eurem Yamaha-Vertragshändler am besten selbst mal Bild vom Tmax…