Ausprobiert in Kradblatt 6/19, von Marcus Lacroix

Feintuning an der Windschutzscheibe

Tolle Variationsmöglichkeiten beim Honda X-ADV mit der MRA VTM-Scheibe Eine Frage, die bei Verkleidungsscheiben für Motorräder ebenso oft auftaucht wie bei Helmen ist wohl diese: „Ist die auch leise?“. Und wie bei Helmen lautet die Antwort meistens: „Es kommt darauf an“. Damit ist dem Fragesteller natürlich selten geholfen und oft genug führt es zu Enttäuschungen.

Also holen wir mal kurz aus: Durch den Fahrtwind bzw. die Verwirbelungen die er erzeugt, entstehen Geräusche. Die sind bei einem Supertourer mit hoher Scheibe, wie z.B. einer Honda GoldWing, im besten Fall kaum wahrnehmbar, da sie über den Fahrer hinweg geleitet werden. Auch Naked-Bike Fahrer sind oft fein raus, wenn der Helm glatt im Fahrtwind liegt. Hier kommt es dann maßgeblich auf die Aerodynamik des Helmes an, ob er als leise bzw. ohne Gehörschutz als erträglich empfunden wird. 

Jede Form von Windschutz verändert die Anströmung und so kann es je nach Fahrergröße, Sitzposition, Helm und Geschwindigkeit bisweilen unerträglich laut werden oder durch Turbolenzen, die niederfrequente Vibrationen auslösen, bei längeren Touren sogar Kopfschmerzen entstehen. Da kommt am Stammtisch und in Foren schnell die Frage nach einer anderen „besseren“ Scheibe auf. Und während einer auf Modell xyz schwört, ist es für den anderen der letzte Müll (Grund: siehe oben). Daraus schlussfolgern wir: Die für jeden ideale Scheibe gibt es nicht und am besten wäre wohl eine verstellbare Lösung. 

Seitenansicht, MRA VTM-Scheibe am Honda X-ADV, alles auf maximal hochgestellt.Manche Hersteller bieten ab Werk schon verstellbare Verkleidungsscheiben an, aber auch die führen nicht immer zum gewünschten Ziel.

Hier kommt jetzt die Firma MRA (Motorcycle Racing Accessories) aus 79331 Teningen ins Spiel, die schon Anfang der 1980er Jahre Verkleidungen, Scheiben und Höckersitze für den Rennsport produzierte. Ende der achtziger Jahre spezialisierte sich MRA ausschließlich auf die Entwicklung und Produktion von Motorrad-Windschutzscheiben und vertreibt diese mittlerweile in über 50 Ländern weltweit. MRA ist DIN EN ISO 9001:2008 zertifiziert mit dem Zusatz KBA (Kraftfahrt-Bundesamt). 

Neben modellspezifischen Scheiben in unterschiedlichen Tönungen für verkleidete und nackte Maschinen hat MRA verstellbare Spoiler im Sortiment. Diese gibt es als Aufsatz für vorhandene Scheiben oder integriert in komplette Austauschscheiben. 

Wir konnten den universellen X-creen-Sport Aufsatz „XCSA” (84,89 € ) an einer 1998er Yamaha FZS 600 Fazer und die Austauschscheibe Variotouringscreen „VTM” (145,91 € ) an einem 2018er Honda X-ADV ausprobieren.

Die VTM-Montage bei der Honda war kinderleicht – einfach die alte gegen die neue Scheibe tauschen, ein paar Minuten Sache. 

Den XSCA Sport Aufsatz kann man klemmen oder schrauben, Montagematerial, Bohrschablone und ausführliche Anleitung liegen bei. Das ist etwas fummeliger, aber auch kein großer Akt.

Bei den Probefahrten mit unterschiedlichen Helmen stellte sich dann schnell heraus: Auch ein Spoiler macht aus einem X-ADV keine GoldWing. Der 7-fach verstellbare Spoiler der VTM-Scheibe brachte aber eine deutliche Verbesserung der Windgeräusche, da sich die Abrisskante gerade in Verbindung mit der serienmäßigen Verstellmöglichkeit passend zum Helm immer auf die geringstmögliche Geräuschbelästigung einstellen lässt. Das hat mir (176 cm klein, Helme von Schuberth, Arai, LS2 und HJC ausprobiert) sehr gut gefallen. Leider lässt sich daraus aber keine Pauschalempfehlung für alle Motorradfahrer, Helme und Motorradmodelle aussprechen. Die Verstellmöglichkeiten des Variotouringscreens am X-ADV haben wir in einem kleinen Video auf unseren YouTube-Kanal online gestellt:

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Der XSCA Sport Aufsatz konnte an der alten Fazer hingegen nicht wirklich überzeugen. Außer ein wenig mehr Windschutz ändert sich nichts. Klar, die Originalscheibe ist einfach viel zu niedrig um den Helm mit einzubeziehen und daran ändert sich auch nicht viel, wenn man den Aufsatz als Scheibenverlängerung einstellt. Um als Diffusor zu wirken, müsste erst mal eine höhere Scheibe ran – was bei der eher flachen Sporttourer-Verkleidung wiederum schwierig ist. Bei anderen Motorrädern sind Nutzer hingegen zufrieden – es kommt also wieder mal drauf an (Grund: s.o.) … 

Der XSCA Sport Aufsatz ist universell nutzbar, macht aber nicht überall SinnWie soll man aber entscheiden, ob man mit einer Spoilerscheibe bzw. einem Aufsatzspoiler eine Verbesserung erzielen kann oder nicht?

Achtet mal darauf, bei welcher hauptsächlich gefahrenen Geschwindigkeit euch die Verwirbelungen am meisten stören. Wenn möglich, probiert es mit verschiedenen Helmen. Ertastet dann während der Fahrt wie die Luftströmung vom Ende der Verkleidungsscheibe „fließt“. Macht euch auch mal ein wenig größer und kleiner (ohne dabei vor- oder zurückzurutschen). Wie verändern sich die Geräusche? Wenn sich dadurch schon eine Verbesserung ergibt, kann euch ein Spoiler helfen. Ansonsten müsst ihr nach anders geformten Scheiben Ausschau halten, ggf. auch diese in Kombination mit einem Spoiler. Auch da hat MRA verschiedene Lösungen im Sortiment. Ideal wäre es, den Windstrom entweder unterhalb des Helmes an den Oberkörper zu leiten – wobei sich natürlich der Winddruck erhöht und der Wetterschutz verringert oder ihn möglichst weit über den Helm zu führen, damit Verwirbelungen nicht stören. Das bedingt wiederum eine hohe Scheibe. Alles dazwischen braucht einen zum Bike passenden Helm …

Wenn euch jemand eine Scheibe wärmstens empfiehlt, fragt als Erstes, wie groß er ist und welchen Helm er fährt. Ein paar Zentimeter mehr oder weniger können schon jede Empfehlung zunichte machen. Ideal wäre es natürlich, wenn man eine Scheibe zur Probe fahren könnte. Da dürften sich aber wohl die wenigsten Fachhändler drauf einlassen, denn wer legt sich schon Testscheiben für x-verschiedene Modelle hin?

Wenn ihr mögt, kommentiert unten diesen Artikel mit eurer Empfehlung (Bike, Größe und Helm nicht vergessen). 

Das umfangreiche Sortiment von MRA findet ihr online unter www.mra.de. Ihr könnt dort bestellen oder über euren Motorradhändler. Der hat dann meistens auch noch ein paar Tipps auf Lager und übernimmt a. W. die Montage.