aus bma 6/12

von Marcus Lacroix

ADAC KurventrainingZiel des ADAC-Kurventrainings ist es nicht, absolut unsicheren Motorradfahrern ein Gefühl für Schräglage zu vermitteln. Wer noch gar keinen Draht zu seinem Bike hat, sollte beim ADAC oder anderswo unbedingt ein Basistraining besuchen. Die Zielgruppe für das Kurventraining ist schon ein wenig weiter. Prinzipiell kommt man im Alltag ganz passabel zurecht. Aber dann bekommt man ein neues Motorrad, mit dem man noch nicht wirklich harmoniert oder man hat das Gefühl, es läuft nicht so rund wie es laufen könnte. Andere machen aus Spaß am flotten Schräglagentesten mit – immer nur rechtsrum im Autobahnkreuz ist ja auch irgendwie langweilig – oder möchten über die Jahre eingeschliffene Fehler aufdecken und ausbügeln. Letztendlich ist die Intention egal, Hauptsache man kriegt den Hintern hoch.

ADAC KurventrainingDas schafften die meisten Teilnehmer, die sich Anfang Mai in Bremen-Mahndorf auf der Fahrsicherheitsanlage des ADAC zum „After work” Kurventraining anmeldeten. Pünktlich um 17:30 Uhr standen 10 Männer und eine Frau (die zweite Angemeldete kam leider nicht) vor Instruktor Klaus Bogus, der uns bis 21:30 Uhr ordentlich rannehmen sollte.

Die Anlage in Bremen ist nicht besonders groß, speziell wenn man die weitläufige ADAC-Anlage in Lüneburg kennt. Geschätzte 200 Meter lang, maximal wohl knappe 100 Meter breit. „Ob wir genug Sprit hätten”, frage Klaus, denn „so 50 bis 80 Kilometer würden wohl zusammenkommen”. „Ja klar Klaus, aber sicher nicht auf dem Micky Maus-Kurs” der da mit Pylonen auf dem Gelände abgesteckt ist. Eine dreiviertel Kreisbahn, ein paar Schikanen, ein Slalom und eine „Hundekurve”, praktisch keine Geraden.

ADAC KurventrainingNach kurzer Einweisung über den Ablauf des Kurventrainings ging es dann auch gleich zur Sache. Gefahren wird in zwei Gruppen, deren Fahrer möglichst zueineinander passend zusammengestellt werden. Vom Sportler bis zum Klassiker war schließlich alles dabei.

Die Turns sind etwa 15 Minuten lang, die einen fahren, die anderen beobachten und suchen nach deren Fehlern bzw. besprechen mit Klaus die eigene „Sitzung”. Während dieser Pausen stehen Getränke bereit, denen auch fleißig zugesprochen wurde – konzentriertes und schräges Motorradfahren ist anstrengender als man glauben mag.

Nun fragt sich manch Leser sicherlich, was das denn bringen soll, wenn man Runde um Runde auf diesem kleinen Platz abspult, schließlich kann man den Sprit doch auch genüsslich und weniger angestrengt auf der Landstraße verfeuern. Gerade in der stetigen Wiederholung unter immer gleichen Bedingungen liegt aber der Vorteil des Kurventrainings. Während auf der Landstraße keine Kurve der anderen gleicht und man sich so immer aufs Neue den Gegebenheiten anpassen muss, kann man auf dem Übungsplatz sich selbst und seine Maschine sehr gut beobachten. Was mit der Kontrolle der Sitzhaltung anfängt, die bei den meisten zwischen „nasser Sack” und „Stock im Arsch” schwankte, hört bei der Blickführung noch längst nicht auf. Wie setze ich die Füße auf die Rasten, wie halte ich die Arme? Macht „hanging off” Sinn oder mache ich mich damit eher zum Gespött? Welche Vorteile bringt das Drücken, welche das Legen, wo und wie setze ich was am besten ein?

ADAC KurventrainingNach der Halbzeitpause steigt Klaus auf seine quietschgelbe BMW R 1100 GS. Während sein Feedback vorher durchs Beobachten von außen kam, schaut er sich die Teilnehmer nun aktiv bei der Linienwahl an und unterbreitet Tipps und Korrekturvorschläge. Und während wir weiter unsere Runden drehen, hört man hier oder da zu fortgeschrittener Stunde mal eine Fußraste kratzen. Ein gutes Zeichen, dass Vertrauen aufgebaut wird und der Beweis, dass „Erfahrung” von „fahren” kommt.

Entsprechend zu­friedene Gesichter gibt es dann bei der Abschlussbesprechung. Jeder Einzelne bestätigte, dass ihm das Training etwas gebracht hat. Natürlich ist allen klar, dass man jetzt nicht rastenschleifend über die Landstraßen brettert – das war ja auch nicht der Sinn des Trainings. Gewachsen ist aber das Gefühl fürs eigene Motorrad und die Körperhaltung. Und das Bewusstsein, dass man sich selbst ständig Hinterfragen muss.

ADAC KurventrainingEs wird wohl für alle Teilnehmer nicht das letzte Training gewesen sein. Für die sportlich orientierte Fraktion empfehlen sich weiterführende Veranstaltungen auf der Rennstrecke. Dort verschiebt sich das Gelernte dann in höhere Geschwindigkeitsbereiche. Neben Osch­ersleben bietet sich für uns Norddeutsche auch die ATP-Teststrecke in Papenburg an. Auch der Rundkurs des ADAC in Lüneburg bietet erweiterte Möglichkeiten.

Vergesst nicht, euch bei eurer Berufsgenossenschaft nach einem Zuschuss zum Training bzw. die Kostenübernahme zu erkundigen. Aber auch so reißt das 4-stündige Kurventraining mit 46 Euro (bzw. 39 Euro für ADAC-Mitglieder) nicht gerade ein Loch ins Portemonnaie. Infos zu Terminen und anderen ADAC-Trainings findet ihr online unter www.fahrsicherheitstraining-weser-ems.de, telefonische Auskünfte gibts unter 0421/4994-117.

Ach ja, der Tacho meiner Maschine zeigte nach den vier Stunden übrigens über 70 Kilometer mehr an – Klaus hatte uns doch nicht veräppelt.