aus bma 06/03

von Jens Rademaker

Kawasaki Z 1000 Mod. 2003Hohes Heck, sprungbereit geduckt, grimmiger Blick aus bösen Augen, kerniges tiefes Grollen… nein, nicht etwa ein gelungener Streetfighter-Umbau, sondern die Kawasaki Z 1000. Der reine Anblick verströmt ein Flair von Brachialität, Kraft und Kurvenspaß. Die Z 1000 ist keinesfalls ein Wiederaufbau aus den Siebzigern, denn mit der „Alten” hat dieses Modell nur noch den Namen gemein.
In der „Neuen” wartet der auf 953 ccm aufgebohrte, wassergekühlte Motor der ZX-9R darauf angefeuert zu werden. Die zwei oben liegenden Nockenwellen und die 16 Ventile sorgen für den spritzigen Vortrieb, den das Aussehen verspricht.
Also fotografieren, draufsetzen, anlassen und der Fahrer fängt das Grinsen an: „Irrer Sound, trotz Kat.” Und ab geht’s auf die Straße. Schon nach den ersten Metern schleicht sich ein böses Lächeln auf das Gesicht des Piloten, passend zum Fahrzeug. Schon mit der aggressiven Sitzhaltung und den Armen am breiten Lenker vermittelt das Gesamtbild: „Da kommt was auf Euch zu!”
Kawasaki hat das Naked-Bike mit einer neuen Einspritzanlage und reduzierter Verdichtung versehen und holt damit 93,4 kW bei 10.000 U/min und einem maximalen Drehmoment von 95,6 Nm bei 8000 U/min die geforderte Leistung aus dem Reihen-Vierzylinder.

 

Z 1000 Mod. 2003Auf kurvigen Strecken hält die Maschine, was ihr Aussehen verspricht. Fauchend lässt sie sich präzise durch jede Kurve scheuchen. Doch das Spritzige lässt noch auf sich warten, dann überschreitet die LCD-Drehzahlanzeige 4500 und die Arme werden langsam immer länger. „Jetzt will ich es wissen.” Auf der nächsten Geraden wird beschleunigt, bis bei knapp 8000 U/min die Kawa nach vorne springt und die Landschaft nur so vorbeifliegen lässt, dass man sich beherrschen muss, die Beschleunigung nicht bis zum Ende auszureizen. Spätestens jetzt weiß unser Fahrer wo die 127 Pferde so lange waren. Nach einigen vereinzelten Kurven auf unseren fast immer geraden Straßen meint das Herz des Testers: „mehr Kurven her!” Alles klar, es ist mitten in der Woche, also ist im Alten Land nichts los… von wegen, scheinbar hat die Sonne allerorts die Menschen auf die Straße getrieben. Am Deich entlang und zügig durch die Kurven, wenn der Weg mal frei ist, das ist es was die Kawa und ihr Reiter wollen. Das Abbremsen ist auch kein Problem. Vorne werden die 300 mm Bremsscheiben von 4-Kolben Sätteln sanft oder stark, je nach Dosierung des Fahrers in die Zange genommen. Wenn es wirklich mal darauf ankommt, wird man schnell merken, dass auch diese Bremsanlage denen an Supersportlern in nichts nachsteht.
CockpitDie Kupplung und das Sechsgang-Getriebe arbeiten gut und relativ leise zusammen und man vermisst auf jeden Fall das manchmal typische „Kawa-Rucken”. Sanfte Übergänge beim Hoch- oder Runterschalten lassen das Grinsen breiter werden und auch durch aggressive Lastwechsel lässt sich die Dame nicht aus der Ruhe bringen.
Aufmerksamkeit erregt man auf alle Fälle, das zeigte sich insofern, dass kaum eine Zigarettenpause ohne kurze Gespräche mit anderen Motorrad- und auch Autofahrern zustande kam. Immer wieder hieß es, man habe schon mal draufgesessen, oder angeschaut, aber so auf der Straße sieht man sie so selten. Mehr als einer unserer Leidensgenossen auf zwei Rädern musste ein solches Gespräch doch mal zum Probesitzen nutzen.
Für ein Motorrad mit einem Trockengewicht von 200 kg plus 21 Liter Super Bleifrei ist die Z erstaunlich wendig und der Verbrauch während unserer Fahrerei lag mit etwa sieben Litern durchaus im grünen Bereich. Immerhin reicht eine Tankfüllung so weit, dass erst bei 230 km der Tankbalken anfing zu Blinken… ja ehrlich, wenn die Reserve angegriffen wird, zeigt ein blinkender Balken dies dem Fahrer an.
Die Serienbereifung (vorn 120/70 ZR17, hinten 190/50 ZR17) greift in jeder Kurve sicher zu und, mal unter uns, der 190er steigert die Optik noch zusätzlich. Die Sitzbank gibt sich sehr straff, ist aber trotzdem komfortabel und der Knieschluss am Tank passt.
HeckansichtNun wollen wir’s wissen: im Kfz-Schein ist die Höchstgeschwindigkeit mit 245 km/h angegeben, also rauf auf die Bahn. Der LCD-Tacho zeigt 220 an, als die Kawa unruhig wird. Je höher das Tempo, desto mehr tanzt die Z 1000, so dass wir bei 236 km/h den Versuch lieber abbrechen, naja, sie ist ja auch nicht für Hochgeschwindigkeitsfahrten gedacht.
Runter von der Autobahn, rauf auf die Landstraße und dann ab auf die Schleichwege. Als die erste holprige Stecke in Sicht ist, kommen uns Bedenken, aber das Zentralfederbein, versehen mit einem Gasdruck-Stoßdämpfer, nimmt zusammen mit der 41mm Up-Side-Down Gabel jede Unebenheit gut auf. Es wird langsam dunkel, schade eigentlich. Das Abblendlicht leuchtet die Straße zur Genüge aus und wenn erst mal die zweite Birne als Fernlicht zugeschaltet wird, sieht man auch was weiter vorne passiert. Das böse geformte LED-Rücklicht ist hell und von weitem sieht es aus, als würde ein Drache auf der Straße sitzen und den Betrachter aus rot leuchtenden Augen gierig anfunkeln. Mal ehrlich, die Kawasaki Z 1000 ist das, was auch die Handy-Generation wieder auf die Straße zurückholen kann. Ich für meinen Teil frage mich langsam, warum so ein zorniges Gerät noch nicht in meiner Garage steht. Eigentlich gehöre ich zu der Art von Motorradfahrern, die beim Probefahren schon überlegen, was man denn noch so alles Umbauen muss, damit es passt. Diese Überlegungen waren bei der Z 1000 für meine Verhältnisse sehr kurz: kleinere Blinker müssen auf jeden Fall ran, die Spiegel sind zwar in Ordnung, aber für die Optik sollten es kleinere sein… das war’s. Das Farbangebot passt zum Gesamtbild der Kawasaki: Black Pearl, Lime Green und Pearl Blazing Orange. Und als Extras sind Bugspoiler und Sozius-abdeckung bereits zu haben. Wer also 9990 Euro und noch Platz hat, der sollte zum nächsten Kawasaki-Händler gehen und hoffen, dass er dort noch eine Z 1000 bekommt, denn rar ist sie inzwischen schon geworden.