aus bma 09/08

Text:.www.Winni-Scheibe.de
Fotos: Honda, Winni Scheibe

Honda Museum Die Gegensätze können kaum krasser sein. Hier eine moderne High-tech-Welt und gleich daneben jahrtausendalte Kultur. Für Japaner das Normalste von der Welt. Im Motorradbau haben die Asiaten längst Geschichte geschrieben. Im Honda Museum in Motegi/Japan läßt sich bis in die Anfänge der Zweiradmobilisierung abtauchen. Prädikat: Einmalig und besonders wertvoll.
Eigentlich dürfte es die Honda Erfolgsgeschichte gar nicht geben. In Japan zählt nämlich vorrangig Teamgeist. Entscheidungen werden im Kollektiv getroffen, Individualismus ist verpönt. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Soichiro Honda aber piepegal. Er setzte seinen Kopf durch und bastelte Mopeds zusammen. Zunächst als „Ich-AG” in einer kleinen Holzbaracke, aber schon wenig später revolutionierte der clevere Techniker mit pfiffigen Ideen die Motorradtechnik. Er brachte ständig etwas Neues auf den Markt, obendrein engagierte er sich mit Leib und Seele im Rennsport. Die Motorradmarke Honda kannte bald jedes Kind. In Japan jedenfalls. Soichiro Honda dachte allerdings viel weiter. Weltweit wollte er seine Maschinen verkaufen, doch davor mußte zunächst kräftig die Werbetrommel gedreht werden. Um die Qualität seiner Motorräder unter Beweis zu stellen, beschloß der Firmenboß in den Grand-Prix-Renn-sport einzusteigen. Aber noch etwas war Soichiro Honda dabei wichtig. Nach dem verlorenen Krieg würden sich die Rennerfolge als Motivation und Ansporn auch auf die Firmenbelegschaft gut auswirken. Das war im Frühjahr 1952!
Bis es allerdings so weit war, vergingen noch gut acht Jahre. Doch dann ging es Schlag auf Schlag. Von 1961 bis zu einem vorläufigen Rückzug aus dem GP-Sport Ende 1967 holte sich Honda insgesamt 16 WM-Titel.
Soichiro Honda hatte 1946 aufs richtige Pferd gesetzt, im Wettbewerb der über 100 Moped- und Motorradhersteller im Inselreich lag seine Firma bald an der Spitze, von den vielen anderen Firmen haben letztlich nur Yamaha, Suzuki und Kawasaki den Sprung in die Neuzeit geschafft. Honda hat immer wieder für Über-raschungen gesorgt, hat Meilensteine in der Motorradgeschichte gesetzt. Zum Beispiel 1968 mit der legendären CB 750 Four. Sie war die erste Vierzylinder-Großserienmaschine der Welt, und mit diesem Bike hat Honda nun endgültig den Motorradmarkt erobert. Erfahrungen mit der Massenfertigung hatte man längst, bis 1968 waren bereits über zehn Millionen (!) Maschinen gebaut worden. Alles weitere ist Geschichte.

 

