aus Kradblatt 9/14
von Jogi / penta-media

 

Unimoto – ein Rad muss reichen…

Erster-Entwurf-auf-BierdeckelDer geniale Gedanke zum ersten Unimoto kam „Sidecar Willy“ irgendwann 1988 bei einem Bier in einer Kneipe in den USA. Ein Beschleunigungsrennen auf einrädrigen Bikes – das wäre doch großartig, dachte er sich! Der erste Entwurf entstand auf einem inzwischen legendären Bierdeckel. Das Regelwerk klügelte er auf dem Weg nach Hause aus.

Eine der zehn Regeln erlaubt aus Kostengründen nur den Gebrauch von Motoren, die mindestens fünf Jahre auf dem Buckel haben. Unimoto-Rennen sollten, nach Willys Überzeugung, für jedermann und ohne großes Budget machbar sein. Einzige Voraussetzungen sollten ein altes Motorrad und etwas Werkzeug sein.

Einige Tage bastelte Willy damals in seiner Werkstatt an der Urversion des Unimoto. Die erste Probefahrt endete allerdings, wie nicht anders zu erwarten, mit einer Bruchlandung des Piloten. Die Konstruktion litt unter Balanceproblemen zwischen dem Gewicht des Motors und dem des Fahrers. Doch aufgeben kam für den Mann nicht in Frage. So bastelte Willi unermüdlich weiter an seiner verrückten Idee.

1991 schließlich hatte Willy den ersten offiziellen Auftritt im Rahmen der Daytona Bike Week. Er schaffte die vorgeschriebenen 100 Fuß (33,48 Meter) in genau 5,2 Sekunden. Viele Zuschauer zeigten sich begeistert. Er gründete noch im gleichen Jahr die American National Unimotor­cy­clists Society (A.N.U.S.) Welch unglückliche Abkürzung. Eine neue Rennserie war damit jedoch geboren.

Ostfriesland Friesencup 2012 Mittlerweile begeistern diese Rennen auch den Rest der Welt und haben sogar den Weg ins Guinness Buch der Rekorde gefunden. Und alles nach wie vor ganz im Sinne des Erfinders!

Die Idee mit den Fragmenten eines Motorrades, nur auf dem Hinterrad, über den Acker zu pflügen, sich vom Rad mit Dreck bewerfen zu lassen und dabei auch noch Knochenbrüche zu riskieren, erscheint auf den ersten Blick völlig irrsinnig und sinnentleert, wie viele Dinge, die aus Amerika über den großen Teich zu uns herüber schwappen. Umso erstaunlicher ist, dass sich dieser in Deutschland neue Motorsport so schnell zu etablieren scheint. Nicht nur, dass ständig neue Teams entstehen, auch die alt eingesessenen Motorrad-Clubs haben das Unimoto-Rennen für sich entdeckt und stellen zunehmend eigene Mannschaften auf, die sich sogar recht erfolgreich schlagen. Ein Beispiel dafür ist der Boundless MC aus Schenefeld, dessen B-Force Team 2012 mit dem „Bone-Shaker one“ auf Anhieb den Titel des Internationalen Deutschen Meisters in der Königsklasse über 750 ccm errang. Ausgerichtet wurde dieser Wettkampf ebenfalls von einem Motorrad-Club, den Rolling Wheels MC aus Neuruppin.

Schumpn-TeamHändler und Werkstätten stellen den Unimoto-Teams gerne ausgediente Motoren und nicht mehr verkäufliche Teile zum Basteln zur Verfügung. Die Teams danken es mit Werbung für ihre Dealer und Sponsoren, indem sie im Gegenzug gerne ihre wunderlichen Fahrzeuge bei diversen Gelegenheiten zur Schau stellen. So haben alle ihren Spaß und Nutzen.

Überhaupt wird Unimoto nicht bierernst ausgetragen. Die Laune in den Fahrerlagern bei den Meisterschaften ist stets ausgelassen und die Teams unterstützen sich gegenseitig bei ihren Reparatur- und Wartungsarbeiten zwischen den Läufen. Lustige Outfits unterstreichen den lockeren Charakter dieser Veranstaltungen. Bestes Beispiel dafür ist das sogenannte „Schump’n Team“ von Eva Weber aus dem Allgäu. Richtig bemerkt, es gibt auch Frauen, die diesen Blödsinn mitmachen. Schump’n sind übrigens junge Kühe, weshalb Eva tatsächlich mit einem schwarz-bunten Kuh-Helm an den Start geht. Inzwischen hat das Schump’n Team sogar fünf Unimotos am Start und wurde 2013 Deutscher Vizemeister und Vize-Europameister.

