EbbeNicht gerade New York, Rio, Tokio aber vier Länder und 2700 km in 7 Tagen mit 2 Suzuki Bandit 1200. Eine kleine Motorrad-Rundreise mit Stadtbesichtigungen durch die Niederlande, Belgien, Frankreich und England …

aus Kradblatt 11/15
von Ralf Löser

Nicht gerade New York, Rio, Tokio
aber vier Länder und 2700 km in 7 Tagen mit 2 Suzuki Bandit 1200

 

los gehtsSeit vielen Jahren schaffen wir es, jedes Jahr zusammen eine Motorradtour zu gestalten und durchzuführen. Die letzten Touren machten wir zu dritt, was auch gut klappte. Dieses Jahr gingen wir zu zweit auf die Reise. Wir einigten uns früh auf Amsterdam als erste Etappe. Das weitere wird vor Ort entschieden. Also egal, wohin es geht, zuerst nach Amsterdam. So war es möglich, über HRS die erste Übernachtung zu buchen. Am 23. Juli sollte es losgehen, am 30. Juli wollten wir zurück in Hamburg sein.

Also Treffen bei mir zum Frühstück vor der Abfahrt. Dann auf die Bahn Richtung Bremen. Über Oldenburg rein nach Holland. An Groningen vorbei auf den Damm, welcher das IJsselmeer von der Nordsee trennt. Das Wort Meer hat in den Niederlanden die Bedeutung von Binnensee. Dieser durch Eindeichung künstlich entstandene Süßwassersee ist der größte See der Niederlande.

EbbeDa es sehr warm war, suchten wir eine geeignete Stelle zum Baden. Da wir nicht fündig wurden, fuhren wir gleich weiter nach Egmond aan Zee. Den Strand dort kannten wir schon. Also Klamotten aus und rein in die Nordsee. Was für ein nettes Gefühl. Wir waren erst gegen 17:30 Uhr dort, und der Strand leerte sich schon. Der Sand war teilweise richtig heiß. Christoph spendierte noch ein Eis. Was will man mehr? Dann fuhren wir rein nach Amsterdam.

Wir hatten ein paar Ausdrucke von Google Earth als Orientierung, zum Schluss fragten wir uns durch und bezogen die Zimmer. Nach dem Duschen gingen wir in die Stadt. Amsterdam ist wirklich schön. Dies wird jeder bestätigen können, der schon dort war. Wir besichtigten einige Coffee Shops, natürlich nur, um dort eine der berühmten holländischen Kaffeesorten zu probieren. Ein Restaurant folgt dem nächsten, und so setzten wir uns an einen Tisch, um den Hunger zu stillen. Dann noch ein wenig Häuser und Straßen, Grachten und Blumen bestaunen, um später im Hotel eine ruhige Nacht zu verbringen. Die Hotelbewertungen in HRS entsprachen dem, was wir erleben konnten.

AmsterdamDa meine Tochter zur Zeit in Paris wohnt, rief ich sie an und bat sie, uns ein Zimmer in Paris zu buchen. Das hatte den Vorteil, wir wussten, wohin und hatten so mehr Zeit für den Tag und die Fahrt.

Vor der Tour hatte ich schon meinen Wunsch angedeutet, das Atomium in Brüssel sehen zu wollen. Christoph war einverstanden und wir machten uns auf den Weg nach Brüssel. Nun ist dies nicht gerade eine Kleinstadt. So rund 170.000 Menschen leben dort. Wir fragten einmal nach dem Weg und uns wurde die richtige Richtung gewiesen. Da das Atomium 102 Meter hoch ist, kann man es auch von weitem erkennen. Wir parkten am Fuße der Anlage. Da es für mich der erste Besuch dort war, kaufte ich mir eine Eintrittskarte und lief ein wenig durch die Kugeln. Es besteht aus neun Kugeln mit je 18 Metern Durchmesser, von denen sechs begehbar sind. Das Atomium wurde zur Expo 1958 gebaut. Es stellt mit neun Atomen die kubisch-raumzentrierte Elementarzelle einer Eisen-Kristallstruktur dar. Allerdings in 165-millardenfacher Vergrößerung. Im Inneren sind weitere Details zum Bau selbst und auch Ausstellungen zu sehen. Doch wir wollten nach Paris.

