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aus bma 7/12 – Rechtstipp

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Mit einem wahrhaft schweren und umstrittenen Thema will ich mich in diesem Juli-bma befassen. Ihr alle seid Motorradfahrer aus vollem Herzen. Dass Motorradfahrer nicht nur berufsbedingt ihr Gefährt benutzen, sondern auch ihre Unternehmungslust auf dem Motorrad verwirklichen, steht außer Frage. Dies ist von unserer Wirtschaft und den Öllieferanten sicherlich auch so gewollt, denn sonst wäre die Motorradindustrie schon lange pleite. Ohne Freizeitfahrten würden sich schließlich so manch einer kein Motorrad anschaffen.

Da verwundert es um so mehr, dass in § 30 Absatz 1 Satz 3 der Straßenverkehrsordnung Folgendes steht: „Unnützes Hin- und Herfahren ist innerhalb der geschlossenen Ortschaften verboten, wenn andere dadurch belästigt werden. Wenn man dagegen verstößt, kostet es nach Nr. 118 des Bußgeldkataloges 20 Euro. Außerhalb der Ortschaften besteht hingegen keine vergleichbare Regelung.

Doch was ist unnütz? Wer will das bestimmen? Ich könnte es jedenfalls nicht sagen. Ist es unnütz einen Kumpel mit dem Motorrad zu besuchen und auf der Rückfahrt die selbe Strecke, wie auf der Hinfahrt zu benutzen? Ist es unnütz im Harz auf den Kyffhäuser zu fahren und wieder runter zu fahren? Oder ist es unnütz, zum Testen der Funktionstüchtigkeit der Bremsen für die Hauptuntersuchung, auf dem Prüfgelände der Prüforganisation zu fahren? Das sind Fragen, die genau so unnütz sind, wie die Fragen ob das Rauchen einer Schachtel Zigaretten oder das Trinken einer guten Flasche Rotwein unnütz sind.

Der § 30 der Straßenverkehrsordnung ist meiner Ansicht nach so unbestimmt, dass ein Verstoß gegen § 30 zu keiner Verurteilung führen kann. § 30 StVO verstößt gegen das Grundgesetz. Einzig eine Sicherheits- und Ordnungsgefährdung kann zu einer Verurteilung führen.

Das Bayrische Oberlandesgericht (Az. 2 ObOWi 44/00) hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem ein Motorradfahrer mindestens viermal hin- und hergefahren gefahren war und hierbei eine Kurve durchfahren hatte. Hierbei hat er ge­bremst, gewendet und sein Motorrad stark beschleunigt. Es sollen sich mehr als 20 weitere Motorradfahrer in der Kurve befunden haben und es soll zu Lärmbeeinträchtigungen gekommen sein.

Das Bayrische Oberlandesgericht hat den Motorradfahrer letztendlich wegen einer fahrlässig begangenen Belästigung anderer zu einer Geldbuße von umgerechnet 75 Euro verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte zusätzlich die Verhängung eines Fahrverbotes beantragt, da sie in dem Verhalten des Motorradfahrers auch die Veranstaltung eines Rennens sah.

Ein Urteil, dass in dieser Form sicherlich einzigartig bleiben wird. Man kann dem Motorradfahrer meiner Ansicht nach lediglich eventuell anlasten, dass er durch die vermehrte Hin- und Herfahrt eine Lärmbelästigung anderer verursacht hat, wenn Zeugen diese bestätigen würden. Dies führt dann aber nach Nr. 117 des Bußgeldkataloges zu einer Geldbuße in Höhe von 10 Euro.

Ein Fahrverbot oder eine Verurteilung wegen unnützem Hin- und Herfahren ist bei solch Sachverhalten nicht verfassungsgemäß.