aus Kradblatt 7/21 von Torsten Thimm

Eine Klasse für sich …

Suzuki GSX-S1000 Modelljahr 2021

Frühjahr 2021, Corona ist noch immer in unser aller Munde und stellt auch die Motorradhersteller vor ganz neue Aufgaben. Eine davon ist zum Beispiel die Organisation von Presseevents für ihre neuen Modelle. Aus diesem Grund treffe ich die Verantwortlichen von Suzuki auch nicht im warmen Süden Spaniens, sondern praktischerweise direkt vor der Haustür im heimischen Bensheim. Eine meiner Ansicht nach gute Wahl. Denn der vor uns liegende Odenwald bietet all das an Streckenprofilen, was die neue Suzuki GSX-S1000 können sollte, um fahrtechnisch bei der Kundschaft und gegen die Konkurrenz zu bestehen. 

Heckansicht Suzuki GSX-S1000 Modelljahr 2021
Unscheinbares Heck

Erster Kontakt: Als ich morgens am Hotel ankomme stehen die „Probanden“ schon abfahrbereit vor der Tür und lassen bereits im Stand jede Menge Fahrspaß erahnen. Das neue Design ist dabei eine klare Abkehr von den runden Formen der Vorgängerin und drückt zugleich einen neuen Zeitgeist bei Suzuki aus. Man traut sich wieder etwas, die Designs werden schärfer, kantiger und ganz bewusst jünger. 

Wie selbstbewusst das neue Design wirklich aussieht, zeigt ein zweiter näherer Blick auf das Bike. Die Front wirkt trotz der relativ kleinen Lampenmaske mit ihren drei übereinander angeordneten LED-Leuchten bullig. Zwei davon sind ultrahelle Mono Fokus Typen für Fahr- und Aufblendlicht, die oberste fungiert als Standlicht. Die Helligkeit ist sensationell und erhöht dadurch zugleich die passive Sicherheit. 

Doch treten wir noch einmal einen Schritt zurück und werfen unseren Blick auf die massige Front. Hieran hat die in Gold eloxierte, voll einstellbare 43er Kayaba USD-Gabel einen großen Anteil. Denn ihre dicken Standrohre lugen rechts und links an der Lampenmaske vorbei und füllen dabei den Bereich um den Lenkkopf nahezu voll aus, bevor die kantige und mit Winglets bestückte Frontverkleidung ins Auge fällt. Aus der seitlichen Perspektive betrachtet zieht sich eine markante Designlinie bis hoch zum Tank. Wobei die seitlichen Kühlerverkleidungen wie ein nach unten gerichtetes Katana-Schwert wirken. Der Tank hat mit 19 Litern Fassungsvermögen jetzt zwei Liter mehr als die alte GSX-S und bietet selbst groß gewachsenen Fahrern genug Beinfreiheit an seinen Flanken. Der Kniewinkel passt ebenfalls und die 5,3 Liter auf 100 Kilometer, die Suzuki als Verbrauch angibt, kommen der Verbrauchsanzeige im Cockpit bei meiner Testrunde sehr nahe (5,5 Liter). 

Suzuki GSX-S1000 Modelljahr 2021 Vorbei sind bei der Neuen auch die Zeiten von langweiligen Kunststoffoberflächen, eintönig schwarzen Motorgehäusedeckeln und schnöde verlegten Schläuchen und Leitungen. In diesen Bereichen findet man nun haptisch und optisch wertige Kunststoffe, sowie Camouflage-Oberflächen mit Suzuki Schriftzug. Dicken Daumen nach oben dafür! 

Genauso aufgeräumt geht es auch über den neu gestalteten und zugleich sehr bequemen Fahrersitz weiter zum Heck. Suzuki geht hier den Trend der anderen Hersteller ganz bewusst nicht mit und platziert das Nummernschild dort, wo es hingehört, nämlich „oben“. Sicherlich gibt es auch hier noch Spielraum für Individualisierung, die Zusammenstellung mit den schicken LED-Blinkern passt aber grundsätzlich optisch schon einmal sehr gut. Doch auch wenn sich das Heck zum rundlich wirkenden Heck der Vorgänger sichtbar unterscheidet, hätte ich mir ähnlich wie an der Frontpartie noch etwas mehr Mut im Design gewünscht. 

