aus bma 07/06

von Jens Möller

Original
CBR 600 Original

Mit Powercommander
CBR 600 getunt


Ab auf die Rolle…


Original- und HRC-Stutzen

Wer die Entwicklung auf dem Sportmotorradmarkt verfolgt, der weiß, daß im Intervall von zwei Jahren ein neues Modell des jeweiligen Vorgängers auf dem Markt kommt. Hat man einmal diesen Modellwechsel verpaßt, wird der Abstand zur aktuellen Hardware immer größer. In Zahlen bedeutet das: Unsere Redaktions-CBR, Bj. 01, gehört mit 110 PS zum alten Eisen, sollen doch die aktuellen 600er-Feilen bis zu 120 PS drücken. Serienmäßig wohlgemerkt. Besonders im Rennstreckenbetrieb nervt dieses Leistungsmanko, da die Meisten dort fehlendes Können durch Motorleistung wettmachen müssen. Den Redaktionstestern geht es nicht anders.
Also müßte nun ein neues Moped her, wird aber vom Finanzminister nicht bewilligt. Was tun? Tunen? Ja, aber nur wenn der Rahmen finanziell überschaubar bleibt. Und die Haltbarkeit des Triebwerks soll nicht angetastet werden, also bleibt der Motor zu, nur an der Peripherie wird geändert.
Hierfür bietet sich der Power Commander an. Natürlich nur bei Motorrädern mit Einspritzung, alle Vergasertypen dürfen sich auch weiter mit Düsen und Nadeln beschäftigen. Mit dem Power Commander läßt sich die Einspritzung des Motorrades beeinflussen, indem man Maps (Tabellen, die z.B. Krafstoffmegen bei bestimmten Drehzahlen vorgeben) verändert oder sich von Micron Systems, Tel. 0911/93674-16, von denen wir den Power Commander 3 USB für 349 Euro bezogen haben, fertige Maps aufspielen läßt.
Soweit die Theorie. Wir wollten aber wissen, was dabei wirklich hinten rauskommt und haben die CBR zu Honda Schreiber, Tel. 04281/8555, nach Zeven gebracht, die für uns, begleitet durch etliche Prüfstandsläufe, die Installations- und Programmierarbeit übernommen haben. Zur Vergleichbarkeit mußte die CBR ihre Serienleistung offenbaren. Zudem haben wir in den Prüfstandstabellen (unten) noch den Wert bei 8000 U/min hervorgehoben, da sich die CBR bei flotter Landstraßenfahrt in diesem Fenster bewegt, hier also die Leistung besonders entscheidend ist.
Positiv ist dabei die CBR im Originalzustand aufgefallen. Drückt sie doch 107,7 PS bei 12088 U/min auf die Rolle (Diagramm links). Da es sich bei der Leistungsangabe um Kupplungswerte handelt, sind die im Schein angegeben 110 PS realistisch, da sie auf der etwa 2% höheren Kurbelwellenleistung basieren. Bei 8000 U/min liefert der Motor hier 68 PS. Auffällig ist an der Leistungskurve die Delle zwischen 7500 U/min und 9000 U/min, die auch im Fahrbetrieb zu spüren ist. Zudem wird die Höchstleistung deutlich, nämlich 1000 U/min, vorm Erreichen des Begrenzer abgegeben, ist so nicht ideal.
Im nächsten Schritt wurde in den Kabelbaum der Power Commander installiert, der bewußt mit einer Map für das Serienmotorrad angefordert wurde. Zwar steigt die Spitzenleistung etwas auf 108,5 PS bei 12100 U/min, die Leistungskurve wird aber welliger (Diagramm Mitte). Deutlich zu sehen bei 8000 U/min, wo nur noch 67 PS vorhanden sind. Schon an diesen beiden Messungen läßt sich festmachen, daß nur mit einem Power Commander keine große Mehrleistung zu gewinnen ist. Notwendig wäre jetzt eine Anpassung der vorhandenen Maps, um eine Steigerung zu erreichen. Dies kann entweder direkt am Power Commander 3 USB vorgenommen werden, deutlich einfach ist aber die Einstellung per Laptop, die dank der USB-Schnittstelle problemlos klappt.
