aus Kradblatt 12/18, von Tim Dettmers, Fotos: privat + CojonesPictures (Links s.u.)

Startnummer 66 – Mein erstes Jahr im Twin-Cup …

Timm Dettmers Twin Cup - Cojones Pictures 

In Kradblatt-Ausgabe 4/18 berichtete Tim Dettmers von seinem Einstieg in den Twin Cup, einer Rennserie für jedermann und -frau. Mit vergleichbarem Material kann man sich relativ kostengünstig mit motivierten Mitstreitern messen. Tim zieht nach der Saison ein Resümee …

Schneller als Gedacht verging die Zeit während der Rennstreckensaison 2018 im Twin Cup der IDM. 

Gestartet wurde im April bei einem Auftakttraining in Oschersleben. Dort konnte ich meine frisch aufgebaute und Cup konforme Suzuki SFV 650 Gladius zum ersten Mal testen. In Oschersleben hatte ich zudem auch die Chance, die ersten Cup Kollegen und Kolleginnen kennenzulernen und gemeinsame Runden auf der mir bereits bekannten Strecke zu drehen. Dieses Auftakttraining wurde genutzt, um das Motorrad und die neuen einheitlichen Dunlop Cup Reifen kennenzulernen. 

Timm Dettmers Twin Cup - Fahrerbesprechung Wir fanden eine Grundeinstellung für das Fahrwerk und die Ergonomie des Lenkers sowie der Fußrasten. Allerdings lagen meine Rundenzeiten beim Training hinter meiner persönlichen Bestzeit in Oschersleben mit einer vergleichbaren SV 650 aus dem Vorjahr. 

Die Ausrede, es liegt am Motorrad, zählt nicht. Denn durch die Materialgleichheit der Motorräder und der Cup Technik kommt es allein auf den Fahrer an. Man hört oft und erwischt sich selbst, dass die Schuld auf die Technik geschoben wird. Aber solange die anderen schneller auf gleichwertigen Motorrädern sind, zählen solche Ausreden einfach nicht. Und anstatt Ausreden zu suchen, galt es nun einen Weg zu finden um schneller zu werden. 

Die Lösung lautete lernen. Und ich habe dieses Jahr sehr viel gelernt. Ein paar Tage nach dem Auftakttraining ging es bereits erneut zum ersten Rennlauf des Twin Cups nach Oschersleben. Zum ersten Mal kamen alle Fahrer der Saison zusammen. Der ganze Ablauf einer solchen Veranstaltung ist sehr gut strukturiert und organisiert. Dies liegt einerseits an der Organisation der IDM und anderseits an den Twin Cup Organisatoren um Sascha Schoder und Roger Plath. 

Die Gründer der Firma PS Track Events haben es immer geschafft uns Rasselbande zu bändigen. Somit ging es nach einer Begrüßungsrunde im Cup Zelt und diversen organisatorischen Dingen an die Ausgabe der Team Bekleidung und an die Entgegennahme der Schmiermittelpakete der Firma Motul. Zudem wurde das Motorrad professionell mit den Startnummern und Sponsorenaufklebern des Twin Cups foliert. Somit konnte nun in die freien Trainings und in die ersten Zeittrainings gestartet werden. 

Timm Dettmers Twin Cup - LehrgeldIch versuchte Anschluss an die Fahrer mit Cup Erfahrung zu finden und beschloss ich im zweiten Zeittraining gemeinsam mit meinem befreundeten Fahrer Niklas rauszufahren, um mich von ihm ziehen zu lassen. Mit dieser Motivation und dem Ehrgeiz unbedingt dranbleiben zu wollen, stürzte ich bereits in der ersten Runde des zweiten Zeittrainings im Kurvenausgang der Hasseröder-Kurve. Dies war ein klarer Fahrfehler meinerseits. Mir drehte beim Herausbeschleunigen in Schräglage das Hinterrad ein und ich musste mich von der Suzuki trennen.

