aus bma 06/03
von Lorenz Haupt
Es war im April 2002. Ich fuhr mit meinem Motorrad, einer Honda CX 500, durch Flensburg. Es ging leicht bergab, auf einer schmalen Straße mit Kopfsteinpflaster. Kurz nach einer Ampel, ich schaltete gerade vom ersten in den zweiten Gang, krachte es einmal und sofort blockierte der Motor. Blitzschnell zog ich die Kupplung und rollte auf einen Parkplatz. Der ADAC musste mich abschleppen. Wie sich dann herausstellte, war die Steuerkette gerissen und hatte im Inneren des Motors einige andere Teile beschädigt. Das war also das Ende meiner Güllepumpe.
Zwei Wochen später war ich auf der Suche nach einem neuen Motorrad. Mein Sparbuch gab dafür ca. 4.000 Euro her. Es sollte klein und leicht sein, bequem, ein Tourer bis Allrounder, so um die 40 bis 50 kW würden reichen. Ich machte mich zu den Händlern der Umgebung auf, um eine Gebrauchte zu suchen, die all diese Anforderungen erfüllte. Schließlich fand ich eine blaue Honda CB 500, 42 kW, eineinhalb Jahre alt mit 7.100 km auf dem Tacho.
Beim Probesitzen merkte ich, dass die CB einen großen Negativ-Federweg an der Gabel hat. Auch die vordere Bremse fühlte sich recht weich an. Die Sitzposition passte sehr gut zu meiner Größe von 172 cm. Ich kam mit beiden Beinen ganz auf die Erde. An Extraausstattung hatte die Honda einen Scottoiler und eine lenkerfeste Universal-Zubehör-Verkleidung mit Windschild, die in der blauen Fahrzeugfarbe lackiert war. Damit bot sie in etwa den gleichen Windschutz wie die Honda CB 500 S, die eine rahmenfeste Halbschale hat.
Bei der Probefahrt fühlte ich mich auf Anhieb sehr wohl auf der Maschine. Die CB gilt allgemein als Anfänger-, Wiedereinsteiger-, Fahrschul- oder Frauenmotorrad, weil sie so leicht zu fahren ist. Dass sie leicht zu fahren ist, kann ich nur bestätigen. Sie verzeiht jeden Fahrfehler, ob man in der Kurve schön am Gas zieht, bremst oder vielleicht sogar rumschaltet, ist egal. Sie bleibt auf Linie und man hat nie ein unsicheres Gefühl. Auf der Internetseite vom KRADBLATT und anderen Motorradfachzeitschriften wird ihr Aussehen allgemein als etwas bieder beschrieben. Aber das ist Geschmackssache. Ich finde, ein aufregendes Design hat sie nicht gerade. Die CB wird dabei meist mit den 500ern von Suzuki und Kawasaki verglichen. Diese Vergleichstests hat sie alle gewonnen. Ich kaufte sie und handelte dabei noch ein paar neue Reifen heraus, die bald fällig waren. Es sollten die Metzeler 330/550 werden, von denen ich viel Gutes gelesen hatte.
In den ersten sechs Wochen bis die neuen Reifen da waren fuhr ich noch ca. 2.000 km. Mein erster Eindruck hat sich voll bestätigt. Der Zweizylinder zieht gleichmäßig von unten her durch. So richtig kräftigen Schub nach vorne hat sie ab ca. 6.000 U/min. Zwischen 4.000 und 6.000 U/min kann man mit ihr in den oberen Gängen schön tourermäßig mit ca. 80 bis 120 km/h durch die Landschaft gleiten. Ich selbst bin noch nie eine Kurve so rasant angegangen, dass die Fußrasten Bodenkontakt hatten. Die Bremsanlage besteht vorne und hinten aus je einer Scheibe und ist von Brembo. Die Bremse vorne ist trotz weichem Druckpunkt gut dosierbar und in der Leistung absolut up to date. Die Fußbremse bremst auf Wunsch kräftig mit. Der Kupplungshebel erfordert wenig Kraftaufwand um die Kupplung zu betätigen und die sechs Gänge sauber durchzuschalten. Das Einlegen des ersten und zweiten Ganges wird meist mit einem leisen Krachen aus dem Getriebe begleitet. Der Leerlauf ist leicht zu finden. In den Tank gehen angeblich 18 Liter incl. 2,5 Litern Reserve-Benzin. Gefahren wird mit Normal-Benzin. Bei einem Spritverbrauch von ca. 4,2 bis 5,5 Litern ergibt sich eine Reichweite von über 300 Kilometern pro Tank. Ich habe ihn noch nie ganz leergefahren, aber ich glaube, er fasst ca. einen Liter mehr als angegeben. Bei meiner Fahrweise im Landstraßen- und Stadtverkehrmix brauche ich immer unter fünf Liter auf 100 Kilometer.