Suzuki GSX-S1000 Modelljahr 2021

Herzstück Motor – never touch a running System: Kurzgesagt, der Motor ist eine Wucht, wenn auch vom Kurbelgehäuse her noch immer der alte K5 Langhuber aus der seligen GSX-R. Allerdings blieb hier im inneren natürlich nichts beim Alten, denn er wurde über die Jahre kontinuierlich weiterentwickelt. 

In der jüngsten Variante spürt man schon auf den ersten Metern seine bisher einzigartige Performance über das komplette Drehzahlband. Mit satten 152 PS bei 11.000 Umdrehung hat er, im Vergleich zur Vorgängerin, zwei PS mehr Leistung und bietet mit 106 Nm bei 9.250 Umdrehungen ordentlich Vortrieb für alle Lebenslagen. 

Dieser Vortrieb wird Euro 5-Konform akustisch ziemlich aggressiv vom überarbeiteten Ansaug- und Abgastrakt untermalt; womit man sich vor vergleichbaren Modellen der Mitbewerber nicht verstecken muss. 

Wo wir schon einmal von Mitbewerbern reden, von den reinen Leistungsdaten her liegt die neue GSX S-1000 eher im unteren Bereich bei den großen „Hyper-Naked-Bikes“. Honda stapelt mit der CB 1000 R und 145 PS noch ein wenig tiefer, rauf geht es bis 208 PS bei der Ducati Streetfighter V4. Dass mit einer Nackten auf der Landstraße alle diese Werte weit mehr als ausreichend sind, steht wohl außer Frage.

Ob sich das „Tiefstapeln“auszahlt, wird man sehen, jedoch sprechen Preis und Leistung neben dem eigenständigen Design klar dafür. 

Serienmäßige Ausstattung: Nicht nur das äußere Kleid wurde überarbeitet. Neu ist auch die Traktionskontrolle STCS (Suzuki Traction Control System) die nun fünffach verstellbar und bei Bedarf abschaltbar ist. Außerdem ist jetzt der SDMS genannte (Suzuki Drive Mode Selector) mit an Bord, der es dem Fahrer erlaubt aus drei Motor Mappings auswählen zu können, wobei keiner der Modi die vollen 152 PS Leistung kappt. Die Leistungsentfaltung wird bei jedem Step von A nach B nach C einfach deutlich sanfter, was technisch gesehen erst mit dem neuen Ride-by-Wire-System, welches nun wirklich voll elektronisch arbeitet, möglich war. Ergänzt werden die Features mit dem bereits bekannten Easy Start System (den Startknopf antippen reicht, um die Maschine zu starten) und dem ebenfalls bekannten Low RPM Assistent, der die Leerlaufdrehzahl anhebt, wenn man die Kupplung kommen lässt. Zur weiteren Unterstützung sorgt der Suzuki Clutch Assistent spürbar für eine verringerte Handkraft am leider nicht einstellbaren Kupplungshebel sowie für eine weniger starke Motorbremse beim Runterschalten. Das funktioniert ausgezeichnet, ebenso wie der serienmäßig montierte und abschaltbare Schaltassistent mit Blipperfunktion. Er arbeitet auch bei niedrigen Drehzahlen in beide Richtungen perfekt und ich kann mich bisher an keine Maschine erinnern, bei der das so gut funktionierte. „Respekt“.

LCD-Cockpit Suzuki GSX-S1000 Modelljahr 2021

Ergonomie und Cockpit: Durch das Zusammenspiel des neu gestalteten Fahrersitzes, mit dem breiteren und weiter nach hinten gezogenen Lenker ist die gesamte Sitzpostition entspannter. Die Lenkerarmaturen sind übersichtlich angeordnet und außerdem leicht zu erreichen. Einzig die Position des Fernlichtschalters ist meiner Meinung nach überdenkenswert. Wenn man nicht aufpasst, betätigt man das Teil (ca. 10 –15 mal während der Tour) unbewusst beim Kuppeln mit dem Handschuh und das nervt auf Dauer etwas. Dafür ist die Schaltwippe an der linken Armatur, die das LCD-Cockpit bedient selbsterklärend und sehr funktional. Das LCD bietet im Grunde alle nötigen Funktionen, kann aber leider in Sachen Ablesbarkeit (gerade auch im Regen) und mit dem modernen Design der Maschine nicht mithalten. Soll heißen: ein schönes TFT-Farbdisplay hätte der GSX-S1000 einfach besser gestanden. Sei’s drum, es tut dem Gesamtbild der Maschine keinen Abbruch, sondern bietet Potential für die Zukunft. 

