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aus Kradblatt 3/15 – Rechtstipp

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Fahrerlaubnisentzug nach 19 Monaten?

Die Fahrerlaubnis ist teilweise vor Gericht umkämpfter, als so manch schweres Verbrechen, das mit einer Gefängnisstrafe geahndet wird. Woran liegt das? Zum Einen wohl daran, dass man die Ansicht vertritt, sich ohne Fahr­erlaubnis nicht vollständig entfalten zu können und zum Anderen daran, dass die Fahrerlaubnis heutzutage in vielen Berufen unabkömmlich ist.

Oftmals führen Alkohol, Drogen und das unerlaubte Entfernen vom Unfallort zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis. Ist die Fahrerlaubnis erst einmal entzogen, muss man mindestens 6 Monate warten, um sie wiederzuerlangen. Es ist bei Führerscheinsachen also empfehlenswert, frühzeitig einen Rechtsanwalt einzuschalten. Wer sich professioneller Hilfe bedient, kann die Weichenstellung für die Zukunft mitgestalten, denn in der Regel wird die Fahrerlaubnis unmittelbar nach der vorwerfbaren Tat oder in einem engen zeitlichen Rahmen danach entzogen. Vergeht einmal ein längerer Zeitraum nach der Tat und die Fahrerlaubnis ist immer noch im Besitz, stehen die Chancen gut, dass sie auch zukünftig nicht entzogen wird. Ihr fragt euch sicherlich, warum denn das?

Wer seit der Tat mehrere Monate beanstandungsfrei am Straßenverkehr teilnimmt bestätigt, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Doch was sind mehrere Monate? Die Rechtsprechung ist nicht einheitlich. Mehrere Monate können 8 aber auch 19 Monate bedeuten. Wie unterschiedlich die Rechtsprechung hierzu ist, möchte ich euch anhand zweier Urteile erläutern.

Das Landgericht Leipzig (Urteil vom 23.09.2014, Aktenzeichen 1 Qs 329/14) hatte über die Rechtmäßigkeit der Entziehung einer Fahrerlaubnis zu entscheiden, die erst 8 Monate nach der Tat angeordnet worden war. Das Verfahren war aus ungeklärten Gründen eingeschlafen und 5 Monate lang keine sachverhaltsaufklärenden Maßnahmen erfolgt. Urplötzlich, nach 8 Monaten, beantragte die Staatsanwaltschaft die Entziehung der Fahrerlaubnis. Der Betroffene war während dieser ganzen Zeit beanstandungsfrei im Straßenverkehr unterwegs und recht überrascht, dass er nach einem so langen Zeitraum die Fahrerlaubnis abgeben sollte. Das Landgericht hatte hierüber letztendlich zu entscheiden und hob den Beschluss des erstinstanzlichen Amtsgerichts auf. Der Betroffene musste die Fahrerlaubnis nicht abgeben. Eine Abgabe nach 8 Monaten hielt das Landgericht nicht mehr für verhältnismäßig. Dieser Fall dürfte für den Betroffenen so glimpflich ausgegangen sein, da die Staatsanwaltschaft 5 Monate lang die Akte hat ruhen lassen.

Das Landgericht Erfurt (Urteil vom 23.10.2014, Aktenzeichen 7 Qs 199/14) hatte hingegen einem Betroffenen 19 Monate nach der Tat die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen. Der Betroffene war in der Zwischenzeit im Straßenverkehr auch nicht aufgefallen. Das Gericht hielt die Entziehung jedoch nach Abwägung für verhältnismäßig. Die Interessen der anderen Verkehrsteilnehmer hatten Vorrang vor denen des Betroffenen, der sich unerlaubt vom Unfallort entfernt hatte. Die Urteile zeigen auf, dass es hierzu keine einheitliche Rechtsprechung gibt. Das Landgericht Erfurt hielt den Betroffenen auch nach 19 Monaten und obwohl er zwischenzeitlich beanstandungsfrei fuhr für ungeeignet, am Straßenverkehr teilzunehmen.

Die Oberlandesgerichte gehen zum Teil sogar von einem Zeitraum von 2 Jahren aus und halten die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis auch dann noch für verhältnismäßig. Der Bundesgerichtshof hat hingegen in einem Fall 21 Monate für zu lang erachtet. Ein langer Zeitablauf spricht immer dafür, dass die Fahrerlaubnis nicht entzogen wird, wenn zudem am Straßenverkehr beanstandungsfrei teilgenommen wird. Aber auch berufliche Gründe sind wichtig. Wer nämlich dringend auf die Fahrerlaubnis angewiesen ist, sollte dies bei seiner Vorgehensweise um eine Entziehung der Fahrerlaubnis abzuwenden, einfließen lassen.