UnimotoDie Rennstrecke befindet sich in der Regel auf einer Wiese oder einem Acker. Je nachdem wie feucht und schlammig der Untergrund beschaffen ist, fahren die Teams mit Spikes, Ketten oder selbstgebauten Fräsen über die Rennstrecke. Absperrgitter, Heuballen und ausgediente Autoreifen sollen die Zuschauer und die Piloten vor unnötigen Verletzungen bewahren. Insbesondere die Piloten benötigen wegen der Gefahr des Überschlages und der Gefahr, die von den Spikes ausgeht, ein Maximum an Schutzkleidung. Die ist auch nötig, denn trotz aller Vorsicht gelingt nicht jeder Lauf. Da stets Verbesserungspotenzial besteht, wird fleißig an der Ausgewogenheit und der Traktion der Unimotos weitergebastelt. Wir dürfen gespannt sein. In Anbetracht der guten Laune, die dieser Sport verbreitet, der Geselligkeit unter den Teams, der Förderung der handwerklichen Fähigkeiten und des technischen Verständnisses, ist Unimoto vielleicht doch nicht so sinnlos, wie es auf den ersten Blick erscheint. Wer bei Google den Begriff Unimoto eingibt wird sich wundern, wie groß diese Szene in Deutschland bereits geworden ist. Auch auf Messen lassen sich bereits regelmäßig Unimoto-Teams im Clubmeilen-Bereich finden.

Die Regeln – einfach und genial!

Neuruppin 2012Man startet aus dem Stand und fährt eine Strecke von 30,48 Meter (100 Fuß),
ohne den Boden vor der hinteren Achse zu berühren. Wer die schnellste Zeit erreicht gewinnt.
Die Strecke muss auf einem einzigen Rad zurückgelegt werden.
Der Motor des Motorrades (Unicycle) muss älter als 5 Jahre sein.
Beim Motor muss es sich um einen Originalmotor handeln (nicht getunt).
Das Gefährt darf nicht länger als 2,4384 Meter (8 Fuß) und breiter als 1,2192 Meter (4 Fuß) sein.
Gestartet wird in folgenden Kategorien: Weniger als 200 ccm, 200–399 ccm, 400–749 ccm, über 750 ccm, Elektrisch.
Es muss ein Not-Stopp befestigt werden, damit das Fahrzeug anhält, wenn der Fahrer stürzt.
Lenker und Bremsen müssen nicht montiert sein (freiwillig).
Während der Fahrt darf nichts vor der hinteren Achse den Boden berühren.
Der Fahrer und das Gefährt dürfen während der Fahrt den Boden nur hinter der Hinterachse berühren.

Es gibt natürlich nichts, was wir Deutschen nicht noch besser regeln könnten. So gründete sich am 13.02.2013 die W.U.D.O. World Unimotorcycle Dragrace Organisation aus Vertretern mehrerer Teams. Hauptziel des neuen Verbandes ist es die Chancengleichheit der Teams zu verbessern und die Sicherheit der Veranstaltungen zu erhöhen und zu standardisieren. So wurden nicht nur die Reglements um sicherheitsrelevante Punkte an den Fahrzeugen, wie z.B. das Vorhandensein von Notaus-Vorrichtungen, Bremsvorrichtungen, Schutzkleidungsvorschriften etc. erweitert, sondern auch um den Veranstaltern die Möglichkeit gegeben, zertifizierte Events auf hohem Sicherheitsniveau auszurichten. Dabei wird insbesondere den Sicherheits- und Auslaufbereichen der Rennstrecke große Beachtung geschenkt. Auch die Möglichkeit Rekordfahrten offiziell anerkennen zu lassen wird durch die W.U.D.O. erleichtert, denn bis zu ihrer Gründung musste sonst tatsächlich ein Vertreter der A.N.U.S., in der Regel aus den USA eingeflogen, anwesend sein. Wahrlich jedes Mal ein teurer Spaß! Detaillierte und bildreiche Informationen und über die W.U.D.O., die Teams und Veranstaltungen gibt es auf der Homepage des Verbandes unter www.wudo.org.