Schaltereinheiten Suzuki GSX-S1000 Modelljahr 2021
Übersichtliche Schaltereinheiten

Rahmen und Fahrwerk: Beide Bauteile und ihre einzelnen Komponenten können in Sachen Perfomance locker mit dem Motor mithalten. Der Alurahmen baut kompakt und ist steif, was die Agilität der Maschine fördert. Der neue Heckrahmen ergänzt ihn hierbei ebenso, wie die stabile Aluschwinge. In Verbindung mit der oben schon genannten USD-Gabel und dem ebenfalls voll einstellbaren Mono-Federbein, ergibt sich so ein Gesamtkonzept,
das für jedes Gusto eine adäquate Lösung bereithält. 

Wir waren bei unserer Präsentationstour mit dem Standardsetup unterwegs und das bot einen sehr guten Kompromiss für die gewählten Strecken. Denn selbst bei pickeligem Asphalt, den nachmittags (sehr) nassen Straßen und in den engen Kurven des Odenwaldes performte die „Gixxe“ superb. 

Suzuki GSX-S1000 Modelljahr 2021Dementsprechend ist auch die Brembo-Monoblock-Anlage mit 310er-Doppelscheibe und einem gut regelnden ABS-System ausgelegt. Sie verzögert kontrolliert mit geringer Handkraft, dies aber in einem Bereich, in dem auch unerfahrene Fahrer keine Angst haben müssen, sie könne zu aggressiv zubeißen. 

Fahrerlebnis und Fazit: Suzuki hat mit der neuen GSX-S1000 ein markantes und eigenständiges Bike auf den Markt gebracht, das sich von den Mitbewerbern abhebt und das ist gut so. Das Design wird nicht jedem gefallen, über Geschmack lässt sich aber bekanntlich nicht streiten. Man spürte bei der Präsentation in den Gesprächen mit den Verantwortlichen deutlich den Aufwind, bei den Menschen hinter der Marke. Und gerade diese positive Stimmung ist für die Zukunft von Suzuki ein gutes Zeichen. 

An der neuen GSX-S1000 gefiel mir neben der radikalen Optik vor allem die Performance von Motor und Fahrwerk sehr gut. Auch die Bequemlichkeit auf dem Sitz in 810 mm Höhe und das Abfahrgewicht von 214 kg gehen in Ordnung. Daher ist für mich das Gesamtpaket bis auf kleine Abstriche, für die aufgerufenen 12.900 Euro plus Nebenkosten absolut stimmig. Die GSX-S1000 gibt es 2021 wahlweise in Triton Blau, Grau oder Schwarz.

Weiter Farbvarianten der 2021er Suzuki GSX-S1000
Weiter Farbvarianten der 2021er Suzuki GSX-S1000

Bei unserer Testtour hatten wir, außer den schönen Strecken im Odenwald, auch alle möglichen Fahrzustände inklusive dickem Dauerregen am Nachmittag. Somit also beste Testbedingungen in einem Gebiet, das für die Suzi wie gemacht ist. Daher ist mein ganz klarer Tipp: Besucht euren lokalen Suzukihändler (siehe Seite 12/13) und fahrt die Maschine einfach selbst einmal Probe, um euch ein Bild davon zu machen. 

Zubehör: Jedes Bike lässt sich mittlerweile ab Werk individualisieren. Suzuki bietet hierfür sehr wertige, bei Gilles Tooling gefertigte Bauteile, Taschen von SW-Motech und vieles mehr an, was die GSX-S1000 zu einem ganz persönlichen Bike werden lässt.