aus Kradblatt-Ausgabe 5/24
Text: D. Dürrfeld, Fotos: Dürrfeld / Triumph

Die beste ihrer Art?

Daytona - ein Sportler für alle Tage
Daytona – ein Sportler für alle Tage

Triumph Daytona – ein Name, der nicht nur extrem klangvoll ist, sondern auch jede Menge Rennsportgeschichte in sich trägt. Die erste Daytona der Hinckley-Ära wurde Anfang der Neunziger Jahre vorgestellt und die Modellbezeichnung ist eine Reminiszenz auf den ersten Sieg von Triumph beim legendären Daytona-200-Rennen im Jahr 1966 (zur Meriden-Zeit gab es von 1966-1973 ein Daytona-Sondermodell der T100). Um die Erfolge von Triumph entsprechend zu würdigen, stand bei den Daytona-Modellen immer die Performance im Fokus und vor allem die bis 2017 gebaute Daytona 675 genießt bis heute den Ruf eines ultrapräzise zu fahrenden Supersportlers. Abgesehen von einer limitierten Sonderedition auf Basis der 765er Street Triple RS zum Moto2-Einstieg von Triumph spielten Sportler in den letzten sechs Jahren bei den Briten aber keine Rolle. Zu gering war das Interesse an Mittelklasse-Sportlern. 

Nach Aprilia und den japanischen Herstellern schickt sich zur Saison 2024 nun aber auch Triumph an, den wiedererwachten Boom um einfach zu fahrende Sportmotorräder zu nutzen und schiebt mit der Daytona 660 erneut einen vollverkleideten Sportler in die Showrooms der Händler.

Bekannte Basis, große Änderungen

Die Sitzposition passt
Die Sitzposition passt

Wie bei Honda, Suzuki und Co. stellt mit der Trident auch bei Triumph ein Naked Bike die Basis für das sportliche Modell. Wer jetzt aber befürchtet, die Daytona 660 ist nur eine zahme Trident im Plastikkleid, sei beruhigt. Um die Daytona zu einem eigenständigen Motorrad zu machen und vor allem, um ihr die nötige Sportlichkeit zu geben, wurden nur wenige grundlegende Gene des Naked Bikes als Bausteine für die 2024er Daytona genutzt.

Das wird schon vor der ersten Fahrt beim Blick auf die Leistungswerte klar. Während die Trident nominell 81 PS leistet, generiert die Daytona aus dem gleichen, 660 Kubikzentimeter großen Motor stolze 17 Prozent mehr Leistung und soll bei 11.250 Umdrehungen satte 95 PS ans Hinterrad schicken. Der rote Bereich beginnt dabei erst ab 12.650 Umdrehungen. Um dieses massive Leistungsplus zu ermöglichen, waren umfangreiche Änderungen in allen Bereichen des Antriebs nötig.

Ein neuer Zylinderkopf verhilft dem Drilling in der Daytona 660 zu einer höheren Verdichtung (jetzt 12,05:1), die Kolben bewegen sich dank neuer Beschichtung nun reibungsärmer durch die Laufbuchse und in den Pleuel übernehmen neue Kolbenbolzen die Kraftübertragung Richtung Kurbelwelle. Auch diese ist neu und zeichnet laut Triumph für das nun höhere Drehmoment von 69 Newtonmeter mitverantwortlich. Für besseren Gasaustausch wurden die Nockenprofile überarbeitet und der Durchmesser der Auslassventile vergrößert. 

Für die bessere Beatmung des Aggregats wurden auch oberhalb des Motorblocks größere Änderungen nötig. So wird der 660er Triple in der Daytona über drei statt von einer Drosselklappe mit Sauerstoff versorgt. Die ebenfalls vergrößerte Airbox nimmt nun so viel Raum ein, dass der Rahmen im oberen Bereich verbreitert werden musste.

Sportlich komfortabel

Die Änderungen am Rahmen bemerkt man beim ersten Platznehmen auf der Daytona 660 nicht, wohl aber die gegenüber der Trident deutlich sportlichere Ergonomie. Für eine fahraktivere Sitzposition sind die Fußrasten um 15 Millimeter nach hinten und 10 Millimeter nach oben, die Lenkerhälften an der neuen Gabelbrücke sogar 9,5 Zentimeter nach vorne und ganze 11 Zentimeter nach unten gewandert.

Was nach viel klingt, erweist sich aber bereits auf den ersten Metern im Sattel der Triumph als eher sportlich-komfortable denn als supersportliche Sitzposition. Zu entspannt war die Basisergonomie auf der Trident, als dass sich hier ein unbequemes, nur auf Attacke getrimmtes Supersportler-Sitzdreieck ergeben hätte. Dafür sorgt auch die mit 810 Millimetern doch eher moderate Sitzhöhe.

