aus bma 01/03

von Arnd-Rüdiger Steil

Stolzer BesitzerGereizt hat es mich ja schon immer, und als ich mit meinem mopedfahrenden Kollegen Hopi für ein halbes Jahr nach Genua in Italien musste, war alles klar. Hier unter der Sonne des Südens fuhr anscheinend jeder Motorrad. Und meine Kumpels zu Hause, die hatten sowieso alle eine Maschine – nur ich nicht, geschweige denn den Führerschein. Aber da gab es ja zum Glück die „Gnade der frühen Geburt”. Ich hatte den Führerschein Klasse 3 vor dem 1. April 1980 gemacht und damit die Möglichkeit, wenigstens eine 125er mit sagenhaften 15 PS zu fahren. Nur, welche Maschine sollte es sein?
Die meisten „Leichtkrafträder” heißen nicht nur so, sondern sehen auch so aus. Da gibt es nur zwei Ausnahmen: Die Yamaha TDR 125 und die Honda XL 125 Varadero. Die Yamaha ist mit einem zugegeben etwas temperamentvolleren Zweitakt-Motor ausgerüstet. Doch damit erinnerte sie mich zu sehr an die Kreidler, die ich vor 25 Jahren gerne gehabt hätte. Also sollte es die doch lieber die kleine Varadero sein. Mit ihrem 17-Liter Tank und dem längs eingebauten V-2-Motor sieht sie wirklich wie ein richtiges Motorrad aus, und zwar nicht nur auf den ersten Blick. Nachdem ich mir die Maschine ein paar Mal angesehen und einige Nächte darüber geschlafen hatte, war die Entscheidung gefallen, und ich unterzeichnete den Kaufvertrag.
Da war nur dieses ungute Gefühl in der Magengegend, als ich meine neue Erwerbung schließlich abholen sollte. Hatte ich doch über 20 Jahre kein motorisiertes Zweirad mehr unter dem Hintern gehabt. Auf dem Weg zum Händler kamen mir dann doch plötzlich Zweifel: „Kann ich das Ding überhaupt fahren? Was ist, wenn ich sie gleich in den Dreck schmeiße?” Und dann klangen mir noch die Worte von einigen Bekannte in den Ohren. Sie hatten was von „midlife crisis” gefaselt. Aber egal, ich hatte A gesagt, also musste ich auch B sagen.
Vor der ersten Fahrt hatte der Händler noch schnell ein Foto von meiner neuen Varadero und mir gemacht. Irgendwie hatte ich das Gefühl, er wollte nur festhalten, wie schön sie doch war – so ganz ohne Beulen und Kratzer.
Honda XL 125 Varadero Dann schlug die Stunde der Wahrheit. Ich suchte mir zunächst den gegenüber liegenden Parkplatz einer Spedition für die ersten Runden aus. Dort habe ich Achten gedreht, habe beschleunigt und gebremst – wie in der Fahrschule.
Das ging dann doch alles recht gut, so dass ich meine erste Tour im öffentlichen Straßenverkehr wagte. Mein Nachbar Frank fuhr mit dem Auto als „Begleitschutz” hinterher (der Arme hat immer noch kein Motorrad). Das waren sie nun, die ersten Kilometer mit meiner Varadero, und sie machten riesig Spaß.
An den nächsten Tagen wurden gleich die Kumpels angetriggert und einige schöne Touren gemacht. Selbst Kumpel HaJü mit seiner Bandit fuhr mit (oder besser gesagt voraus). Auf einer der Touren überquerten wir die Weser. Es war schon einiges an Überzeugungskraft notwendig, um dem Fährpersonal klar zu machen, dass die kleine Varadero wirklich nur 125 Kubik hat. Sie sieht halt doch wie ein richtiges Motorrad aus (und eigentlich ist sie das ja auch)!
Dass Motorrad fahren nicht ganz billig ist, ist mir mittlerweile klar. Doch eigentlich ist es nicht so sehr das Fahren, das das Portemonnaie beutelt, sondern es sind die Pausen. Hier ein Kännchen Kaffee, dort ein Eis und hier noch mal eine Bratwurst. Da fällt das bisschen Benzin kaum mehr ins Gewicht. Umso mehr, nachdem ich jetzt auch noch für meinen 13 Jahre alten Sohn Philipp einen Helm und Nierengurt angeschafft habe. Ein Sozius in diesem Alter schluckt mehr Hamburger als das Motorrad Benzin.
Dann musste ich wieder für vier Wochen beruflich nach Italien. Dort hätte ich gerne die Varadero dabei gehabt. Das ging aber leider nicht, und so musste ich warten, bis ich endlich Ende September wieder auf meinen Bock steigen konnte. Zum Glück war das Wetter noch sehr schön, so dass ich schnell 1500 Kilometer auf dem Tacho hatte. 1500 Kilometer, die sehr viel Spaß gemacht haben, die aber auch Gedanken an den „richtigen” Führerschein und an ein Motorrad mit etwas mehr Dampf immer stärker werden lassen.