Timm Dettmers Twin Cup - Nichts passiert Bis auf das angekratzte Ego habe ich bei dem Sturz keinerlei Blessuren erlitten. „Bei der ersten Rennveranstaltung direkt das Motorrad weggeworfen … das geht ja gut los …“ dachte ich mir und war richtig sauer auf mich selbst. 

Während ich mit der Reinigung meiner Lederkombi und mit mir selbst beschäftigt war, wurde die Suzuki von meinem begleitenden Mentor Peter und dem eifrigen Fynn wieder fahrfertig gemacht. 

Der Vorteil dieser Motorräder liegt in der Robustheit. Bis auf Kleinigkeiten wie Lenker, Fußraste und Kupplungsarmatur hat die SFV 650 nur ein paar Kratzer abbekommen. Ersatzteile gibt es, dank der Cup Ausrüster, größtenteils vor Ort. Sollte etwas nicht aufzutreiben sein, helfen sich die Fahrer gegenseitig mit Ersatzteilen aus. Somit konnte ich an den beiden Rennen wieder teilnehmen und beendete diese mit Platz 16 und Platz 18 leider nur im letzten Drittel des Fahrerfeldes. 

Trotz dieser nicht zufriedenstellenden Leistung meinerseits und dem kleinen Sturz, war das Wochenende, dank der guten Laune innerhalb des Twin Cups, eine spaßige und erlebnisreiche Erfahrung.

Timm Dettmers Twin Cup - Cojones Pictures Es folgten weitere Rennwochenenden, auf für mich teilweise unbekannten Rennstrecken. Jede Rennstrecke ist einzigartig. Als Highlight des Jahres kann ich das Schleizer Dreieck benennen. Die Strecke ist die älteste Naturrennstrecke Deutschlands. Hierzu wird die normalweise öffentliche Straße für Rennveranstaltungen gesperrt und ist größtenteils mit Kiesbetten und Curbs versehen. Mit einem Höhenunterschied von 44 Metern geht es auf dieser Strecke ziemlich rauf und runter. Außerdem sind die Rennen am Schleizer Dreieck sehr gut besucht. Nicht umsonst wird die Stadt als Rennstadt Schleiz bezeichnet. Das Flair dieser Strecke und der gesamten Veranstaltung ist einzigartig. Volle Zuschauerränge bei bestem Wetter. Trotz unserer 76 PS „starken“ Motorräder fühlt man sich wie einer von den ganz Großen, wenn die Zuschauer einem lautstark in der Auslaufrunde zujubeln. Bei so viel Zuspruch zum Motorradrennsport hat fast jeder kurz mal seinen Dunlop Reifen etwas qualmen lassen. 

Timm Dettmers Twin Cup - Sammeln am Vorstart Obwohl ich von Rennen zu Rennen immer besser mit dem Motorrad zurechtkam und bereits viel dazu gelernt habe, reichte es wieder nicht um in die Punkteränge zu fahren. Natürlich wurde nicht nur ich schneller, sondern auch alle anderen. Mir gelang es weder in Oschersleben, Zolder, Schleiz oder am Lausitzring auch nur einen Meisterschaftspunkt zu ergattern. Ich kratzte immer nur an meinem begehrten Platz 15 und somit an meinem Ziel in der Top 15 zu fahren. 

Im September stand mein „Heimrennen“ im nah gelegenen Assen an. Wenn nicht hier wo dann. Die Strecke war mir bekannt und somit verzichtete ich auf das erste verregnete Training. Diese Entscheidung traf ich aufgrund besser werdender Wetterprognosen für den restlichen Trainingstag. Ich hatte nur wenig Regenerfahrung und wollte somit auf Nummer sicher gehen. 

Diese Entscheidung bereute ich, als ich am Zaun stand und sah wie eine kleine Anzahl an Cupfahrern am Kabel zog. Im zweiten Training hieß es Regenräder rein und lernen. Assen im Nassen hat mir gezeigt, dass auch im Regen Fahren möglich ist. In der ersten Runde war bereits das Knie am Boden und ich habe es tatsächlich genossen unter diesen Bedingungen Motorrad zu fahren. 

