Da tritt der Vordermann kräftig in die Bremsen und schon liegt man auf der Nase. Wer haftet denn nun? Gar nicht so einfach. Erklärungen von RA Jan Schweers…

 

 

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aus Kradblatt 10/13 – Rechtstipp

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Wer kennt das nicht. Beim Fahren eines Automatikfahrzeugs wird aufgrund der Macht der Gewohnheit versehentlich mit dem linken Bein die Bremse getreten, weil man denkt das Fahrzeug hat eine Kupplung. Wenn alles gut geht, kommt man ohne einen Schaden davon. Wenn hingegen sehr stark die Bremse mit dem linken Fuß getreten wird, kann es auch zu Verletzungen des Fahrers kommen. Dumm gelaufen. Das Ganze nennt sich Bedienungsfehler. Ein solcher Bedienungsfehler kann jedoch auch beim nachfolgenden Verkehr zu großem Schrecken oder gar zu schweren Unfällen führen. Es gibt aber auch Fälle bei denen ohne einen Bedienungsfehler ohne Grund stark abgebremst wird. Wer muss dafür haften, werdet ihr euch fragen. Diese Antwort will ich euch im Oktoberheft beantworten.
 
Grundsätzlich darf ein Fahrzeug auf der Straße nicht absichtlich ohne einen Grund abgebremst werden. Dann ist nämlich immer von einer Alleinhaftung des Abbremsenden auszugehen.
In einem vor dem Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 04.11.1965, Az.: 6 O 374/68) entschiedenen Fall hatte ein Motorradfahrer einen Pkw überholt und etwa 6 – 7 Meter vor dem Pkw das Motorrad stark abgebremst um den Pkw ebenfalls zum Abbremsen zu bewegen. Es kam zum Unfall. Das OLG sprach dem Motorradfahrer die alleinige Schuld zu. Er musste 100 Prozent des Schadens zahlen. Das Landgericht Mönchengladbach (Urteil vom 16.04.2013, Az. 5 S 86/01) sprach in einem vergleichbaren Fall einem Pkw-Fahrer 100 Prozent der Schuld zu, nachdem er einen Pkw überholt und den überholten Pkw durch starkes Bremsen disziplinieren wollte.
Das Kammergericht Berlin (Urteil vom 13.02.2006, Az.: 12 U 70/05) hatte den Fall eines Verwechselns der Kupplung mit der Bremse bei einem Automatikfahrzeug zu entscheiden. Das nachfolgende Fahrzeug war 75 – 100 Meter vor einer roten Ampel aufgefahren. In einem solchen Fall vor einer roten Ampel hat das Gericht einen Schadensteilung vorgenommen. Jeder bekam 50 Prozent seines Schadens ersetzt.
In einem anderen vor dem Kammergericht Berlin (Urteil vom 25.09.1975, Az.: 12 U 743/75) entschiedenen Fall musste der Auffahrende sogar 67 Prozent des Schadens tragen, da er ohne ausreichenden Sicherheitsabstand zu schnell und unaufmerksam auf einen ohne verkehrsbedingten Grund abbremsenden Pkw auffuhr. Das Oberlandesgericht Koblenz (Urteil vom 02.12.1991, Az.: 12 U 1292/90) hat in einem ähnlichem Fall, bei dem ein Fahrer sein Fahrzeug stark abgebremst hatte, um zu sehen, ob ein Geschäft offen hat eine Haftung in Höhe von 67 Prozent des Auffahrenden ausgeurteilt.
Ähnliche Quoten gibt es auch, wenn man das Fahrzeug abwürgt und der nachfolgende Verkehrsteilnehmer auffährt. Das Amtsgericht Menden (Urteil vom 12.07.1995, Az.: 4 C 165/95) hat dem Auffahrenden in einem solchen Fall 75 Prozent der Schuld zugesprochen.
Ich kann allen nur raten, nicht ohne Grund zu bremsen und sich auch nicht in besonders aufgeheizten Situationen im Straßenverkehr hierzu hinreißen zu lassen. Das lohnt sich nicht und führt meistens dazu, dass man immer eine Teilschuld an einem Unfall hat. Behaltet auch unter dem Helm eine kühlen Kopf. Es lohnte sich nämlich nicht, für solche Aussetzer hart verdientes Geld auszugeben oder gar die Fahrerlaubnis zu riskieren.