aus bma 11/08

von Alfred de Groot

Isle of man
Es ist sechs Uhr morgens und ich kann nicht mehr schlafen. Heute sollte sich ein kleiner Traum erfüllen. Der Traum heißt zur Isle of Man zu fahren.

Am 26. Mai traf ich mich mit meinem Freund Carlo auf dem Rastplatz „Aachener Land”. Wir wollten zum „Tourist Trophy” Rennen auf die Isle of Man. Carlo fuhr eine Norton und ich war auf meiner Moto Guzzi unterwegs. Im strömenden Regen fuhren wir durch Belgien und Frankreich nach Calais. In Belgien mußten wir eine kurze Zwangspause einlegen, weil der Motor der Norton einen Kolbenklemmer hatte. Carlo hatte neue Kolben eingebaut, die wohl ein bißchen zu stramm in den Zylinder paßten. Nach einer kurzen Abkühlungsphase konnten wir zur Fähre weiterfahren.

 

Isle of manBevor wir zur Isle of Man fuhren, wollten wir erst in den Süden nach Marazion/Land’s End, um einen Bekannten von Carlo zu besuchen. Wir befuhren dann die Küstenstraße bis Hastings. Am nächsten Tag bummelten wir die Küstenstraße hoch Richtung Brighton. Nach kurzer Zeit war unser erstes Ziel Land’s End erreicht und hier blieben wir zwei Tage und erkundeten das Gelände. Auch die Pubs in dieser Stadt luden zum Verweilen ein.
Nach zwei schönen Tagen fuhren wir weiter nach Wales. Die Fahrt durch Wales führte uns durch hohe, steile Berge, reizvolle Täler und an rauschenden Flüssen vorbei. Im Brecon Beacons National Park schlugen wir zum ersten Mal unser Zelt auf. Der Tag wurde beendet mit einem Besuch im Pub und der Planung für den nächsten Tag. Der Fährhafen Heysham war das nächste Ziel, um von dort aus mit der Fähre zur Isle of Man zu fahren. In Heysham mußten wir uns dann bis 2.30 Uhr nachts gedulden bis die Fähre losfuhr.
Wir hatten dabei unbewußt die Schnellfähre gebucht und waren deshalb schon nach 2,5 Stunden auf Isle of Man in der Hauptstadt Douglas angekommen. Endlich waren wir da, am Ort meiner Träume, das Mekka der gläubigen Motorradfahrer dieser Welt. Von dem Fährterminal aus fuhren wir in Richtung Crosby und schlugen unser Zelt im Morgengrauen auf dem Campingplatz „Union Mills” auf. 

Die Isle of Man ist ca. 570 km2 groß und hat eine Küstenlinie von 160 km. Es leben ungefähr 75000 Menschen dort. Die Einwohner leben hauptsächlich von Tourismus, Schafzucht und ein wenig Fischfang. Die Straßen der Isle of Man sind von guter Qualität und viele sind landschaftlich besonders schön gelegen.
Um 16 Uhr wurde dann der Rennkurs unter hohem Aufwand an Organisation und Personal für den offiziellen Verkehr gesperrt. Nachdem die 60 km lange Rennstrecke von dem „Travelling Marshals” inspiziert war, konnten um 16.30 Uhr die ersten Trainingsläufe beginnen. In England wurden 1907 die Straßenrennen verboten. Deshalb verlegte man das Geschehen zur IoM.
Isle of manWir bekamen einen Tip vom Campingplatz-Besitzer, der uns uns eine Stelle nannte, von wo wir am besten sehen konnten. Die Fahrer starteten in einem Abstand von zehn Sekunden. Nachdem der letzte Fahrer bei uns vorbeifuhr, kam kurze Zeit später auch schon wieder der zuerst gestartete Fahrer in Sichtweite. So gab es immer etwas zu sehen. Der 60 km lange Rundkurs wurde von den Teilnehmern in ca. 20 Minuten mit einem Schnitt von etwa 200 km/h gefahren. Als wir die Strecke abgefahren sind, haben wir ca. 1,5 Stunden benötigt.
Die Rennfahrer rasen durch mehrere Ortschaften mit Höchstgeschwindigkeit, oft ganz nah an Steinmauern vorbei. Man bedenke, die Straßen haben Bordsteinkanten und die Laternen, Stromkästen und Pfähle sind nur provisorisch mit Strohballen abgesichert. Man muß schon ein bißchen verrückt sein um da mitzufahren. Ein nicht ausrottbares Gerücht besagt, daß jeder bei der TT mitfahren kann. Das stimmt nicht. Nur Rennfahrer mit einer gültigen Lizenz dürfen bei der TT starten. Vor dem Start muß man sich dann auch noch qualifizieren und eine Runde in mindestens 21:30 Minuten fahren.