Honda Museum Vielfach wird bei uns den Japanern unterstellt, sie seien nur auf das Neueste vom Neuen scharf. Was gestern war, interessiert sie nicht. Betrachtet man die ständige Modellflut scheint diese Annahme auch zuzutreffen, doch das stimmt so nicht. Bestes Beispiel hierfür ist der Honda Twin Ring Motegi, etwa 120 Kilometer nördlich von Tokio gelegen. Pünktlich zum 50. Geburtstag der Honda Motor Company hat der weltgrößte Motorradhersteller 1998 diese gigantische Erlebniswelt mit verschiedenen Rennstrecken, Campingplätzen, Hotel und einem Werks-Museum eröffnet. Im dreistöckigen Ausstellungsgebäude ist fast alles, was das Werk in seiner Firmengeschichte gebaut hat, zu sehen. Den rechten Teil hat man den Honda Autos gewidmet, links stehen die Motorräder. Aber nicht nur von Honda, auch toprestaurierte Motorräder aus Deutschland hat man einen gebührenden Platz eingeräumt und das hat seinen Grund. Genau wie Deutschland lag Japan nach dem Zweiten Weltkrieg in Schutt und Asche und ähnlich schnell kam der Wiederaufbau in die Gänge. Damit die Bevölkerung jedoch pflichtbewußt Produkte „made in Japan” kaufte, hatte die Regierung in Tokio zum Schutz der eigenen Wirtschaft strikte Importbestimmungen erlassen. Allerdings mit einer Ausnahme: Benötigte ein heimischer Hersteller für „Studienzwecke” ein ausländisches Modell, war das zuständige Ministerium sehr hilfreich.
Soichiro Honda ging sogar noch einen Schritt weiter. Für den Ausbau der Produktionsanlagen unternahm er Anfang der 50er Jahre eine Geschäftsreise nach Europa. Bei dieser „Shopping Tour” kaufte der Jungunternehmer für über eine Million US-Dollar hochmoderne Fertigungsmaschinen. Auch ließ sich Soichiro Honda die Gelegenheit nicht entgehen, Motorradwerke zu besuchen, um sich dabei die technischen Finessen bis ins kleinste Detail erklären zu lassen. Besonders beeindruckt war Honda-san vom NSU-Werk in Neckars-ulm, dem NSU-Rennstall und den hochtourigen DOHC-Rennmotoren des damals weltgrößten Zweiradproduzenten.
Honda Museum Und so darf es dann auch nicht weiter wundern, daß die 90er Benlyj von 1953 der NSU Fox sehr ähnlich sah. Auch die ersten Honda Einzylinder-Viertaktmaschinen von 1955, die 250er Dream SA und 350er Dream SB, lassen Erinnerungen an die berühmte Horex Regina wach werden.
Von „Abkupfern” oder „Nachbauen” konnte bei Honda aber schon bald keine Rede mehr sein. Die erste 250er Zweizylinder-Straßenmaschine Dream C 70 hatte 1957 kaum noch eine Ähnlichkeit mit bekannten Maschinen aus dem fernen Europa. Der OHC-Parallel-Twin leistete 18 PS bei 7400 U/min, das Motorgehäuse war horizontal geteilt. Diese Konstruktion sollte Vorreiter vieler weiterer 125er sowie 250er Honda-Modelle werden. Alles, was danach kommen sollte, prägte den Begriff: „Japanischer Standard”, was gleichzeitig auch zum Gütesiegel wurde.
Die Idee für ein Werksmuseum gab es bei Honda schon vor Jahren. Bereits Anfang der achtziger Jahre begann man in Japan, aber auch weltweit, Motorräder aus den verschiedenen Modellgenerationen zurückzukaufen. Zunächst hortete man die zum Teil arg ramponierten Maschinen im Keller der Bowling-Halle im Hondaeigenen Vergnügungspark gleich neben der bekannten Suzuka-Rennstrecke, die ebenfalls zum Honda-Imperium gehört. Genaue Pläne für ein Museum gab es damals allerdings noch nicht, dafür begann man aber mit der Restauration. Alle Maschinen, ganz gleich ob Moped, Straßenmotorrad, Enduro, GP-Renner oder Moto Crosser wurden optisch und technisch picobello überholt, so perfekt, als kämen sie eben taufrisch vom Fließband. Konkrete Pläne für ein Werksmuseum faßte man Anfang der neunziger Jahre, als die Entscheidung für das neue Honda Motorsport-Zentrum „Twin Ring Montegi” getroffen wurde.
Stände das Museum nicht im fernen Japan, läge der Versuch nahe, jedem Motorradfan diese Ausstellung als „Geheimtip” zu empfehlen. Weltweit gibt es kaum etwas Vergleichbares. Das Besondere ist allerdings auch die Fahrzeugzusammenstellung. Honda war es ganz offensichtlich wichtig, nicht nur die eigenen Maschinen ins Licht zu rücken, mit schmucken Motorrädern von Mitbewerbern ermöglicht man den Besuchern eine Zeitreise in die Motorradgeschichte. Und die beginnt mit einem originalgetreuen Nachbau von Gottlieb Daimlers „Reitwagen” aus dem Jahr 1885. Im großzügigem Zeitsprung geht es dann 1946 mit der ersten 50 ccm Honda weiter.
Was heute kaum noch einer weiß, mit diesen kleinen Hüpfern legte Soichiro Honda den Grundstein für seine Firmenkarriere. Zum Verkaufsrenner wurde die Super Cub. Ihr Produktionsstart war 1958, bis heute wurden über 60 Millionen (!) Fahrzeuge von diesem unverwüstlichen 50 ccm Viertakt-Moped gebaut. Und genau mit diesem „Moped” beschloß der agile Firmenboß den Weltmarkt zu erobern! Für diesen Schachzug gründete er im Juni 1959 eine Werksniederlassung in Los Angeles/USA. Mit einem rund zwei Millionen Dollar teuren Reklamefeldzug eroberte Honda das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Der Werbeslogan „You meet the nicest people on a Honda” ging in die Geschichte ein. Aber auch die Musikszene machte sich der fernöstliche Motorradhersteller als Imageträger zunutze. Der Song „Little Honda” von der bekannten kalifornischen Beatgruppe „The Beach Boys” wurde ein Welthit. Insider behaupteten, Honda-san habe die populäre Gruppe „gesponsort”.
Weitaus bekannter als die Super Cub, die es offiziell in Deutschland nie gab, ist bei uns jedoch die „Affenbande” und das sind die Honda Monkey Modelle.