Atomium in BruesselParis ist kaum zu verfehlen und schon von ganz weit weg ausgeschildert. Gegen 19 Uhr trafen wir dort ein. Es war unglaublich viel Verkehr und dieser schien sich in jede Richtung zu stauen. Die Mopedfahrer genießen jedoch einige Vorrechte im Verkehr. Und die PKW Fahrer akzeptieren es auch. So brauchten wir nur ca. fünfmal fragen, bis wir vor dem Hotel standen. Wir trafen uns dann noch mit Nora. Sie warnte schon im Voraus, dass Paris nicht unbedingt das preiswerteste Vergnügen sei. 12 Euro für ein Guinness war der absolute Spitzenwert, den ich jemals für ein Bier bezahlte. Nur Island liegt auf ähnlichem bis höherem Niveau. Aber egal, wann ist man schon mal dort? Wir halt selten.

Unsere Reiseplanung sah eine Weiterfahrt am nächsten Tag vor. Wir entschieden uns, im Hotel nach einer weiteren Nacht zu fragen, um zumindest ein wenig von Paris zu sehen. Die erste Nacht kostete 70 Euro, die zweite sollte 85 kosten. Na gut, damit hatten wir nicht gerechnet, aber wir verlängerten.

Am EifelturmFreitag führte Nora uns erst zum Eiffelturm. Ich selbst sah ihn zum ersten Mal mit eigenen Augen. Bis zur zweiten Plattform auf 115 Meter Höhe konnte man die Treppen aufsteigen. Ganz nach oben geht es nur mit dem Lift, und die Schlange an der Kasse war sehr, sehr lang. Um die Karte für die Treppen zu kaufen, brauchte ich nur 10 Minuten anzustehen. Der Blick von der zweiten Plattform über Paris in alle Richtungen ist den Aufstieg wert. Als Mopedfahrer sitzt man ja auch die längste Zeit. Da tut die Bewegung gut. Der Turm wurde 1887–1889 gebaut. Anlässlich einer Weltausstellung in Paris. Doch was wiegt so ein Turm? Die reine Stahlkonstruktion hat eine Masse von 7300 Tonnen.

Dann ging es an der Seine zu Fuß weiter. Die Gegend um den Fluss ist voller Sehenswürdigkeiten. Wie zum Beispiel dem Arc de Triomphe. Er ist Teil einer „historischen Achse“, einer Reihe von Straßen und Bauwerken. 12 Avenuen gehen sternförmig von diesem Triumphbogen aus. Paris steht voll mit interessanten Bauwerken. Wir sahen noch den Palais Royal, die Pyramide, den Obelisk von Luxor und vieles mehr. Einfach so durch die Gegend zu laufen ist toll.

Als wir eine Pause auf einer Parkbank machten, kam ein Passant vorbei. Er bückte sich und fand einen goldenen Ring. Den schenkte er Nora. Und wünschte uns einen schönen Tag. Ich fragte mich, was dies sollte? Er kehrte nach wenigen Schritten um und bat mich um eine Spende. Wir gaben ihm den Ring zurück. So einer aus purem Gold ist bestimmt viel wert. Er zog weiter und neben dem nächsten Passanten bückte er sich, um den Ring erneut zu finden und zu verschenken. Interessante Taktik. Nora meinte noch, wenn man aufgefordert wird, Petitionen zu unterschreiben, kann es vorkommen, dass Menschen versuchen, einem in diesem Moment etwas zu entwenden. Ist ja schade, weil es so schwierig wird auf der Straße Unterschriften für eine gute Sache zu bekommen.

