Die Poliscan Blitzgeräte waren schon öfter in der Kritik. Erneut gab es jetzt Ärger mit der Auswertung von Bildern. Prüft aufmerksam eure Bußgeldbescheide…

 

 

 

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aus Kradblatt 12/14 – Rechtstipp

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Poliscan-Blitzer erneut in der Kritik
Bußgeldbescheide aufmerksam prüfen,…

 

Das Jahr neigt sich dem Ende zu und es sind nur noch wenige Monate bis zum Saisonbeginn. Da unsere Verkehrs­überwachung in den nächsten Jahren aufgrund maroder Staatskassen weiter zunehmen wird, ist auch im kommenden Jahr damit zu rechnen, dass die Geschwindigkeitsmessungen rapide zunehmen werden. Die Messgeräte werden immer komplizierter und die meisten Hersteller verwehren sich Interna über ihre Messgeräte preiszugeben. Die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Messungen im Straßenverkehr sind mehr denn je gefragt, die komplizierten Messvorgänge auf ihre Ordnungsgemäßheit zu überprüfen.
Das Geschwindigkeitsmessgerät PoliscanSpeed stand in der Vergangenheit mehrfach in der Kritik. Die Herstellerfirma Vitronik hat immer wieder die Software des Messgerätes verändert, nachdem es zu Problemen kam.

Das Gerät misst in einer Entfernung von etwa 20 bis 50 Metern das Fahrzeug, errechnet einen Mittelgeschwindigkeitswert und fertigt ein Foto, wenn der eingestellte Bildauslösewert überschritten wird. Das Foto wird folglich erst nach der Messung gefertigt. Das hat anfänglich dazu geführt, dass aufgrund der zeitlichen Verzögerung nicht ausgeschlossen werden konnte, dass nachfolgende Fahrzeuge fotografiert wurden, die die Geschwindigkeit nicht überschritten hatten. Die Herstellerfirma änderte daraufhin die Software und führte kürzere Fotosauslösezeiten ein.

Es kam daraufhin zu Problemen mit der Höhe des Auswerterahmens, der von der Bußgeldbehörde mittels einer Software auf das Foto gesetzt wurde und genau einen Meter hoch sein muss. So stand es in der Bedienungsanleitung, die von der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB) zugelassen war. Oftmals wurde diese Höhe nicht erreicht. Die Messung war folglich nicht ordnungsgemäß. Die Herstellerfirma änderte daraufhin die Bedienungsanleitung.

Vereinzelt haben Gerichte dann kritisiert und die Betroffenen freigesprochen, da die Herstellerfirma die Messdaten immer noch nicht freigeben wollte und die Sachverständigen die Messung nicht vollständig auf die Ordnungsgemäßheit überprüfen konnten. Dies führte jedoch nicht dazu, dass die Firma Vitronik ihr Geheimnis um die genaue Funktion des Gerätes preisgab. Offensichtlich ist die Angst vor Nachahmern zu groß. Die Oberlandesgerichte schreckte dies jedoch nicht ab. Sie übergingen dieses Problem und sprachen von einem sogenannten standardisierten Messverfahren, das nicht bis ins Detail überprüft werden muss.

Es scheint so, als wenn die Pro­bleme und Ungereimtheiten um dieses Gerät nicht abreißen, denn das Amtsgericht Bremen hat in einem Urteil vom 04.08.2014 (Geschäftsnummer 88 Owi 640 Js 2905/14 (20/14) einen Betroffenen der Geschwindigkeitsüberschreitung freigesprochen, nachdem ein Sachverständiger die Messung überprüft und Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Messung geäußert hatte. Der Sachverständige bemerkte bei der Auswertung der Messung, dass der auf dem Foto abgebildete Auswerterahmen nicht von der geeichten Software des Messgerätes, sondern von einem sogenannten Tuff-Viewer erzeugt wird. Es handelt sich hierbei um eine weitere Software, die nicht geeicht ist.

Bisher waren alle davon ausgegangen, dass der Auswerterahmen von der geeichten Software des Messgerätes erzeugt wird. Der Sachverständige kam zu diesen Feststellungen, da er in einem anderen Verfahren die Messung überprüfte und feststelle, dass die Auswerterahmen bei der aktuellen Version des Tuff-Viewers 3.45 und der älteren Version des Tuff-Viewers 3.38 unterschiedlich ausfielen. D.h. bei ein und derselben Messung werden unterschiedliche Auswerterahmen erzeugt. Da kann doch etwas nicht mit der Messung stimmen!
Der Sachverständige forderte, dass auch der Auswerterahmen von einer geeichten Software generiert wird.
Das Amtsgericht Bremen überzeugten die zutreffenden Ausführungen des Sachverständigen, obwohl die PTB das völlig anders sieht.

Die Position des Auswerterahmens ist für die gerichtliche Entscheidung über die Verwertbarkeit oder Unverwertbarkeit der jeweiligen Messung maßgeblich. Dies setzt aber voraus, dass diejenige Software, die den Auswerterahmen erzeugt, nach wissenschaftlich anerkannten Kriterien geeicht ist, so das Amtsgericht Bremen. Das Amtsgericht Bremen kam letztendlich dazu den Betroffenen freizusprechen.

Dieses Urteil führt hoffentlich dazu, dass die Gerichte die Messung mit dem Messgerät Poliscan genauer überprüfen und die Herstellerfirma die Interna des Messgerätes preisgeben muss.