Die Südspitze der Insel erkundeten wir am nächsten Tag. Auf dem Rückweg zum Campingplatz suchten wir uns einen schönen Aussichtspunkt, um die Trainingsläufe des Tages zu sehen. Die Straßen waren noch bis 18 Uhr gesperrt, und wir konnten sowieso nicht zurück zum Campingplatz. An diesem Tag trainierten die Sidecars. Sie waren auch nicht wesentlich langsamer als die Superbikes.
Dann war es soweit, das härteste und gefährlichste Motorrad Straßenrennen der Welt begann, und wir verfolgten das Geschehen von verschiedenen Aussichtspunkten. Vor und nach den Rennen erkundeten wir die Insel und sahen uns einige Sehenswürdigkeiten an. Hervorzuheben wäre das größte noch funktionierende Wasserrad der Welt, das Laxey Wheel, genannt Lady Isabella. Das Wasserrad wurde benutzt, um das Wasser aus den Bergwerksminen zu pumpen.  Unbedingt besuchen sollte man das Denkmal von William Joseph Dunlop. Er gewann 26 Mal das TT-Rennen und erzielte unzählige Male eine Platzierung. Am 2. Juli 2000 stürzte er bei einem Straßenrennen in Estland und verstarb an Ort und Stelle.

Isle of manDen „Mad Sunday” verbrachten wir auf ruhigen Nebenstrecken und in schönen, kleinen Hafenstädtchen. Es kam der Tag des Abschiedes von der IoM, und wir fuhren nach Douglas zur Fähre. Meine Cali 3 hatte bis jetzt gut durchgehalten und nur ein paar unbedeutende Probleme, wie defekte Kontrollleuchten. Bei Carlos Norton brauchten wir nur ein Kupplungsseil  erneuern und einige Kabelverbindungen wieder herstellen. An der Fähre warteten schon 200-300 Motorradfahrer um nach England zu kommen.
In Heysam/England angekommen fuhren wir in den Lake District National Park. Dieser Park gilt als das landschaftliche Schatzkästchen Englands. In 60 Seen spiegeln sich hier Mittelgebirge mit Hochgebirgsambitionen, zartgrünen Weidewiesen, schroffe Granitfelsen, dichter Wald und uralte Steinbrücken. Hier blieben wir zwei Tage und waren begeistert von den steilen und kurvigen Paßstraßen, den Seen und den Bergen.
Den Weg zur Fähre Dover/Calais legten wir am folgenden Tag auf der Autobahn zurück. Durch Staus und Hitze unkonzentriert geworden, passierte mir ein Fehler. Carlo mußte anhalten, und ich fuhr in seinen linken Koffer. Zum Glück konnten wir den lädierten Koffer notdürftig reparieren und die Fahrt fortsetzen. Auch am letzten Urlaubstag bescherte uns der Wettergott sehr schönes Wetter. Nach der Überfahrt zum Festland verabschiedeten wir uns auf der Raststätte „Aachener Land” und fuhren erfüllt von sehr vielen Eindrücken nach Hause.
Auf Wiedersehen Isle of Man, wir kommen wieder.