Paris von obenWährend der Fahrt nach Paris hatte ich ein ähnliches Erlebnis. An einer Autobahnraststätte hielt ein schicker PKW neben mir. Der Fahrer fragte mich aus dem Wagen heraus, ob ich Englisch verstehe. Dann erzählte er mir eine tolle Story. Er sei Ire. Seine Papiere wären ihm gestohlen worden, er hätte schon mit der Botschaft gesprochen, die ihm auch nicht schnell helfen könne, seine Kreditkarten hätte er gesperrt, seine Frau ist schwanger und er muss zurück nach Irland. Dafür braucht er aber Bargeld. Er würde mir alle Sicherheiten geben, die ich haben möchte. Doch, ich war schon beeindruckt, wünschte ihm eine Gute Reise und ging weiter.

So konnten wir einen Tag lang Paris bewundern. Auch ein paar Stunden dort sind lohnenswert. Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg nach Calais. Wir hatten schon vor der Reise einen Abstecher nach England erwogen. Laut Internet kostete die Überfahrt ca. 25 Euro pro Moped. Als wir am Ticketcounter die Überfahrt buchten, waren es über 60 Euro. Ich fragte, warum dies doch viel teurer als angekündigt sei? Der günstige Preis gilt nur bei Vorausbuchung, war die Antwort. Na gut, also rauf aufs Boot. Moped festschnallen und die Überfahrt genießen.

Blick vom EifelturmNach 90 Minuten standen wir dann in Dover. In der Touristinfo fragte ich nach einem Hotel. Es war gerade Ferienbeginn in England und alle Hotels in der Umgebung waren ausgebucht. Die gute Dame rief ca. 10 Hotels an. Erst in Folkestone, 10 Meilen entfernt, waren zwei Zimmer zu bekommen, allerdings 120 Pfund each (also pro Person). Na gut, bevor wir draußen schlafen, nahmen wir es. Es lag nahe der Küste. Die Landschaft war einfach toll. Die Häuser sahen alle aus wie frisch renoviert. Das Hotel Burlington selbst ist auch ein beeindruckendes Gebäude. Die Zimmer entsprachen den Erwartungen. Wir bezogen sie und machten uns zu Fuß auf, die Gegend zu erkunden.

Den Weg an der Küste durch die park­ähnliche Gegend genossen wir. In der Stadt gab es ein Bier. 7,20 Pfund für zwei Getränke schien uns OK. Nach Paris scheint plötzlich fast alles preiswerter. Wir gingen bis zum Hafen der Stadt. Es war Ebbe und ca. 100 Schiffe ruhten gemütlich auf den Grund. Ein ungewöhnlicher Anblick. Es sah fast aus, als wenn die Besitzer die Gezeiten vergessen hatten. Am Strand ging es zurück zum Hotel. Da dort gerade eine Hochzeitsfeier stattfand, durften wir dieser bis 3 Uhr lauschen. Also waren wir am nächsten Morgen nicht ganz so ausgeruht wie gehofft.

Kunsthotel Brighton Wir beschlossen, nur noch 100 km weiter nach Brighton zu fahren, welches uns ein lohnendes Ziel schien. Die Fahrt an der Südküste war nett. Sie führte durch viele kleine Orte. Die Tourist­info in Brighton war nicht aufzufinden. Mittels WLAN in einem Kaffee fanden wir jedoch ein Hotel, welches noch zwei Zimmer frei hatte. Dass Brighton so total überfüllt war, hätte ich nicht erwartet. Der Stand war voller Menschen und auf den Straßen stand der Verkehr. Wir bezogen unsere Zimmer und erkundeten die Stadt zu Fuß. Wir gingen auch auf den berühmten Brighton Pier. Dies ist eine Anlage, welche sogar eine eigene Webseite hat (www.brightonpier.co.uk). Der Pier wurde in seiner ursprünglichen Form schon 1823 gebaut. Auch Brighton bietet viele Dinge, die einen Besuch wert sind.

