aus bma 06/07

von Jens Rademaker

Honda CB 600 F Hornet Die Hornet ist ein Meisterstück der Ingenieurskunst. Ihre General Electric F404-GE-400 Triebwerke leisten je 7258 kp Schub und bringen sie mit Nachbrenner auf Mach 1,8 (1950 km/h)… Ups, falsches Modell…
Die Erfolgsgeschichte der Hornet von Honda begann 1998 als CB 600 F Hornet. In den Jahren 2001 bis 2003 war sie das meistverkaufte Motorrad in Europa. Mit dem Modelljahr 2007 wurde dann das Konzept der Hornet 600 neu überarbeitet. Das doch eher etwas biedere Aussehen der alten Modelle sollte nun verschwinden, und sich der Nachfrage einer veränderten Kundschaft stellen.
Die neue Hornet präsentiert sich im aggressiven Design mit schöner Linienführung. Den Anfang macht die tiefgezogene Lampenmaske, welche die zwei übereinanderliegenden Scheinwerfer beherbergt. Am Kopf der Maske findet der Pilot das übersichtliche Infodisplay mit analogem Drehzahlmesser und gut ablesbarem Digitaltacho. Die ausgeprägte Linienführung setzt sich dann im geschwungenen 19 Liter fassenden Tank fort. Der Rückgratrahmen ist wie bei den Modellen der Vorjahre zwar immer noch nicht zu sehen, dafür besteht er jetzt aus Aluminium statt aus Stahl. Für die Schwinge wählte man ebenfalls Leichtmetall statt schweren Stahls. Den Abschluß bildet das knackige Heck mit integriertem LED-Rücklicht. Besonders erwähnt sei hier auch der Soziusplatz. Zitat der 200 km-Sozia: „Da kann man prima sitzen.” Die abgedunkelten, serienmäßigen Blinker passen sich prima ins Gesamtbild ein.

 

