aus Kradblatt 7/17
Text und Bilder: Wiemers Racing Team

Heute schon gelacht?

Lachgas im Motorrad? Sind 180 PS nicht genug? Nein, dachte sich Sven Wiemers aus Oldenburg i. Oldbg. und rüstete seine Suzuki GSX-R 1000 mit einer Lachgasanlage auf.

Der 26-jährige Oldenburger betreibt seit 2011 erfolgreich Motorradrennsport in der Drag Racing Szene. Ganz nach seinem Idol Burt Munro aus dem Film „Mit Herz und Hand“, schraubt er in seiner ca. 12 qm großen Garage alles selber und das mit Erfolg: 2012 konnte er den 3. Platz in der Deutsch/Holländischen Meisterschaft erreichen und ist unter anderem mehrfacher Sieger bei den Motobike Speed Days in Damme.

Ganz nach dem Motto „GO FAST OR GO HOME“ geht es in Drag Racing Szene heiß her, je schneller umso besser. Motorräder bis zu 500 PS sind in verschiedenen Klassen an der Tagesordnung. Die Jagd nach neuen Bestzeiten auf der 1/4 Meile (402,33 Meter) ist damit eröffnet.

Im Winter 2015/2016 wurde es ernst. Die Leistung musste mittels Lachgas erhöht werden, damit man auch in der Super Street Bike Klasse konkurrenzfähig sein kann. In dieser Klasse ist fast alles erlaubt. Turbolader, Kompressor, Lachgas einfach alles was mehr Leistung bringt. Bikes, die Bestzeiten von 0 auf 280 km/h und mehr in nur 8 Sekunden beschleunigen, sind genau das richtige für PS Junkies.

Die Suzuki GSX-R 1000 von Baujahr 2002 wurde erleichtert, der Motor komplett überarbeitet und mit einem nassen (WET) Lachgassystem bestückt.

Das Fahrwerk wurde modifiziert und ein speziell angefertigtes Federbein sowie eine lange Schwinge aus den USA sorgen dafür, dass die Kraft auch auf dem Boden gehalten wird. Der spezielle 200er Shinko Drag Race Hinterreifen bietet optimalen Grip für Katapultstarts. Dabei wird er nur mit 0,5 bar Reifendruck gefahren, um die breiteste Reifenauflagefläche zu bieten.

Die GSX-R wurde vorne 6 cm und hinten 8 cm tiefer gelegt, um den Schwerpunkt so tief wie nur möglich zu halten und damit die Wheelieneigung zu verhindern.

Eine komplette Auspuffanlage, eine sogenannte Brock’s Sidewinder, sorgt nicht nur für ordentlich Sound und Flammen sondern bringt dazu auch noch Leistung. Die Motorabstimmung mit dem Lachgassystem erfolgt durch einen Power Commander auf einem Dynojet Leistungsprüfstand vom Tuning Center Pinneberg. Die ersten vorsichtigen Prüfstandläufe lagen schon mit nur einer geringen Menge Lachgas bei 203 PS am Rad. Bei Vollgas wird das Lachgassystem per Knopfdruck am Lenker aktiviert und dann heißt es festhalten. Bei einer Maximalleistung von 268 PS am Rad saugt es selbst die letzten Hasen aus den Hecken. Aber wie funktioniert Lachgas überhaupt?

Lachgas darf nur eingespritzt werden, wenn gleichzeitig Kraftstoff eingespritzt wird. Sonst entstehen im Brennraum Temperaturen, die weit über denen der Temperaturgrenze der Materialien im Motorbrennraum sind (Beispiel: Schneidbrenner). Der Sauerstoffanteil im Lachgas  verbessert den Verbrennungsablauf. Die Mehrleistung wird ausschließlich durch den zusätzlich eingespritzten Kraftstoff erreicht. Dadurch wird ein nasses Lachgassystem auch WET Lachgassystem genannt. Stickstoff ist „nur“ ein Trägergas, welches noch die positive Nebeneigenschaft des Kühlens hat. Lachgas ist nicht motorschädlich, solange die Anlage gut eingestellt ist und die Kraftstoffzufuhr sichergestellt ist. Normalerweise wird das Lachgas-System in der Beschleunigungsphase bei Vollgas kurzzeitig etwa 7 bis 15 Sek. benutzt. Theoretisch  kann die Flasche vom ersten „Tropfen“ bis zum letzten an einem Stück benutzt werden, wenn das Gesamtsystem  gut eingestellt ist, ohne dass Schäden am Motor auftreten.

