aus Kradblatt 12/20 von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
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Ohne MPU kein grünes Licht …

Einem vernünftigen Verkehrsteilnehmer, wie uns allen, muss es natürlich nicht erklärt werden. Beim Fahren im Straßenverkehr ist auf Drogen – wozu korrekterweise auch Alkohol gehört – zu verzichten. Ist man im Zweifel, ob noch restlicher berauschender Stoff vom Vortag im Körper ist und dort vielleicht nachgewiesen werden kann, bleibt das Bike besser stehen!

Neben dem drogenbedingt zumeist erhöhten Unfallrisiko ist für den Fall, dass man erwischt wird, in vielen Fällen auch eine Fahrerlaubnisentziehung zu befürchten. Dies hat unlängst eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Aachen erneut deutlich gemacht (Beschluss vom 19.05.2020; Aktenzeichen: 3 L 309/20). 

Rechtliche Grundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Absatz 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz in Verbindung mit § 46 Fahrerlaubnis-Verordnung. Danach ist dem Inhaber einer Fahrerlaubnis diese zu entziehen, wenn er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Gemäß § 46 Absatz 1 Satz 2 Fahrerlaubnis-Verordnung ist die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen insbesondere dann gegeben, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ist bei der „Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis)“ die Eignung oder bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht gegeben. Diese Bewertung gilt gemäß Nr. 3 der Vorbemerkungen zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung für den Regelfall, Kompensationen sind aber möglich. Dabei kommt es auf eine Teilnahme am oder gar Ausfallerscheinungen im Straßenverkehr für die Annahme der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht an. Es reicht vielmehr schon der einmalige Konsum einer sogenannten harten Droge aus, um die Fahreignung zu verneinen.

Im vorliegenden Fall hatte der Betroffene Kokain konsumiert und geriet in eine Polizeikontrolle, mittels Blutprobe wurde das Kokain nachgewiesen. Die Polizei hatte sofort seinen Führerschein beschlagnahmt. Fast zwei Jahre später wurde per Ordnungsverfügung die Fahr­erlaubnis entzogen. Hiergegen wandte sich der Betroffene. Er brachte vor, zumindest zum Zeitpunkt der Verfügung hätte keine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen mehr vorgelegen, da sein Führerschein schon seit fast 19 Monaten eingezogen gewesen sei und er drei negative Drogenscreenings vorgelegt hatte. Seit sechs Monaten hatte er beanstandungsfrei am Straßenverkehr teilgenommen. Der drogenbezügliche Vorfall liege zu lange zurück, als dass aktuell eine etwaige Ungeeignetheit in der Vergangenheit sicher festgestellt werden könnte. Außerdem habe das Bundesverfassungsgericht geäußert, dass mit zunehmender Dauer das Gewicht der Gründe, die für eine Beibehaltung einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis sprächen, steigen müsse.

Das Verwaltungsgericht Aachen sah dies anders. Das Bundesverfassungsgericht habe sich auf Maßnahmen mit strafprozessualem Charakter bezogen, worunter die Fahrerlaubnisentziehung auf der Grundlage des Straßenverkehrsgesetzes und der Fahrerlaubnis-Verordnung nicht fällt. Die Entziehung soll hierbei Gefahren abwehren, die für Leib oder Leben anderer Verkehrsteilnehmer entstehen, wenn ungeeignete Kraftfahrer weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen. Die Fahrerlaubnisbehörden haben dabei dem Schutz von Leben und Gesundheit Rechnung zu tragen. Das Gericht führt in der Sache aus, dass der Betroffene seine Fahreignung bis zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung nicht wiedererlangt hatte. Voraussetzung für die Wiedererlangung der Fahreignung ist, dass durch mehrere Drogenscreenings nachgewiesen wird, dass der Betroffene über einen hinreichenden Zeitraum (im Regelfall mindestens ein Jahr) keine harten Drogen mehr konsumiert hat. Zugleich muss aber auch nachgewiesen werden, dass der Betroffene auf Grundlage einer tragfähigen Motivation eine stabile Verhaltensänderung erreicht habe, die eine günstige Prognose ermöglichen würde. Eine medizinisch-psychologische Untersuchung (kurz „MPU“, im Sprachgebrauch „Idiotentest“) hatte der Betroffene nicht nachgewiesen. Die Entziehung der Fahrerlaubnis wurde deshalb als rechtmäßig beurteilt. 

Berauschende und/oder benebelnde Stoffe können die Wahrnehmung der jeweiligen Umgebung stark beeinflussen und dadurch zu schweren Verkehrsunfällen führen. Daneben kann die Fahrerlaubnis sehr schnell und zudem noch erheblich langfristig weg sein. Der vorliegende Fall hat gezeigt, dass ein einziger „Fehltritt“ mit sogenannten harten Drogen genügt, um zum Führen von Kraftfahrzeugen als ungeeignet gehalten zu werden. Außerdem sind Behörden und Gerichte insoweit (durchaus berechtigt) recht „nachtragend“ und beanstanden eine Fahrerlaubnisentziehung allenfalls nach langer beanstandungsfreier Zeit, in der nachweislich auf Drogen verzichtet und zusätzlich durch ein MPU-Gutachten bewiesen wurde, dass der Betroffene sich nachhaltig „gebessert“ hat. Jeder, der einen solchen „Idiotentest“ schon einmal gemacht hat, weiß, dass die Erlangung eines positiven Gutachtens trotz gut erscheinender Voraussetzungen oftmals überaus schwierig sein kann. Es ist deshalb besser, nur vollständig „clean“ zu fahren, um nachteilige Folgen von vornherein gänzlich auszuschließen.

Daher heißt es, Finger weg von Drogen. Die Konsequenzen eines Fehlverhaltens wollen wir doch alle nicht!