aus Kradblatt 9/20 von Maria Pretzsch
… Portrait von sich selbst

Mein Name ist Maria Pretzsch und ich bin 31 Jahre alt. Eigentlich gebürtige Thüringerin, arbeite und lebe seit fast fünf Jahren in Tirol. Die Liebe zu den Bergen hat mich nicht mehr losgelassen. Beruflich bin ich Architektin und treffe auch durch meinen Beruf immer wieder mit unterschiedlichen Leuten zusammen, die sich sehr kontrastiert mit der Thematik beschäftigen. Durch einen Radfahrer, der das Motorradfahrverbot stark befürwortet, bin ich zu meinen Gedanken gekommen.
Ihm teilte ich so ähnlich meine Worte mit (am Anfang des Gespräches wusste er nicht, dass ich auch Motorrad fahre, weil ich selbst an dem Tag mit dem Rad auf dem Berg war). Es geht mir um eine Lebenseinstellung, Hobby, Leidenschaft, Begeisterung, Teamgeist usw., was dadurch kaputt gemacht wird. Das wirtschaftlich gesehen viele Gastronomen, vor allem in Tirol darunter zu leiden haben, steht völlig außer Frage. Das merkt man jetzt schon. Am Ende teilte er meine Meinung und so bin ich dazu gekommen, es aufzuschreiben.
Es ist doch etwas länger geworden: Dies richtet sich an alle, die dem Motorradfahrverbot zustimmen, ohne zu wissen, was es für uns Biker bedeutet.
Es gibt bereits einige Artikel, Meinungen und Diskussionen zum aktuellen Thema Motorradfahrverbot. Auch ich habe mich als langjährige Motorradfahrerin gefragt, was steckt eigentlich alles dahinter. Geht es hier nur um ein paar wütende Anwohner? Oder um Naturschutz? Oder um politische Daseinsberechtigungen? Oder steckt da noch mehr dahinter? Auf diese Fragen könnte ich genau so viel sagen, wie das was man alles schon überall liest. Was ich mich frage und vielleicht stellt sich der ein oder andere auch diese Fragen, egal ob er Motorrad fährt oder nicht, darauf komme ich am Ende noch mal zurück.
Seit wann fährst du Motorrad?
Seit meiner Kindheit hab ich einen festen Bezug zum Motorradfahren. Egal ob auf Asphalt oder im Gelände. Die Leidenschaft hört bis heute nicht auf. Mein Ehrgeiz zu Fahren ist immer wieder aufs Neue gepackt und das Motorradfahren ist weit mehr als nur eine Menge Spaß haben! Ein kleines Männchen auf meiner Schulter, sagt mir, dass jedes Mal ein großes Abenteuer auf mich wartet.
Was bedeutet Motorradfahren für dich?
Das klingt für manche vielleicht ziemlich absonderlich oder verrückt. Und ja, ist es auch. Ein Gefühl oder noch besser ein Verlangen, dass man gar nicht mehr anders kann, als es dann einfach zu tun, ohne groß darüber nachzudenken. Vom Typ Mensch sollte man spontan und offen, aber auch ein bisschen verrückt sein und einfach seinem Herzen folgen. Denn wie bei so vielen Entscheidungen im Leben verlasse ich mich auf mein Herz und mein Bauchgefühl. Es lenkt mich (im wahrsten Sinne des Wortes) unheimlich viel, es steuert meine Stimmung und lässt mich jedes Mal aufs Neue über mich selbst hinaus „fahren“. Motorradfahren ist wie eine Vorstellung, es ist ein Teil von mir, ein Stück Seele, die mich fordert und träumen lässt.
Auch wenn ich sehr leidenschaftlich Motorrad fahre, füllt das Motorrad fahren nicht mein komplettes Leben bzw. Alltag aus. Es ist wichtig, dass einen viele unterschiedliche Dinge im Leben Spaß bereiten und glücklich machen. In der heutigen Zeit, kann eines der Hobbys viel zu schnell wegbrechen. Gerade bei uns Motorradfahrern. Dennoch ist das Motorradfahren für mich, wie für viele unter uns, das Sinnbild von Freiheit, Stärke und Unabhängigkeit. Durch die Leidenschaft sowie die Selbstkontrolle über sich selbst und eine Maschine, Zusammen mit der Umgebung, eins mit allem zu werden, bekommt man unheimlich viel Selbstbewusstsein geschenkt. Und als Motorradfahrer ist man schließlich einfach cooler als alle anderen. Punkt.
Was beeindruckt dich an anderen Motorradfahrern?
Generell bewundere ich bei anderen, das gemeinsame Verlangen einem Hobby nachzugehen, die gemeinsame Leidenschaft, Entschlossenheit und Positivität. Auf das Motorradfahren bezogen, schaue ich zu den Bikern auf, die authentisch, sicher und mit viel Freude am Motorradfahren unterwegs sind. Und nicht zur Selbstinszenierung nutzen. Die Knieschleifer oder Reifen können noch so bis auf den Rand abgenutzt sein, wenn man es aus reinem Gruppenzwang oder Eigendruck tut, fährt man nicht aus Leidenschaft, sondern aus Bedrängung, sich selbst gegenüber. Tolle Touren und gemeinsame Erfahrungen zu teilen, sich gegenseitig übers Motorradfahren auszutauschen, gibt einem das Gefühl von Vertrautheit. Es ist wie in einer großen Familie.
Was war deine schwierigste Challenge beim Motorradfahren?
