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aus Kradblatt 8/15 – Rechtstipp

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Chiptuning und die Folgen …

Motorräder wie Autos sind heutzutage quasi alle mit Einspritzanlagen und elektronischer Motorsteuerung ausgestattet. Bastelte man früher an Vergasern, Luftfiltern und Auspuffanlagen, um ein wenig mehr Leistung rauszuquetschen, tunt man heutzutage vielfach über den PC. Es scheint ganz einfach und unsichtbar zu sein, Schnittstellen oder Tuningchips gibt es für viele Modelle.

Das Chiptuning dient i.d.R. der Leistungssteigerung von Motoren durch eine nachträgliche Änderung der werksseitig festgelegten Steuerparameter der elektronischen Motorsteuerung. Durch Eingriffe in die Software der Motorelektronik wird z.B. der Ladedruck und/oder die Kraftstoffmenge im Brennraum erhöht. Dies führt dazu, dass Motorleistung und Drehmoment gesteigert werden, ohne jedoch Teile am Motor austauschen zu müssen. Das Fahrzeug kann trotz Chiptuning demnach mit dem Originalmotor verkauft werden.
Aber Vorsicht, denn sowohl kaufrechtlich, als auch versicherungsrechtlich können mit einem Chiptuning Gefahren und rechtliche Schwierigkeiten einhergehen.

Eine nicht offenbarte Leistungssteigerung des Fahrzeugs oder mit anderen Worten ein verschwiegenes Chiptuning, stellt, selbst wenn es bereits rückgängig gemacht wurde, kaufrechtlich einen Mangel dar. Diese Problematik war Gegenstand zahlreicher Gerichtsentscheidungen. Denn durch das Chiptuning entsteht potentiell ein erhöhter Verschleiß des Fahrzeugs, der zu Schäden führen kann. Schäden, die ohne das Chiptuning nicht eingetreten wären.

Versicherungsrechtlich kann es durch das Chiptuning sogar – im schlimmsten Fall – zum Erlöschen des Versicherungsschutzes kommen. Der Versicherungsvertrag, den der Versicherer ohne Kenntnis des Umstandes, dass das Fahrzeug mittels eines Chiptunings verändert wurde, abschließt, ist nämlich nichtig. Es besteht von vornherein kein Versicherungsschutz in der Teil- oder Vollkaskoversicherung, wenn die Veränderung im Schadensfall auffällt. Der Hintergrund hierfür ist, dass das Fahrzeug dann über keine gültige Betriebserlaubnis verfügt und somit nicht im öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen dürfte. Aber auch das abzusichernde Risiko ist für den Versicherer infolge des verschwiegenen Chiptunings nicht kalkulierbar. Mehr Leistung könnte bedeuten, dass der Versicherer das Gefahrenrisiko, das von dem versicherten Fahrzeug ausgeht, anders beurteilt. Der Versicherer hat infolge des verschwiegenen Chiptunings nicht die Möglichkeit zu prüfen, ob das Fahrzeug zur bisherigen Prämie weiter versichert bleiben kann oder ob eine höhere Prämie fällig wird, denn ihm liegen nur die üblichen Herstellerangaben über die Leistung vor. Anhand dieser Angaben wird das Fahrzeug versichert. Mit dem eingebauten, aber nicht mitgeteilten Chiptuning, besteht die Gefahr, dass das Fahrzeug unterversichert sein könnte.

Wenn ein Chiptuning dem Versicherer nicht gemeldet wird, kann es für den Versicherungsnehmer im Schadensfalle teuer werden. Zwar haftet bei Haftpflichtschäden der Versicherer im Außenverhältnis für die Schäden, die dem Unfallgegner infolge des Unfalls mit dem gechipten Fahrzeug entstanden sind. Der Versicherer holt sich jedoch die an den Unfallgegner gezahlten Zahlungen von seinem Versicherungsnehmer vollständig zurück, so dass am Ende der Versicherungsnehmer auf dem Schaden sitzen bleibt.

Dies hat auch das Oberlandesgericht Naumburg, Urteil vom 23.10.2014, Aktenzeichen 4 U 69/13 bestätigt. In dem Urteil wurde einem Versicherten jeglicher Anspruch aus der Kaskoversicherung nach einem Diebstahl aberkannt, da das Fahrzeug ein Chiptuning hatte.

Das Geschäft mit dem Chiptuning ist deshalb mit Vorsicht zu genießen. Das eingebaute Chiptuning muss vom TÜV oder einem amtlich anerkannten Sachverständigen abgenommen werden. Zudem ist es in den Fahrzeugpapieren einzutragen. D.h. ein Gang zur Zulassungsstelle bleibt nicht aus, um die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs aufrechtzuerhalten.
Wird ein Fahrzeug in Kenntnis des Chiptunings gekauft und tritt nach einiger Zeit ggf. dadurch ein Schaden am Fahrzeug auf, so ist das Berufen auf einen Mangel für den Betroffenen schwierig. Liegt hingegen keine Kenntnis des Chiptunings vor, so sehen die Chancen für den Betroffenen gegen den Verkäufer des Fahrzeugs gut aus. Denn ein verschwiegenes Chiptuning führt zu Mängelgewährleistungsansprüchen des Käufers.

Versicherungsrechtlich muss man beim Einbau eines Chiptunings daran denken, die Versicherung über die Leistungssteigerung zu informieren, damit diese ggf. das Fahrzeug neu einstuft und im Falle des Falles, der Versicherungsschutz besteht.