Die Federung ist straff aber nicht hart. Die beiden Federbeine hinten schlagen auch mit Sozius selten durch. Es ist kein Vergleich mehr mit den schwammigen Schaukeln der Japaner von vor 20 Jahren. Zubehörprodukte von Wilbers und Co. haben aber sicherlich noch bessere Federungs- und Dämpfungseigenschaften wie die original Honda-Federelemente in der Gabel und im Heck. Aber auch die Originalteile erfüllen ihre Aufgabe im Fahrwerk ganz ordentlich. Es gibt kein Lenkerflattern oder Unruhe im Fahrwerk bei höheren Geschwindigkeiten.
Die Sitzposition ist relativ aufrecht und bequem. Auch nach meiner Anfahrt in den Harz von 9 Uhr morgens bis 20 Uhr quer über die Land- und Bundesstraßen von Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Thüringen stieg ich relativ locker und entspannt von meinem Motorrad. Ich hatte weder Rückenschmerzen noch tat mir der Hintern weh.
An Zubehör habe ich schon so einiges angebaut, z.B. einen Topcase-Träger von Hepco & Becker mit einem Koffer hinten drauf. Mein Bügelschloss bekam eine selbstgebaute Halterung an diesem Träger. Die Motorschutzbügel von Honda sollen den Motorblock bei einem Unfall schützen. Den vorderen und hinteren Kotflügel habe ich mit entsprechenden Spritzschutzverlängerungen versehen um bei Regenfahrten den meisten Schmutz vom Wasserkühler bzw. dem Topcase und meinem Rücken fernzuhalten. Des Weiteren habe ich einen Sigma-Fahrradtacho fürs Motorrad angebaut, hauptsächlich wegen der Uhr.
Eine eigene Erfindung ist mein Roadbook. Dazu habe ich eine Alu-schiene zugeschnitten und zurechtgebogen, so dass sie quer über den Armaturen im Cockpit längsläuft, dann in ca. 90° Winkeln nach unten geführt wird, wo sie an der Halterung der Lenkerverkleidung mit befestigt ist. Mittig auf der Schiene habe ich mir ein Thermometer für innen und außen befestigt. Die Innentemperatur ist hinter der Scheibe, der Fühler für die Außentemperatur ist unten am Bremsschlauch im Fahrtwind befestigt. Der Unterschied zwischen Innen- und Außentemperatur im Fahrtwind ist manchmal ganz enorm. Links und rechts des Thermometers sind zwei Magnethalter für Schranktüren auf den Bügel aufgeklebt. Die Gegenstücke dazu kleben in einer Klarsichthülle. Diese Hülle habe ich auf ca. 10 cm gekürzt. Hinein kommt ein DIN A4 Blatt, das wie ein Brief gefaltet wird. Auf dem Blatt ist die Wegbeschreibung meiner Tour mit den Ortsnamen und Abbiegepfeilen, wie sie wahrscheinlich während der Fahrt auch auf den Wegweisern zu finden sein werden. Dieses Roadbook ist immer optimal im Blickfeld über dem Tacho und dem Drehzahlmesser. Die Landkarte auf dem Tankrucksack kann man während der Fahrt doch nicht ablesen. Wenn ich damit fahre, verdeckt es zwar das Thermometer, aber na ja, was soll’s, das Roadbook ist dann wichtiger. Es hat sich jedenfalls schon auf einigen Touren bestens bewährt. Eine ähnliche Lösung lässt sich sicherlich bei vielen Motorrädern mit Verkleidung realisieren.
Mittlerweile habe ich mit meiner CB über 10.000 km zurückgelegt. Sie ist in dieser Zeit immer auf den ersten Knopfdruck angesprungen. Ich hatte nicht die kleinste Reparatur. Gemacht wurden die 12.000er und 18.000er Inspektion, neue Reifen kamen drauf und der TÜV wollte die CB zwei Jahre nach der Erstzulassung sehen. Ich brauchte nicht einmal Öl oder Wasser oder sonst irgend etwas nachfüllen, nachstellen, reparieren oder sonstige Wartungs- und Reparaturarbeiten ausführen. Doch, der Scottoiler wurde mit Kettenöl versorgt und der Krümmer zeigte die ersten Rostspuren. Krümmer und Auspuff sind schwarz und nicht verchromt bei der CX 500. Deswegen habe ich den Krümmer abgebaut, entrostet und mit hitzebeständiger Auspuff-Farbe aus dem Autozubehörhandel neu lackiert. Aber sonst hieß es nur draufsetzen, fahren und Spaß haben. Und zwei mal im Monat mehr oder weniger gründlich überputzen.
