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aus bma 9/13 – Rechtstipp

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Ein Motorrad richtig abzustellen ist gar nicht so einfach. Zum einen muss der Abstellort sicher vor Dritten sein und zum anderen nicht gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen.
Das ist ein Thema, das einen spätestens dann beschäftigt, wenn man nach einem Unfall nicht seinen ganzen Schaden von der gegnerischen Versicherung ersetzt bekommt. Die Rechtsprechung nimmt einem das falsche bzw. nicht vorschriftsgemäße Abstellen eines Fahrzeugs nämlich übel und bestraft dies mit einer sogenannten Mithaftung, wenn einem ein Dritter in das geparkte Motorrad fährt. Da fragt ihr euch sicherlich, warum man für die Dummheit eines Anderen auch noch mithaften soll? Eine berechtigte Frage, die ich euch in diesem Rechtstipp versuchen werde zu erklären. 
 
Grundsätzlich müssen Fahrzeuge entsprechend der Staßenverkehrsordnung abgestellt werden. D.h. Halte- und Parkverbote sind zu beachten. Bei einem Auffahrunfall mit einem ordnungsgemäß abgestelltem Motorrad ist in der Regel von einer vollen Haftung des Auffahrenden auszugehen. Wird das Motorrad hingegen nicht weit genug rechts, schräg abgestellt oder in einem Parkverbot abgestellt, sieht dies ganz anders aus. Dann muss man nämlich einen Teil seines Schadens und des Schadens des Auffahrenden tragen. Das Ganze wird mit einem Verstoß gegen das Halte- und Parkverbot nach § 12 StVO begründet. Kommt es dann nämlich zu einem Unfall haftet man zumindest in Höhe der einfachen Betriebsgefahr. Das sind 20-25 Prozent. Dabei muss natürlich immer geschaut werden, ob von dem haltenden oder parkenden Fahrzeug eine Behinderung ausgeht. Kann eine Behinderung ausgeschlossen werden, kann dies dazu führen, dass die Mithaftung wegfällt. Dies ist der Fall, wenn die Fahrspur groß genug ist, so dass das andere Fahrzeug ohne Probleme an dem Motorrad vorbeifahren kann. 
 
Die Gerichte urteilen in solchen Fällen jedoch unterschiedlich und einige Gerichte nehmen trotzdem eine Mithaftung an.Oftmals hing es in den ausgeurteilten Fällen davon ab, ob die geparkten Fahrzeuge bereits frühzeitig zu erkennen waren. 
So hat der Bundesgerichtshof (Urteil vom 22.12.1964, Az.: VI ZR 198/63) eine Mithaftung in einem Fall verneint, indem das geparkte Fahrzeug aus 50 Metern bereits erkennbar war. Das Landgericht Oldenburg (Urteil vom 0.12.1992, Az.: 2 O3497) hat eine Mithaftung abgelehnt, nachdem ein PKW, dessen Fahrer durch eine Spinne abgelenkt und mit einem im Halteverbot abgestellten Fahrzeug kollidierte. Bei Dunkelheit sieht das Ganze schon wieder anders aus. Dann muss nämlich geschaut werden, ob das vorschriftswidrig abgestellte Fahrzeug zumindest vorschriftsmäßig beleuchtet ist. Ist das der Fall, kann eine Mithaftung von 20-25 Prozent in Betracht kommen.
Das Oberlandesgericht Celle (Urteil vom 24.07.1986, Az.: 5 U 280/85) hat eine Haftung von 50/50 in einem Fall angenommen, bei dem ein PKW auf einer nassen Fahrbahn außerhalb der geschlossenen Ortschaft auf einen beleuchteten LKW auffuhr. Bei einem Unfall mit einem unbeleuchteten Fahrzeug kommt es darauf an, ob es durch die Außenbeleuchtung bzw. fremde Lichtquellen erkennbar war. Ist das der Fall, kommt schnell eine Mithaftung von bis zu 67 Prozent in Betracht. Mit unzureichender Beleuchtung sieht dies noch anders aus. In einem vor dem Landgericht Frankenthal (Urteil vom 30.05.1985, Az.: 4 O 282/84) entschiedenen Fall bekam ein Motorradfahrer eine Mithaftung von 33 Prozent, nachdem er mit einem PKW kollidierte, der auf einer Landstraße abgestellt war und 0,7 Meter in die Fahrbahn ragte. Das besondere an diesem Fall war, dass der Motorradfahrer vorausfahrende Fahrzeuge und dessen Ausweichbewegungen noch gesehen hatte. Der PKW war nicht beleuchtet. Es kommt aber auch eine Mithaftung in Betracht, wenn das Fahrzeug in engen Straßen oder im Kurvenbereich geparkt wird. So wurde in einem vor dem Oberlandesgericht Stuttgart (Urteil vom 17.10.1957, Az.: 2 U 78/57) entschiedenen Fall einem Kradfahrer eine Mithaftung von 50 Prozent zugesprochen, nachdem er mit einem 1,6 Meter in die Fahrbahn hineinragenden LKW kollidierte.
 
Ich könnte noch seitenweise Urteile zitieren. Mit diesem Rechtstipp möchte ich euch jedoch nur dazu bewegen, euch vor dem Abstellen eueres Motorrades genau anzusehen, ob ein Halte- oder Parkverbot besteht oder aber die Straßenverhältnisse dazu führen können, dass ein Unfall mit vorbeifahrenden Fahrzeugen nicht ausgeschlossen werden kann. Besteht nur im geringsten Maß das Risiko, dass eine Gefährdung Dritter in Betracht kommt, solltet ihr noch eine Runde drehen und euch einen anderen Abstellort für euer Motorrad suchen. Dies kann einem eine Menge Ärger und Kosten ersparen.