Daß der Power Commander aber trotzdem zur Leistungsfindung nicht verkehrt ist, zeigt das letzte Leistungsdiagramm (rechts). Als Grundlage kamen hier noch weitere Tuningteile zum Einsatz. Der Luftfilter ist nun von K + N, und die Ansaugstutzen sind aus dem Hause HRC (Honda Racing Cooperation), die dem Autor bei einem Internetauktionshaus über den Weg liefen. Ansonsten wären für die vier Alu- Ansaugstutzen gut 450 Euro über den Tresen gewandert. Und auch der Auspuff wurde gegen einen E-geprüften Zubehörschalldämpfer gewechselt.
Nach einigen Versuchen auf dem Prüfstand und einigen Map-Änderungen fand das Team um Jörg Schreiber fast 10 PS mehr als im Serienzustand. Bei 12746 U/min stehen nun 116,1 PS an, das Drehmoment stieg um vier Nm auf 70 Nm im Vergleich zur Anfangsmessung und, was noch viel wichtiger ist: Die Leistungskurve wurde glatter und gleichmäßiger. Auch beim zweiten Vergleichswert bei 8000 U/min liegen nun mit 72,5 PS etwa 4,5 PS mehr an als am Anfang. Zwar ist die Leistungskurve im Bereich zwischen 11000 und 13000 U/min von einem leichten Knick gekennzeichnet, jedoch fällt dieser weit weniger im Fahrbetrieb ins Gewicht als der vorher vorhandene Leistungshügel. Die CBR dreht nun fast bis zum Begrenzer aus, die Leistung ist dadurch im oberen Drittel besser dosierbar. Auch wenn eine Verschiebung der Leistung, wie hier gezeigt, im gesamten Drehzahlbereich um ungefähr 4-7 PS nach oben keine Welt ausmacht, wirkt die CBR im Fahrbetrieb deutlich geschmeidiger. Zum einen, weil das Loch zwischen 7000 und 8500 U/min deutlich abgemildert werden konnte, zum anderen, weil der Motor zumindest im oberen Drehzahlbereich viel sensibler anspricht und in den unteren Gangstufen freier ausdreht.
Als kleinen Nachteil hat sich die nun verschlechterte Gasannahme im unteren Drehzahlbereich bis etwa 6000 U/min herausgestellt. Dies wird vornehmlich an den deutlich kürzeren HRC-Ansaugstutzen liegen, die mit ihrer Auslegung auf Höchstleistung dem sanften Ansprechen in diesem Drehzahlbereich entgegen stehen. Außerdem ist dieser Umbau natürlich nur für den Rennbetrieb gedacht, da durch die Veränderung der Abgaswerte die ABE des Motorrades erlischt.
Insgesamt konnte der Power Commander 3 USB, gerade wegen der letzten Messung, überzeugen. Denn nur so lassen sich verschiedene Motortuningmaßnahmen sinnvoll aufeinander abstimmen und führen dann zu mehr Leistung. Deutlich wird aber auch, das Leistung nicht so einfach zu finden ist und, wie in diesem Fall, einiges an Abstimmungsarbeit erfordert. Die reinen Teilekosten, die für diesen Umbau angefallen sind, belaufen sich zwar nur auf etwa 700 Euro, darin ist aber noch kein Prüfstandslauf und keine aufwendige Abstimmung enthalten. Denoch dürfte die Differenz zum anfangs geäußerten Neukauf immer noch groß genug bleiben, um sich mal an das Thema Motorradtuning heran zu wagen. Und fragen kann man beim Motorradhaus Schreiber, www.honda-schreiber.de, ja mal, denn das kostet nichts.