Doch Obacht: auch wenn die Ausrichtung für einen Sportler sehr komfortabel geraten ist, sind die Vorteile einer vorderradorientierten Sitzposition deutlich spürbar. Im Gegensatz zu einem kompromisslosen Supersportler lastet angenehmerweise nur wenig Gewicht auf den Handgelenken, die Daytona 660 vermittelt einem aber dennoch dieses „Ich-habe-die-Vorderachse-in-der-Hand“-Gefühl. 

Fahrspaß auf kurvigen Landstraßen
Fahrspaß auf kurvigen Landstraßen

Dynamik pur

Die sehr gelungene Sitzposition ist aber nur die erste positive Überraschung, die schon auf den ersten Kilometern auffällt. Auch in Sachen Handling gibt es schnell einen Pluspunkt auf der Habenseite. Der Lenker wirkt vor allem im Kontrast mit der sehr schmal geratenen Frontverkleidung relativ breit, Lenkimpulse muss man über diesen aber kaum geben. Vor allem bei niedrigen Tempi reicht in der Regel eine Bewegung des Oberkörpers und die Daytona 660 verlässt wie von selbst die Mittellage, um der anvisierten Linie zu folgen.

Eine Eigenheit, die die Triumph auch bei gesteigertem Landstraßentempo beibehält, ihren Piloten dabei in jeder Lebenslage mit Neutralität verwöhnt und so extrem viel Vertrauen stiftet. Infolge wird die Gangart schnell sportlicher und das Grinsen unter dem Helm breiter. 

Die Verantwortlichen bei Triumph hatten sich für die Präsentation der 660er Daytona für die spanische Region Costa Blanca entschieden und das Hinterland von Alicante ist wie gemacht für Landstraßensportler. Auf den kleinen Pass- und Landstraßen mit gutem bis sehr gutem Asphalt folgt hier eine Kurve auf die andere und man kann sich sprichwörtlich fast schwindelig fahren.

Schmale Taille
Schmale Taille

Die eigenen körperlichen Grenzen sind dann aber das einzige, was den Spaß mit der Daytona einbremsen kann. Denn ähnlich gelungen wie Ergonomie und Handling zeigen sich hier auch die Abstimmung von Motor und Getriebe. Der nur 660 Kubikzentimeter große Antrieb lässt keine Wünsche offen und vor allem bei flotter Gangart profitiert man von den Vorteilen des Dreizylinderkonzeptes, allen voran vom breit nutzbaren Drehzahlband. Laut Triumph stehen schon ab knapp über 3.000 Touren immer mindestens 80 Prozent des Drehmoments zur Verfügung, sodass man auch dann noch gut aus den Ecken kommt, wenn man mal nicht die richtige Gangstufe eingelegt hat.

Das kommt aber nur selten vor, da auch die Bedienbarkeit von Kupplung und Getriebe als vorbildlich zu bezeichnen sind. Die Kupplung benötigt sehr wenig Handkraft, der Schalthebel reagiert einfach und präzise auf Kommandos. In der Standardversion kommt die Daytona 660 ohne Schaltautomat, dieser wurde während der Präsentation aber von niemandem vermisst, da sich das Getriebe der Daytona 660 auch ohne Zuhilfenahme der Kupplung gut in beide Richtungen Schalten lässt. 

Übersichtliche Bedienung
Übersichtliche Bedienung

Richtig Freude macht auch die Abstufung des Getriebes. Im Vergleich zur Trident sind die ersten beiden Gänge etwas länger, die Gangstufen drei bis sechs kürzer übersetzt. Laut Triumph ermöglicht diese Übersetzung eine Höchstgeschwindigkeit von 216 km/h, echter Spaß kommt aber schon bei normalem Landstraßentempo auf. Hier kann man die unteren Gänge auf dem kurzen Sprintstück zwischen zwei Kurven nämlich tatsächlich einmal ausdrehen und den digitalen Balkendrehzahlmesser in den fünfstelligen Bereich bringen, ohne direkt mit einem Bein im Gefängnis zu stehen.