Die Auspuffanlage hat, im Gegensatz zur bisherigen Variante, einen neuen Platz unter dem Motor gefunden. Der dicke Vorschalldämpfer stört zwar das Gesamtbild ein wenig, sorgt aber dafür, daß die Hornet die Euro-III Abgasnorm erfüllt und daß man keine Sorgen haben muß morgens seinen Nachbarn zu wecken, denn die Hornet-Anlage entpuppt sich als Flüstertüte. Der neue Platz der Auspuffanlage führt zu freiem Blick auf das Hinterrad, und die Probleme beim Anbringen von Koffern oder Taschen sind von Gestern.
Honda CB 600 F Hornet Das Herzstück der CB 600 F Hornet ist der wassergekühlte Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor mit vier Ventilen pro Zylinder. Als Basis hierfür diente der Motor der für die CBR 600 RR (Modell 2007) entwickelt wurde. Er ist nun besonders im mittleren Drehzahlbereich durchzugstärker geworden. Der neue Motor bescherte der 600er eine Gewichtsreduzierung von fünf Kilogramm.
Nun zur Praxis: Das Motorradhaus Schreiber in Zeven (Tel. 04281/8555 oder www.honda-schreiber.de) stellte uns die Hornet 600 für eine dreitägige Weserberglandtour zur Verfügung. Die erste Anprobe viel geradezu problemlos aus: Raufsetzten, Lenkerfassen, passt. Nach dem Druck auf den Starter und dem Check-up des Displays (viele kleine Lämpchen, die leuchten und Zeiger, die schwingen) die diesmal berechtigte Frage „Ist die schon an?”
Die ersten Kilometer zeigen bereits eine der Stärken der neuen Hornet: Kurvenwedeln. Das Leergewicht von 198 kg (also inklusive Sprit, aber ohne Fahrer), bzw. 203 kg mit ABS, der verlängerte Radstand von 1435 mm und die längere Schwinge (580 mm) bringen das Gefühl des Fahradfahrens auf.
Auf längeren Etappen ohne wirkliche Kurven erweist sich die Kleine als Gemütsmotorrad mit Temperament, wenn man es braucht. Gemütlich spult man Kilometer für Kilometer ab, und wenn es sein muß, zieht sie spritzig an anderen Verkehrsteilnehmern vorbei. Der 599 ccm Reihenvierzylinder leistet immerhin 102 PS (allerdings erst bei 12000 U/min) und bringt einen Drehmoment von 64 Nm bei 10500 U/min.
Nun ein Manko: Die Gasannahme. Die Bewegungen der Gashand werden sehr genau an die Einspritzanlage weitergeleitet, was zu harter Gasannahme und Lastwechselreaktionen führt. In den engen Kurven des Weserberglandes merkt man das vor allem, wenn man einen eher gemütlichen Motorradfahrer vor sich hat. Der Motor läuft ansonsten sehr kultiviert und geschmeidig. Vibrationen sind nur im rechten Lenkerende zu spüren, wenn man das Gas wegnimmt. Das Getriebe spielt prima mit, und die Gänge rasten exakt ein.
Honda CB 600 F Hornet Handlichkeit ist die völlig richtige Beschreibung der Hornet. Die Sitzposition ist aufrecht, die Knie finden ihren Platz am Tank ohne Probleme, und die Füße ruhen auf den richtig platzierten Rasten. Ohne Anstrengungen kippt die Honda in die Kurven und wieder in die Senkrechte. Die gewählte Linie wird dabei nie verpaßt. Man kann wirklich machen, was man will, das Motorrad verzeiht jeden Fehler und ignoriert ihn einfach. Experimente zeigten: Rauf- oder runterschalten in Schräglage, kein Thema; auch hartes Bremsen in der Kurve… mach’ mal ruhig, ist nicht schlimm. Die sensible 41 mm Upside-down-Gabel steckt viel weg und bietet gute Rückmeldung für den Fahrer. Das Federbein arbeitet straff, aber nicht zu hart. Viele kleine Buckel in der Piste sorgen allerdings für Unruhe im Fahrwerk. Überraschend ist die Schräglagenfreiheit der 600er. Auch mit Anstrengung in jeder Serpentine wollen die Rasten einfach nicht auf den Asphalt (Diese Anstrengungen erklären vielleicht auch die geschlossen Augen der Sozia).
Die von uns getestet Hornet verfügte über das für 700 Euro Aufpreis erhältliche ABS-System. Diese Bremse reagiert feinfühlig, und die Dosierung ist leicht zu handhaben. Bei der ABS-Variante greifen vorne drei statt zwei Kolben auf Schwimmsätteln in die Scheiben. Das typische CBS (Combined Braking System) ist an das ABS gekoppelt und sorgt dafür, daß beim Betätigen der Hinterradbremse zusätzlich ein Kolben der rechten Vorderradbremse mit angesteuert wird.
Honda CB 600 F Hornet Der Wirkung der Honda Hornet 600 als „Anfänger-” oder „Frauen-” Motorrad ist allein durch die neue Optik voll entgegengewirkt, das Fahrverhalten der „Kleinen” entspricht aber genau dem. Leicht zu handhaben, Fehler spielen fast keine Rolle, tadellose Bremsen und genug Druck in jeder Lebenslage (sogar das Beschleunigen im sechsten Gang von Tempo 50 an ist kein buckelndes Gezuckel). Einfach draufsetzen und losfahren, Punkt aus. Honda hat hier einen Allrounder für jedermann hingestellt. Ob man ihr nun einen anderen Lenker mit Lenkerendenblinker, einen Bugspoiler und eine Laser Extrem Auspuffanlage verpaßt, oder sie mit Koffer und Topcase bestückt, alles ist möglich.
Für das Modell ohne ABS bringt man einfach 7490 Euro zum freundlichen Honda-Händler um die Ecke, und schon hat man eine Hornisse in blau (Candy Xenon Blue), goldgelb (Pearl Amber Yellow), schwarz (Pearl Night Star Black) oder rot (Pearl Siena Red). Das Zubehörpaket von Honda bietet schon so allerhand zum Nachwerkeln: Eine auf Bewegung und Schwingung reagierende Alarmanlage, einen markant geschwungenen Fly Screen, eine farblich passende Sitzbankabdeckung und Hinterradabdeckung, Heizgriffe, einen Magnettankrucksack und eine Motorradhaube zum Abdecken.
Die neue Hornet ist die spritzigste, aggressivste und handlichste Hornet seit den neun Jahren ihres Wirkens. Eine Probefahrt sollte man auf alle Fälle riskieren, es lohnt sich, versprochen. Die Kaufentscheidung könnte durch dieses durch und durch dynamische Motorrad beeinflußt werden.