Ich bin mit Technik, Fahrleistung und Zuverlässigkeit der CB 500 sehr zufrieden und würde sie mir jederzeit wiederkaufen. In der Anschaffung und im Unterhalt ist sie günstig und wer nicht gerade auf Chopper oder Enduros steht, wird mit ihr beim Fahren viel Spaß haben.
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Kommentare
2 Kommentare zu “Honda CB 500”
CB 500
Nachtrag:
Bei aller Lobhudelei –
die Maschine hat keine Tankuhr – ein Manko – weiss der Deibel, was Honda sich dabei gedacht hat. Mann sollte also nicht vergessen, beim Tanken den Tageskilometerzähler auf „000“ zu stellen, andernfalls muss man sich mit einem Blick in den Tank vergewissern, dass man noch genügend Treibstoff hat – sehr lästig beim Fahren mit Tankrucksack! Leerfahren bis auf „Reserve“ (2,5 Liter lt. Honda) ist nicht mein Ding. Ich tanke nach ca. 300 km nach, dann bin ich stets auf der sicheren Seite. Mein Verbrauch ähnlich wie bei L. Haupt: 4,2 bis 5,5 Liter, abhängig von der Fahrweise und Kurz- oder Langstrecke.
Honda CB 500
Am Abend vor dem Ersten Mai sitze ich vor dem Eis-Cafe und schlürfe eien Cappucino, als ich einen älteren Herrn dabei beobachte, wie er um meine 125er Daelim VS herumschleicht, sich bückt, sich am Kopf kratzt…
„Wenn gleich der Lack abplatzt, weil Du so guckst, musst Du sie kaufen“, rufe ich ihm zu, während er sich grinsend umdreht und auf meinen Tisch zuhält. Er sei gerade in Rente gegangen, erzählt er mir, und seit langem überlege er, sich so eine kleine, preiswerte Maschine zu kaufen. Er habe den alten 3er FS ( vor dem 01.04.1980), mit dem er eine 125er fahren dürfe. Wieviel ich dafür haben wolle ? Nun, ein Verkauf sei eigentlich nicht wirklich angedacht…aber…
Ich gab ihm meine Karte und lud ihn und seine (zukünftige ?) Sozia für den nächsten Tag zu mir nach Hause ein. Und tatsächlich – ich hatte nicht wirklich damit gerechnet – kamen beide und wir besprachen die „Idee“ bei Kaffee und Kuchen. Er akzeptierte meine Preisansage, allerdings gab ich zu bedenken, dass ich mich dann erst einmal nach einer neuen Maschine umsehen müsse. Ich war nach oben offen, da ich den alten Einser FS besitze. Gesagt – getan. Einige Tage später hatte ich bei einem Honda-Händler eine CB 500 aufgetan, identisch mit der von Lorenz Haupt (s.o.!). Nun könnte ich seinen Text komplett und ohne jede Einschränkung wiederholen. Ich habe bereits Ende der 70er Jahre eine CB 500 four gefahren und hatte nur gute Erfahrungen damit gemacht. Nach fünf Minuten Probefahrt war mir das Moppäd am Hintern festgewachsen, als hätte ich nie etwas anderes gefahren. Zack – gekauft ! Kleine Umstellung vom 125er Chopper auf einen Sporttourer mit fünfmal soviel Dampf war schnell erledigt, auch meine Sozia fühlte sich auf Anhieb wohl hinter mir, ein nicht unwichtiges Kriterium 😉
Nachgerüstet habe ich eine GIVI Tourenscheibe, Scottoiler, welcher sich wunderbar diebstahlsicher und geschützt vor Verschmutzung in einem Staufach unter der abschliessbaren Sitzbank verbauen liess. Ausserdem eine Navi-Halterung, ein Topcase in Fahrzeugfarbe sowie eine 12 V-Steckdose. Nun haben wir einen feinen Tourer, der Vorbesitzer hatte sie allerbestens gepflegt, was wir nun fortführen. Das Motorrad macht einen Heidenspass mit all den Attributen, die L. Haupt oben schon beschrieben hat. Zusätzlich haben wir uns eine Bluetooth-Helmsprechanlage gegönnt. Nun kann ich mich während längerer Fahrten vom Handy, Navi und meiner Sozia vollsabbeln lassen, wenn ich will 😀
Was war da noch ?
Ach ja: Der Käufer meiner Daelim hat den gleichen Spass wie wir, hat er sich doch mit dem Kauf einen kleinen Rentnertraum erfüllt. Eine nette Freundschaft ist dadurch ebenso entstanden, kleine gemeinsame Tagestouren eingeschlossen. Und wie es sich gehört, lasse ich ihn vorwegfahren und das Tempo bestimmen – so kommt kein „Verfolgerstress“ auf.