Geradeaus kann doch jeder? Naja so einfach ist das nicht. Man muss sich vorstellen bei 10.000 U/min die Kupplung volles Rohr schnacken zulassen. Bei vollem Grip und dann mit 268 PS bei nur 178 kg Kampfgewicht die 1/4 Meile runter zu katapultieren. Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in nur 2,2 Sekunden und weniger, lassen jeden Augapfel in Richtung Hinterkopf wandern. Der Hinterreifen schreit nach Gnade und zieht dabei einen 400 Meter langen Strich. Das macht süchtig!

Nach vielen Monaten Arbeit und schlaflosen Nächten wurde die GSX-R 1000 komplett fertig und wartete gespannt auf ihren ersten Einsatz. Mit vollem Erfolg konnte Sven Wiemers den ersten Platz beim Beschleunigungsrennen in Husum 2016 belegen. Mit einer persönlichen Bestzeit von 9,2 Sek und einen Top Speed von über 260 km/h. Da hat sich die Arbeit gelohnt, Glückwunsch! Auf diversen Rennveranstaltungen wird die GSX-R 2017 im norddeutschen Raum zu bestaunen sein. Also wer Lust auf Qualm, Lärm und Geschwindigkeit hat ist hier genau richtig.

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SUZUKI GSX-R 1000 K2 NOS BIKE Modifikationen:

  • Motor: Yoshimura Nockenwellen, verstärkte APE Ventilfedern, Yoshimura Zylinderkopf Dichtung, Zylinderkopf geplant und Ansaugkanäle angepasst und bearbeitet, Motorentlüftung bearbeitet, Abgasrückführung stillgelegt
  •  Aufladung: Wet (Nasses) NOS System Pro Mod Kit bis zu 250 PS­­ mehr Leistung.
  •  Auspuff: Brock’s Performance Sidewinder Komplettanlage (146 dB bei 6000 U/min!)
  •  Ansaugsystem: Luftfilterkasten überarbeitet, Stealth Development Luftfilter, kurze Ansaugtrichter
  •  Kraftstoffsystem: 3 Liter Benzintank, Bosch Benzinpumpe, Arlows Benzindruckregler, zusätzliche Pierburg Benzinpumpe
  •  Kraftstoff: Rennbenzin C16 oder mit anderen Mapping E85
  •  Schaltung: 15 Bar Druckluftkompressor, Druckluftzylinder Festo, MPS-Zündungsunterbrecher einstellbar 40–100 ms, Schaltbetätigung per Knopfdruck bei Volllast (Hupenknopf)
  •  Fahrwerk: McIntosh Schwinge mit integriertem Druckluftspeicher und NX Flaschenaufnahme, Original Federbein überarbeiten von Racetech
  •  Heckrahmen: Original gekürzt
  •  Reifen: vorne Metzeler Racetec K3, hinten Spezial Shinko Drag Racing Reifen
  •  Elektronik: Power Commander 3 USB, MPS Zündbox, Original Motorkabelbaum umgelötet, NOS Flaschenheizung, Fuel X-10 150 Magnetventil, NOS X-10 150 Magnetventil
  •  Gewicht: 178 kg vollgetankt
  •  Hinterradleistung:
    Leistungsstufe ohne NOS 172 PS
    Leistungsstufe 1 mit NOS 203 PS
    Leistungsstufe 2 mit NOS 236 PS
    Leistungsstufe 3 mit NOS 268 PS!