Kawasaki Versys 1000Es muss nicht immer GS sein, das zeigen u.a. auch Guzzi, Ducati, Triumph, Honda, Suzuki und Yamaha mit ihren Interpretationen vom Fernreisetraum. Kawasaki wirft mit der Versys 1000 aber einen druckvollen Vierzyliner ins Rennen um die Gunst der Tourer …

aus Kradblatt 10/16
von Jogi / penta-media.de
 

Kawasaki Versys 1000, Modell 2016 – Druckvolle Alternative zum Zweizylinder …

Kawasaki Versys 1000Was ist schöner, als mit dem Motorrad durch Südfrankreich zu touren und die herrliche Landschaft zu genießen? Ganz klar, dabei auch noch verschiedene Motorräder ausprobieren zu dürfen. Kollege Peter Aansorgh hatte uns dazu aus den Niederlanden eine Kawasaki Versys 1000 Grand Tourer mitgebracht, die mit dem in Deutschland angebotenen Modell identisch ist.

Optisch wirkt die Versys 1000 imposant, wiegt mit ihren 250 kg im fahrbereiten Zustand jedoch nicht viel mehr als andere Alleskönner auch. Mit einer Sitzhöhe von 84 Zentimetern und ihrem dicken Polster, ist sie für Fahrer unter 1,80 Meter beim Rangieren allerdings nur schwer zu händeln, geschweige denn zu füßeln.

Kawasaki Versys 1000 Lange Beine helfenEinmal in Bewegung wird alles ganz leicht. Bereits beim Kuppeln und Einlegen des ersten Ganges fällt auf, dass dieses ohne große Handkräfte am Kupplungshebel möglich ist. Verantwortlich dafür ist die Assist- und Rutschkupplung der Versys. Ein Unterstützungsnocken an der Kupplung ist verantwortlich dafür, dass es mit geringen Handkräften funktioniert. Ein weiterer Rutschnocken verhindert das Stempeln des Hinterrades, wenn man herunterschaltet, um mit dem Motor zu bremsen. Eine Technik, die aus dem Rennsport übernommen wurde und auch unter dem Namen „Anti-Hopping-Kupplung“ bekannt ist.

Der Reihen-Vierzylinder mit 1043 ccm dreht seidenweich und punktet mit einer wunderbar linearen Kraftentfaltung, die Kawasaki mit doppelten Drosselklappen prima hinbekommen hat. Sie optimieren außerdem die Leistungsausbeute und sorgen für eine höhere Verbrennungseffizienz. Das Ergebnis sind 120 muntere Pferdestärken bei 9.000 U/min und 102 Nm bei bereits 7.500 U/min.

Cockpit Kawasaki Versys 1000Obwohl der Motor sehr sanft läuft und die Leistung sehr gut zu dosieren ist, hat Kawasaki der Versys zwei Power-Modi verpasst. Im ersten gibt der Motor die volle Leistung ab, im zweiten nur 75 % und das noch etwas sanfter. Der Modus soll bei regennasser Fahrbahn oder im Stadtverkehr das Handling erleichtern.

Für die serienmäßig an Bord befindliche Traktionskontrolle gibt es sogar drei verschiedene Modi. Die ersten beiden sind auf optimale Beschleunigung ausgelegt, wobei im zweiten Modus mit höherer Sensibilität eingegriffen wird. Der dritte Modus der Traktionskon­trolle ist für schlechten und rutschigen Untergrund ausgelegt, wenn man bei Regen Gully-Deckel und Bahnübergänge angstfrei überqueren möchte oder bei Rollsplitt auf der Straße. Der Eingriff der Traktionskontrolle erfolgt sehr schnell und reduziert die Leistung durch Eingriff in das Zündungsmanagement und die Kraftstoff- und Luftmengenzufuhr. Schön, wenn solche Technik einem im Notfall hilft, normalerweise braucht man sie bei einem angemessenen, vorausschauenden Fahrstil aber eher nicht.

Scheibenverstellung Kawasaki Versys 1000Die Versys 1000 eignet sich wunderbar um bequem lange Strecken zurückzulegen. Die Sitzposition ist aufrecht und man findet ordentlichen Schutz hinter der mit Handrädern manuell leicht verstellbaren Scheibe. Dank ihres 21 Liter fassenden Tanks sind, trotz eines durchschnittlichen Spritkonsums von 5,2 l/100km, Distanzen von rund 400 Kilometern bis zum nächsten Tankstopp möglich.

Häufige Kritik hört man von den Versys-Fahrern über das etwas zu weich geratene Fahrwerk. Beim Touren stört es nicht, denn es ist sehr komfortabel, aber für den sportlichen Einsatz könnte es straffer sein. Durch Erhöhung der Dämpfung am hinteren Federbein und der richtigen Vorspannung an der 43 mm Upside-Down-Gabel kann man jedoch Abhilfe schaffen, wie Peter an unserer Test-Versys unter Beweis stellte. Wer jedoch mit seiner Maschine gerne auch einmal Feldwege fahren möchte, wird sich über das etwas weichere Fahrwerk vielleicht sogar freuen.

Kawasaki Versys 1000 LandstrasseKawasaki verkauft die Versys im „Dual-Purpose Segment“ der Alleskönner. Der Name Versys, aus dem Englischen „Versatile System“ = „Vielseitiges System“, deutet ebenfalls darauf hin, dass versucht wurde eine Maschine für alle Gelegenheiten zu konstruieren. Dass diese Idee nur auf einen Kompromiss hinauslaufen kann, war vorprogrammiert. So ist das 17 Zoll Vorderrad mit 120er Bereifung für richtig schlechtes Geläuf auch eher ein Schlaglochsuchgerät im Vergleich zu dem 19 Zoll Rad einer BMW GS. Aber wer will mit diesem Motorrad schon ernsthaft ins Gelände? Für die Straße und ab und zu mal einen unbefestigten Weg ist die Versys 1000 prima geeignet und somit eine gute Wahl für Reiselustige.

Auspuff Kawasaki Versys 1000Ihre ABS-Bremsanlage von Tokico verzögert gut dosierbar, nicht zu bissig, aber auch nicht zu stumpf. Die 310er Bremsscheiben vorne und die 250er hinten im Wave-Design unterstreichen die durchgestylte Optik der Maschine. Kawasaki selbst nennt sie Petal-Bremsscheiben.

Die Versys lässt sich durch umfangreiches Zubehör gut an die individuellen Wünsche ihres Besitzers anpassen. Über LED-Zusatzscheinwerfer, Heizgriffe, Akrapovič Endschalldämpfer, Kühlerschutz, Ganganzeige und Gel-Sitz ist nahezu alles im Angebot.

Besonders sinnvoll ist das Tourer-Paket, das es aktuell bei Neukauf einer Versys gratis bis zum 31.10.2016 dazu gibt. Es beinhaltet einen Koffersatz mit Innentaschen, Handprotektoren und ein Tankpad.

Bei 11.995 Euro plus Nebenkosten beginnt der Spaß. Die besser ausgestattete Grand Tourer beginnt bei 14.290 Euro. Eine Probefahrt ist bei vielen Kawasaki-Vertragshändler möglich und manch einer wird eine vierzylindrige Alternative zu den üblichen Zweizylinder-Kandidaten sicherlich zu schätzen wissen.