aus bma 09/01
von Christian Gasau
In diesem Jahr sollte es mit meiner BMW R 1100 RS wieder nach Norwegen gehen, denn, wer einmal diese überwältigende Natur gesehen hat, den lässt sie nicht mehr los. Es fanden sich noch fünf weitere Teilnehmer: Bernhard (K 1100 RS), Jürgen (K 1100 RS), Wolfgang (ST 1100), Hannes (F 650) und Wolfgang (R 1100 RT).
Der 1. Juli war der Tag unserer Abfahrt. Da die gerade fertiggestellte Øresund-Brücke an diesem Tag eröffnet werden sollte, trafen wir uns morgens an einer Tankstelle in Grossenbrode, um sie von dort zu überqueren. Nach dem Volltanken erfuhren wir dann aber leider, dass die Brücke erst gegen 23.00 Uhr für den Verkehr freigegeben werden sollte.
Gezwungenermaßen änderten wir unsere Fahrtroute und fuhren über Puttgarden mit der Fähre nach Rødby in Dänemark. Dort angekommen überfiel uns der erste Regenschauer. Nach einer Kakaopause auf Farø fuhren wir durch bis Helsingør, um von dort aus mit der nächsten Fähre nach Helsingborg in Schweden zu gelangen. Danach ging es auf der E4 ins Landesinnere und Richtung Stockholm. Gegen 17.30 Uhr erreichten wir Värnamo – unser erstes Etappenziel – und bezogen unsere Zweibettzimmer im „Värnamo Vandrerhejm” mitten im Ort.
Ein Vandrerhejm ist vergleichbar mit einer Jugendherberge bei uns. Man hat ein Bett, Dusche, Toilette, ein Superfrühstück und – wenn man will – auch gleich Kontakt zu den Leuten. Die Unterkünfte, alle der gleichen Art, habe ich vorher problemlos übers Internet gebucht.
Am nächsten Tag setzten wir unsere Tour gegen 9.00 Uhr fort. Wir fuhren entlang des Vättern Richtung Jönköping nach Hjo. Danach ging’s über Karlsberg zum Vännern. Nach einem kurzen Wolkenbruch war das Wetter für den Rest des Tages einfach super. Wir folgten jetzt dem Göta-Kanal bis Sjörtorp. Dort machten wir eine größere Pause und besichtigten die Schleusen. Unsere letzte Etappe an diesem Tag führte uns nach Karlstadt, einer größeren Industriestadt am nördlichen Ende des Vännern. Hier bezogen wir unsere Unterkunft – etwas abseits des Zentrums.
Nach überstandener Nacht sollte es nun nach Norwegen gehen. In Arvika gaben wir unsere letzten Schwedenkronen aus, und 30 Kilometer später erreichten wir die Grenze. In Norwegen orientierten wir uns nach Hamar, wo das Vikingskipet – eine gigantische Olympiahalle in Form eines umgedrehten Wikingerschiffes – liegt. Die Besichtigung für 20 Norwegische Kronen lohnt sich auf jeden Fall. Dann ging’s nach Lillehammer, wo wir uns die Olympiastadt ansahen. Das Biathlonstadion und die Sprungschanzen hinterließen einen bleibenden Eindruck. Das Vandrerhejm befindet sich im Bahnhof von Lillehammer. Hier merkten wir, wie weit im Norden wir uns befanden – um 24.00 Uhr war es immer noch nicht dunkel.
Am nächsten Morgen brachen wir Richtung „Peer-Gynt-Vegen” auf. Mit einem letzten Blick auf Lillehammer ging es über den Binnensee Mjösa in die Einsamkeit. Der „Peer-Gynt-Vegen” ist ein mautpflichtiger, 50 Kilometer langer Schotterweg. Hier wird einem richtig bewusst, dass man sich fernab jeglicher Zivilisation in karger Vegetation befindet. Vorbeifahrende Autos haben hier Seltenheitswert. – Norwegen pur !!!
Anschließend fuhren wir wieder Richtung Lillehammer nach Vinstra. Auf unserem Weg sahen wir dann in Ringebu die erste Stabkirche, die aufgrund ihrer Bauart sehr bekannt ist. Da es bereits wieder zu regnen anfing, entschlossen wir uns nach der Besichtigung der Kirche nach Andalsnes zu fahren. Dorthin gelangten wir durch das fruchtbare Gudbrandsdalen und Dombas, wo wir eigentlich eine Pause machen wollten. Da dort aber zu viel los war, setzten wir unsere Fahrt zum 100 km entfernten Andalsnes fort. Dieser Weg führte durch eine faszinierende Berg- und Flusslandschaft mit vielen großen und kleinen Wasserfällen. Später stiegen direkt an der Straße Berge 600-700 Meter steil auf, die auf ihren Gipfeln noch schneebedeckt waren. Wenn man da so durchfährt, kommt man sich – überwältigt von dieser Landschaft – richtig winzig vor. Um 18.00 Uhr kamen wir schließlich in Andalnsnes an und bezogen unsere Unterkunft.