Thema unter Druck setzen: die größte Herausforderung war mir selbst den Druck beim Fahren zu nehmen und mit mehr Genuss zu fahren. Dieser Weg hat lange gedauert. Es ist wie beim Sport, egal ob auf der Straße oder wo anders, ich wollte immer zu viel und immer mehr. Wollte genauso gut sein wie die anderen Motorradfahrer: noch schneller um die Kurve fahren oder so viel technisches Geschick haben – einfach alles im Griff haben. Doch dies führt nur zu Problemen, mit sich selbst und mit anderen. Also habe ich mich darauf konzentriert, mein eigenes Können zu respektieren. Dazu gehört auch die Kraft aufzubringen, lange Touren allein zu fahren und auch nach Fehlschlägen trotzdem wieder aufs Bike zu steigen und am Ende stolz auf sich zu sein. Seitdem fahre ich viel befreiter. Durch üben, üben und noch mal üben. Ich lasse keinen Platz mehr für Kraftspielchen mit anderen und mit mir selbst, um Freude und Unabhängigkeit beim Motorradfahren zu genießen. Denn irgendwann versteht man, dass nur 2% von uns als Rossi oder Márquez geboren werden. Alle anderen 98% der Motorradfahrer unterscheiden sich nicht in ihrem Können, sondern nur ihrer Erfahrung und ihrer Leidenschaft zum Motorradfahren.
Was war dein unvergesslichstes Motorrad-Erlebnis?
Es gibt so viele unglaublich tolle Momente, die könnte ich alle gar nicht aufzählen. Sei es in Gruppen oder alleine. Man lernt jedes Mal etwas Neues oder jemand Neues dazu. Man ist draußen in der Natur, unter Menschen, an vielen unterschiedlichen und schönen Orten. Man lernt dadurch die Welt manchmal aus einem anderen Blickwinkel zu sehen und zu entdecken. Vor allem auch mich selbst. Es ist erstaunlich, wie sehr das Motorradfahren meinen Charakter formt. Und es ist toll, diesen Weg mit anderen teilen zu können. Das ist eigentlich der schönste Aspekt.
Wie stehe ich zum Thema Motorradfahrverbot?
Darauf beziehen sich jetzt meine ganzen Gedanken, Erfahrungen und Gefühle zu den Fragen. Wie ich am Anfange geschrieben habe, komme ich am Ende darauf zurück: Denn man könnte das Wort „Motorradfahren“ genauso gut durch ein anderes Wort ersetzen. Sei es Skifahren, Fahrradfahren, Paragleiten, Klettern, Schwimmen oder, oder, oder.
Findet ihr es gut, wenn man euch dies streitig machen würde und ihr eure Leidenschaft, eure Hingabe oder eure gemeinschaftlichen Erlebnisse nicht mehr frei ausleben könntet? (kurz nachdenken) … ich glaube nicht.
Mehr habe ich dazu nicht zu sagen, aber vielleicht ist es mal ein Ansatz anders über diese Thematik nachzudenken, ohne politischen, ökonomischen oder ökologischen Hintergrund. Ständige Diskussionen, die in Schimpfereien oder sogar Hass umschwenken, führen meiner Meinung nach zu nichts – deswegen erhoffe ich mir, auf diesem Wege auch diejenigen zu erreichen, die kein Motorrad fahren, aber für etwas leidenschaftlich brennen und die Situation, um die es uns Motorradfahrer geht, zu verstehen.
Eine Abschlussfrage noch: Warum sollten wir Motorradfahren?
Weil wir es können!
Kommentare
Ein Kommentar zu “Motorradfahren ist wie ein …”
Ja, dein Artikel spricht mir aus der Seele. Die Leidenschaft des Motorradfahrens ist unbeschreiblich. Auch dem Weg, meinen eigenen Motorradfahrstil, zu finden kann ich mich nur anschließen. Dazu gehören auch Dinge zu tun die für Andere komplett verrückt klingen mögen. Ich war über Weihnachten 14 Tage in Sardinien. Dort habe ich Steine von der Straße geräumt, besonders nach Kurven, wenn ich unterwegs war. Und ich habe mich dabei gut gefühlt es ist einfach richtig, für meine und die Sicherheit anderer Motorradfahrer zu sorgen. Eben mein Stil Motorrad zu fahren.
Für mich gilt die Aussage, daß wir eine große Familie sind, vollumfänglich auch wenn ich persönlich Anderes erlebt habe. Und dann deine Aussage, daß wir Motorradfahrer etwas cooler sind als alle Anderen, ein Volltreffer den ich mir erst jetzt erlaube auch laut auszusprechen. Wir sind einfach cooler als alle anderen. Punkt.
Wobei ich weder Wheelie, Stoppie oder Reifenverschmorer bin. Das hängt sicher auch mit meinem Alter zusammen. Ich habe erst mit 60 wieder angefangen nach fast 25 jähriger Pause. Bin in dem halben Jahr, seit ich mein Motorrad (Jolly Jumper) habe, 18.000 Km gefahren und gleich zu Anfang 4 ADAC Trainings
mitgemacht. Mit denTrainings hatte ich eine super Basis wieder einzusteigen und ich habe wesentlich sicherer wieder angefangen als ich aufgehört hatte. Auch nach einem Sturz in den Alpen bin ich (mit Prellungen davon gekommen) gleich wieder auf’s Motorrad und noch 180 Km nach Hause gefahren.
Motorradfahren ist einfach meine große Leidenschaft und genau das Richtige für mich. Punkt.