Timm Dettmers Twin Cup - Danke an die Boxencrew Den Rest des Wochenendes blieb es aber trocken und ich ging hochmotiviert in das erste Rennen. Jetzt war das Eis gebrochen. Ich fuhr plötzlich mit Leuten in einer kleinen „Kampfgruppe“, die ich in einem Rennen zuvor nie zu Gesicht bekommen habe. Ständig haben wir uns gegenseitig überholt und uns gezeigt, wer wo zu langsam ist. Dabei lief wie immer alles fair und sportlich ab. Ich habe vor Freude gelacht unterm Helm und war zeitgleich voll fokussiert. Hier verstand ich erst, warum Rennen fahren größtenteils Kopfsache ist. Natürlich spielt körperliche Fitness und Ausdauer eine sehr wichtige Rolle. Allerdings ruft jede kurze Unkonzentriertheit Fehler hervor, die einen langsam machen. Somit fuhr ich in der letzten Runde, trotz permanenter Anstrengung, meine schnellste Runde und hatte so viel Spaß an einem Rennen wie noch nie. Ich hatte jedes Mal Spaß auf dem Motorrad, aber dieses Rennen war eine richtige Gaudi. 

Im Fahrerlager angekommen wusste ich noch nicht, auf welchem Platz ich gelandet bin. Als ich mit Peter das Rennen besprach, erwähnte er nebenbei das ich auf den 14. Platz ohne Gaststarter gelandet bin. In diesem Moment war ich mehr als glücklich die ersten zwei Meisterschaftspunkte eingefahren zu haben. 

Timm Dettmers Twin Cup - Cojones Pictures Im zweiten Assen Rennen folgte ein weiterer Punkt. Beim Saisonfinale in Hockenheim konnte ich im ersten Rennen drei Punkte und im zweiten Rennen sogar vier Punkte einfahren. Somit waren die vier letzten Rennen der Saison meine Besten. 

Mein ursprüngliches Ziel am Anfang der Saison war es, regelmäßig unter die Top 15 zu fahren. Leichter gesagt als getan. Aber dies war meine erste vollständige Saison in einer Rennserie und ich konnte mich von Veranstaltung zu Veranstaltung verbessern, was auch die Ergebnisse wiederspiegeln. Zudem habe ich sehr viel über die Rennerei und das eigentliche Motorradfahren gelernt. Das Motorrad darf ruhig mal über das Hinterrad rutschen oder einen über beide Räder aus der Kurve hinaustragen. Man muss sich an den Grenzbereich herantasten und daraus lernen, das Motorrad auch dort sicher bewegen zu können. Das gelingt nur in einem sicheren Umfeld wie der Rennstrecke. 

Neben der Rennstrecke bietet der Twin Cup eine coole familiäre Atmos­phäre, bei der alle ihre Zeit mit dem gemeinsamen Hobby genießen. Es wird gemeinsam gegrillt, gefachsimpelt, angestachelt, geschraubt und gefeiert. Keiner bleibt im Regen stehen. Der Zusammenhalt und das gesamte Flair im Twin Cup ist einfach der Wahnsinn. Ich habe viele neue Leute kennengelernt und bin ein besserer Motorradfahrer geworden. Es war einfach ein richtig gutes Jahr im Twin Cup, welches Lust auf mehr macht. 

Gewonnen hat den Twin Cup 2018 übrigens Justus Weinke (#44) vor Kai-Uwe Lenz  (#63) und Eva Stein (#94). Mit der #66 belege ich den 20. Gesamtrang.

Zum Schluss möchte ich mich an dieser Stelle bei jeder Person, die mich unterstützt hat und jedem Sponsor für die Hilfe bedanken. Mein Dank richtet sich auch an alle, die dieses Jahr im Cup dabei waren. Danke!

Infos zum Twin Cup, in dem 2019 auch Yamaha’s MT07 starten darf, findet ihr bei PS Tracks Events.

Besucht Tim Dettmers auf Instagram: tdperformance oder Facebook: tim.dttmrs

Tolle Fotos gibts bei Phil: Facebook: CojonesPictures oder Instagram: cojones_pictures