 Sollte der Tacho doch mal zu schnell zu hohe Werte anzeigen oder die nächste Kurve eher erreicht sein als erwartet, lässt sich die vollgetankt 201 Kilogramm schwere Daytona spielend leicht wieder einfangen. Der einstellbare Bremshebel braucht nur moderate Handkräfte, um die Kombination aus radial verschraubten Vierkolbensattel und 310er Scheiben zu beachtlichen Verzögerungsleistungen zu motivieren. Ist man auf der Landstraße richtig flott unterwegs, kann es vorkommen, dass sich das ABS kurz bemerkbar macht, auf das Bremsverhalten hat das aber nur geringen Einfluss. Einziger Kritikpunkt: verzögert man häufiger mit Nachdruck, machte sich zumindest bei den Testmaschinen die Vorderradbremse durch ein leichtes Quietschen bemerkbar.

Quickshifter optional
Quickshifter optional

Absolut unauffällig arbeitet hingegen das Fahrwerk. Bis auf die Federvorspannung am etwas länger ausgelegten Federbein sind weder die Gabel noch der hintere Dämpfer einstellbar, die Grundabstimmung ist aber so gut gelungen, dass bei einem Gewicht von um die 80 Kilogramm keine Wünsche offen bleiben.

Toller Motor, einfaches Handling, gutes Fahrwerk und standfeste Bremsen – in Sachen Fahrspaß hat die Triumph bisher voll gepunktet. Doch wie sieht es bei Optik, Ausstattung und Verarbeitung aus? 

Das Design eines Motorrades ist natürlich immer Geschmackssache, die Gestaltung und Verarbeitung der Daytona darf aber absolut als gelungen bezeichnet werden. Die schlanke Front der 660 lässt das Erbe der letzten Daytona-Generation erkennen und das Finish wirkt edel. Während das Display und die schicken Felgen aus der Street Triple R stammen, ist die von der Trident übernommene Schwinge zwar „nur“ aus Stahl­blech, dank der tollen Form tut das der Sache aber keinen Abbruch. Auch die Schaltereinheiten wirken sehr solide und das gesamte Motorrad vermittelt Triumph-typisch einen hochwertigen und aufgeräumten Gesamteindruck.

Aufgeräumtes Display
Aufgeräumtes Display

Weniger ist mehr

Lange galt der Sportlermarkt als tot, nun bringen die Hersteller mit neuen Modellen wieder frischen Wind ins Segment. Triumph zeigt mit der Daytona 660, wie man mit einem A2-tauglichen Motorrad Sportlichkeit mit Alltagstauglichkeit kombinieren kann und schafft damit ganz nebenbei das perfekte Beispiel für den Spruch „weniger ist mehr“. Denn für 9.795 Euro (zuzüglich Überführung) haben die Briten ein Motorrad auf die Räder gestellt, das mit 95 PS beweist, dass man für maximalen Fahrspaß auf der Landstraße weder überbordende Leistung noch eine Flut an Ausstattungsmerkmalen benötigt. Wenn – wie bei der Daytona 660 – Motorcharakteristik, Ergonomie und Handling perfekt zueinander passen, reichen drei Riding Modes (Rain, Road, Sport) und eine abschaltbare Traktionskontrolle fürs Motorradglück. Und das gilt nicht nur für diejenigen, die gerade erst in die Zweiradwelt starten. Einen überschaubaren Durchschnittsverbrauch von unter fünf Litern gibt es noch obendrauf. Die Serviceintervalle liegen bei 16.000 km oder alle 12 Monate, je nachdem was zuerst eintritt.

Wer sich also einen alltagstauglichen Sportler wünscht, sollte sich die Daytona 660 unbedingt genauer anschauen. Diverse Extras kann man ab Werk ordern. Das „My Triumph“ Konnektivitätssystem bietet die Bedienung von Telefon, Musik und eine Routenführung, ein Reifendruck-Überwachungssystem zeigt auf Wunsch den Reifendruck im TFT-Display. Fahrersitze in verschiedenen Höhen sind ebenso lieferbar, wie eine Griffheizung mit innenliegender Verkabelung.

Für diejenigen, die von einem einfach zu fahrenden Motorrad für die Rennstrecke träumen, die Daytona 660 jetzt aber als zu unsportlich erachten, gibt es ebenfalls gute Nachrichten: Zusammen mit TT-Gewinner Peter Hickman hat man bei Triumph bereits ein Race-Kit entwickelt, dass mit einer anderen Sitzbank, noch sportlicherer Fußrastenanlage, Stummellenker, andere ECU und Fahrwerkskomponenten von Bitubo aus der Daytona 660 einen echten Renner machen soll. 

Probefahrten und alle weiteren Infos gibts bei den Triumph-Vertragshändlern.

Die Triumph Daytona 660 gibts 2024 in drei Farben
Die Triumph Daytona 660 gibts 2024 in drei Farben