aus bma 9/09

Text: Vic Mackey
Fotos: pnphoto.de/Suzuki

Suzuki GSX-R 1000 K9„Power is nothing without control!”, diesen Leitsatz eines Pellenherstellers scheinen sich die Entwickler der neuen GSX-R1000 K9 auf die Stirn tätowiert zu haben. Leistung hatten bereits die Vorjahresmodelle satt, doch in Sachen Leitungsentfaltung und Handlingeigenschaften hatten andere ihre Hausaufgaben zuweilen besser gemacht. Das alles ändert sich, denn der Gixxer ist zurück – back to „own the racetrack”!

Die Rennstrecke zu besitzen – danach streben die Hersteller mit ihren Superbikes alle zwei Jahre, wenn sie turnusgemäß ihre völlig neuen Supersportmodelle präsentieren. In seiner fünften Neuauflage seit Einführung der Literklasse kämpft der Gixxer aber nicht mehr gegen seine Konkurrenz – im Reigen der Nippon-Fours ist er eine etablierte Größe und kann auf eine große, wenn nicht sogar die größte Anhängerschaft, zurückgreifen. Er kämpft gegen einen Mythos aus seiner eigenen Vergangenheit – die K5.

Als interner Werkscode steht seit 2001 das „K” für die Modelljahre der Bikes aus Hamamatsu und folglich die „5” für die GSX-R aus dem Jahr 2005, an der sich alle Gixxer danach messen lassen mussten. Der letzte Suzuki Weltmeistertitel wurde auf diesem Modell eingefahren und das K5-Kilo steht seitdem nach Ansicht vieler für das Ideal aus Kraft und Herrlichkeit.

 

Suzuki GSX-R 1000 K9Ehe sich aber nun jemand anschickt die Mähr von den Rahmenbrüchen der Modelljahre 5 und 6 anzustimmen, dazu ein paar Worte!
Angeblich gibt es ja auf unseren Straßen Fahrer, die unversehens Opfer ihrer eigenen Maschine wurden, als diese aus heiterem Himmel, vermutlich ob der überragenden Fahrleistungen ihrer Piloten, unter ihnen zusammen brach. Diverse „Fachforen” sind voll von dergleichen Geschichten und so weiß fast ein jeder über Informationen aus erster Hand zu berichten: Der Freund eines Kumpels hat von dessen Schwester erzählt bekommen, sie habe im Supermarkt gehört… BULLSHIT! Es gibt in unseren Breiten nachweislich keine Rahmenbrüche ohne vorausgegangenes schädigendes Ereignis – Punkt!

Fakt ist: Suzuki bat die entsprechenden Bikes in die Vertragswerkstätten, um die Rahmen vorsorglich zu verstärken, nachdem in den USA wohl zwei Fälle von Rahmenbrüchen bekannt wurden, die man aber auf massiven Wheelie- und Stoppie-Einsatz zurückführt. Wohlgemerkt: Troy Corser ist in der wohl härtesten Zweiradklasse des Motorsports auf diesem Rahmen Weltmeister geworden. Wer nun meint, sein Material auf öffentlicher Straße mehr zu fordern als WM-Fahrer im Kampf um Sieg und Ehre, sollte sich mal heftig in die Nudel kneifen und aufwachen.

Suzuki GSX-R 1000 K9Zurück zum 2009er Jahrgang. Nachdem die Vorjahresmodelle aus 07/08 am Vorsatz „Beste GSX-R aller Zeiten“ scheiterten, geht der K9-Gixxer mit dem gleichen Anspruch an den Start. Bereits 2007 stand Suzuki keineswegs schwach da. Definitiv war der K7-Motor sogar der stärkste seiner Art und mit homologierten 187 Pferden nominal zwei stärker als unser aktueller Reihen-Vierer. In unteren Drehzahlregionen, dort wo K5 und 6 die Gegner allesamt eindosten, da fehlte es dem K7er aber an Bums und den hat sich der K9er Vierling definitiv zurückgeholt. Die Pferde in den obersten Regionen schenken wir an dieser Stelle getrost den Stammtischrednern und Forenphilosophen, die hierin einen Nachteil sehen – sie haben nicht verstanden, mit welcher Währung Siege erkauft werden. Das 2009er Triebwerk ist nicht nur anders im Rahmen platziert, es ist komplett neu. Baut kompakter, ist kurzhubiger und in allen Lagen seinem Vorgänger überlegen. Es  ist quasi egal in welchem Gang man sich befindet. Linear wie von einem gigantischen Gummiband gezogen dreht die Maschine aus den Tiefen des Drehzahlkellers hoch und leistet sich dabei keine Schwächen. Leistungslöcher gehören ohnehin seit langem der Vergangenheit an, aber mit diesem Kraftwerk werden Schaltvorgänge fast schon überflüssig. Was aber schade wäre, denn die Gangwechsel gehen so tadellos von statten, das an das Getriebe an dieser Stelle ein extra Lob ausgesprochen werden muss.