Der folgende Tag sollte aufgrund der Strecke und Dauer der anspruchsvollste werden. Wir fuhren eine viertel Stunde bis wir die Trollstiegen erreichten. Nach elf Spitzkehren hatten wir etliche Höhenmeter zurückgelegt. Von einer Aussichtsplattform bestaunten wir die beeindruckende Umgebung, die von zweieinhalb Meter hohen Schneewänden begrenzten Straßen. Danach fuhren wir hinunter zur Fähre am Nordalsfjorden, wo wir nach Eidsvoll übersetzten. Dort ging es dann gleich wieder mehrere Meter hoch in die Berge. Über zahlreiche Kurven und Serpentinen erreichten wir schließlich auf der anderen Seite der Berge den Geirangerfjord. Wir durchquerten das touristenüberfüllte Geiranger und gelangten über den Adlerweg schließlich zum Dalsnibba – dem höchsten Punkt unserer Reise (1478 Meter). Hier erwartete uns eine einzigartige Aussicht über den Wolken.
Durch fast unwirklich wirkende Landschaft gelangten wir nach Lom und besichtigten dort das Jotunheimen, die Heimat der Riesen. Dann ging es auf freigefrästen Straßen – vorbei am Smörstadsbreen und Skilangläufern und über diverse Serpentinen – nach Skjolden. Die letzten 55 km fuhren wir entlang dem Sognefjord, bevor wir Sogndal erreichten – unser heutiges Etappenziel.
Um am nächsten Tag auf einer kurzen Etappe nach Bergen zu gelangen, fuhren wir morgens zur Fähre nach Hella und nach der Überquerung des Fjords weiter Richtung Voss. Es regnete, und in den Bergen erreichte das Thermometer mit 3°C seinen bisherigen Tiefpunkt. Nach einer Pause hinter Voss fuhren wir durch unzählige Tunnel nach Bergen und dort gleich zu unserer Unterkunft. Bergen ist außer an Sonntagen mautpflichtig. Da es abends nicht regnete, gönnten wir uns ein paar Stunden im Zentrum – mit Fischmarkt, Brüggen und Flojen.
Richtung Hardangervidda ging es am darauffolgenden Tag. Danach fuhren wir entlang des Hardangerfjordes nach Kvandal zur Fähre. Utne wurde passiert und nach etwa 60 km erreichten wir Odde am Sorfjord. Unten am Fjord wuchsen Erdbeeren, Kirschen und anderes Obst, während nur 200-300 Meter höher noch Schnee lag. Nach einer Kaffeepause fuhren wir weiter – vorbei an Seen und Wasserfällen und schließlich wieder in die Berge. Nach einem Spiraltunnel und einigen normalen Tunneln erwartete uns wieder Eis und Schnee und nach zahlreichen Serpentinen talwärts wurde es dann auch wieder warm. Auf Nebenstraßen ging es weiter zu unserem heutigen Ziel, Rjukan, eine kleine Industriestadt im Tal, wo man ein halbes Jahr lang die Sonne nicht sieht.
Unser vorletzter Tag führte uns in die Hauptstadt Oslo. Nun ging’s jedoch erst mal den Hausberg Rjukans, den Gausta, hinauf. Von 100 auf 1260 Meter brauchten wir nur 15 Minuten. Von Moos und Flechten abgesehen gibt es dort oben keine Vegetation. Wieder im Tal erreichten wir, über Toddal und Sauland, Heddal. Hier steht die wohl schönste Stabkirche Norwegens. Nach ihrer Besichtigung fuhren wir dann schließlich nach Oslo. In der Hektik der Großstadt fanden wir nachher am Strand unsere Unterkunft und fuhren etwas später mit dem Bus ins Zentrum Oslos. Das Rathaus, Ackerbrygge und Festung sowie Schloss, Karl-Johans-Gate und einige andere Sehenswürdigkeiten wurden besichtigt, später gingen wir ins „Fridays” zum Biertrinken. Das „Fridays” ist eine Kneipe mit amerikanischem Flair, in der abends Bikertreff ist.
Langsam aber sicher nahm unsere Norwegentour ihr Ende. Nach dem Frühstück fuhren wir zum Colorline-Terminal. Dort angekommen setzten wir uns noch mal ans Wasser und ließen bei einem letzten Kaffee das Gewesene Revue passieren. Etwas später fanden wir uns dann beim Festzurren unserer Maschinen auf der „Kronprinz Harald” wieder. Auf dem Sonnendeck genossen wir beim Bier den schönen Blick auf Oslo. Schließlich liefen wir – eskortiert von vielen kleinen Booten – aus dem Oslofjord in Richtung Heimat aus.
Gegen 10 Uhr morgens waren wir zurück in Kiel – und wurden von Regen begrüßt. Zehn traumhafte Tage waren schon vorbei. Ein wenig wehmütig aber auch erleichtert, wieder zu Hause zu sein, muss ich sagen, dass sich dieser Trip mal wieder voll gelohnt hat.
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