Als wir am nächsten Morgen aufbrechen wollten, goss es wie aus Kübeln. Die Straße verwandelte sich teilweise in einen kleinen Bach. Aber nach zwei Stunden fuhren wir los, um den Regen nach einer Stunde Fahrt wieder einzuholen. Na ja, man ist nicht aus Zucker. Also weiter nach Dover, wo wir uns Tickets für die Fähre besorgten. Der Weg zurück kostete 40 Pfund. Also nicht so viel wie die Hinfahrt.

DoverWir hatten ein Zimmer in Brügge bestellt. Als wir dort angekommen an einer Infotafel hielten, um den Weg zu finden, sahen wir, die Straßen in Brügge sind in der Form eines Irrgartens strukturiert. Fast jede Straße ist eine Einbahnstraße. So gab es keinen direkten Weg zum Hotel. Gefühlte 25 verwinkelte Straßen später standen wir endlich vor dem Hotel. Einen speziellen Parkplatz für Motorräder gab es zum Glück. Wir verstauten das Gepäck im Hotel (fast im Zentrum gelegen) und parkten die Fahrzeuge. Dann genossen wir den Gang durch die Stadt.
Ich habe selten so ein pittoreskes Bild einer Stadt bewundern dürfen. Zu Recht wurde im Jahr 2000 der mittelalterliche Stadtkern von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt. Schon im Jahr 1128 erhielt Brügge das Stadtrecht. Die alten Gebäude, die Sehenswürdigkeiten wie der alles überragende Belfried, die Grachten, die alten Straßen, Kirchen und auch die Pferdekutschen schafften eine dichte kulturelle Atmosphäre. Einen Besuch der Stadt halte ich für sehr empfehlenswert. Am Abend sind kaum PKW unterwegs, und die Fußgänger und Kutschen haben die Straßen für sich.

Grachten in BrueggeFür den nächsten Tag nahmen wir uns die Fahrt nach Amsterdam vor, um uns dort für die letzte Nacht des Urlaubs ein Hotel zu suchen. Ich rief bei dem Hotel an, in welchen wir die erste Nacht verbrachten. Die hatten kein Zimmer mehr frei, gaben mir jedoch die Nummer eines weiteren Hotels, welches uns die Möglichkeit zur Übernachtung bot. Sicher nicht ganz zufällig war es nur 100 Meter von dem Hotel entfernt, welches wir kannten.
Nach einer ruhigen Nacht in der schönen Stadt Brügge machten wir uns auf den Weg nach Amsterdam. Die 250 Kilometer waren schnell erledigt, da wir Autobahnen benutzen. Wir bezogen das Zimmer und machten uns auf, noch mehr von Amsterdam zu entdecken. Diese vielfältige und bunte, aber gleichzeitig beschauliche Metropole mit den so verschiedenen, meiner Meinung nach sehenswerten, Straßen, Grachten, Geschäften, Künstlern, Brücken und den rund 800.000 Einwohnern bietet so viel.

Am nächsten Tag stand nur noch die Rückfahrt nach Hamburg auf dem Plan. Die knapp 500 km waren locker zu schaffen. Gegen 18 Uhr trafen wir in HH ein, voller Eindrücke und Bilder, die sicher noch ein wenig haften bleiben. Insgesamt sind wir 2700 km gefahren. Da genug Zeit zur Verfügung stand, war die Tour eine gute Balance zwischen Moped fahren und Sightseeing. Klar, New York, Rio und Tokio wären weiter gewesen, aber mit dem Krad nicht problemlos zu schaffen. Und bis auf England brauchten wir uns um die Zahlungsmittel keine Gedanken zu machen. Europa sei Dank. Dank auch an Wikipedia, welches einige Zahlen beitrug.