Suzuki GSX-R 1000 K9Dass die Superbikes der Literklasse über Power satt verfügen ist keine Neuigkeit. Die Wunderwaffe des Gixxer heißt allerdings „Traktion”. Dabei ist keine Elektronik damit betraut, die grobmotorischen Fehlgriffe eines übermotivierten Fahrers einzufangen. Fahrwerksseitig ist der aktuelle Jahrgang einfach so gut ausbalanciert, dass jeder Gasbefehl des Piloten an der Hinterhand in massiven Vortrieb umgesetzt wird ohne dass der Reiter hierbei hart kämpfen müsste. Durch den Freiraum, den die neue Motorkonstruktion freisetzt, ist mehr Platz für eine längere Schwinge, ohne dabei den Radstand auszudehnen. Dieser ist sogar kürzer als zuvor und der Gixxer damit ein Agilitätswunder. Fast glaubt man an telepathische Fähigkeiten, denn die Fuhre folgt wie vom Blick gezogen der gedachten Linie.

Im Fahrwerk ist der Fortschritt der letzten 10 Jahre am ehesten zu erkennen. Was Otto Normalbiker da heute käuflich erwerben kann, hätte Kevin Schwantz seiner Zeit noch dazu gebracht, seinen Renningenieuren die Füße zu küssen. Dass eine revolutionäre Neuerung wie die kartuschenlose „Big Piston Fork“ nicht seitenweise die Fachzeitschriften füllt, ist eigentlich eine Schande, aber da haben eben elektronische Bremshelfer und die „großen Schläge” der Mitbewerber die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Jedenfalls ist die kurz „BPF” genannte Vorderradführung nicht nur ein Hingucker von oben, sie ist auch feinstens einstellbar und bringt beste Rückmeldungen. Aufgrund der Bauweise trägt sie auch einen wesentlichen Teil zur Diät des Gixxer bei. Der Gewichtsverlust des 09er ist in jeder Lebenslage spürbar.

Suzuki GSX-R 1000 K9Dass sich Suzuki über Hilfsprogramme aus Bits und Bytes keine Gedanken machen muss, verdanken die hohen Herren ihren Ingenieuren. Wer seine Mechanik auf so hohes Niveau hebt, muss einfach nicht elektronisch nachhelfen. Natürlich würde auch hier ein sportliches ABS wohl einen Sicherheitsgewinn darstellen und viele Käufer ansprechen. Die Stopper liefern aber auch so hervorragende und sauber kontrollierbare Bremsleistungen, auch dann noch, wenn ein Sternenflottenkommandant meint, es stünde ihm zu, seinen Kreuzer bei Richtgeschwindigkeit auf der dritten Spur zu parken und man abrupt von Warp9 runter muss.

Der Gixxer ist also nicht nur auf den Rennstrecken dieser Welt eine Hausnummer. Auch im Alltag, wo sich viele (zu viele) dieser Sportskanonen wieder finden, bereitet er seinen Treibern Freude. Er schützt ihn selbst bei ü250 noch effektiv vor dem heran brausenden Fahrtwind, ohne dass der Fahrer dabei ungebührend dafür buckeln müsste. Dass die Pferde so gefordert einen satten Durst entwickeln ist nachvollziehbar und sollte der Verbrauch beim Kauf eines Supersportlers überhaupt eine Rolle spielen, so sei nochmals daran erinnert, dass man hier die Leistung eines Ferrari zu Preis und Verbrauch eines Fiat 500 erkauft.

In Sachen Alltag kommen auch noch die 3-fach verstellbaren Fußrasten zum tragen, die in unterster Position auch größeren Mitteleuropäern schon fast einen touristisch entspannten Kniewinkel ermöglichen.

Gewinnt der Gixxer also den Kampf gegen seine Vergangenheit? Ich würde sagen: Ja –  K9 ist der beste Gixxer aller Zeiten!