aus Kradblatt 9/17, von Rainer Miehe

Unterwegs im Naturpark Lahn-Dill-Bergland

Rund um BiedenkopfWir sind seit fast 35 Jahren richtig gute Kumpels und mit Dedi gemeinsam Motorrad fahren ist einfach richtig gut!

Jährlich fahren wir gemeinsam mit unseren Frauen für ein verlängertes Wochenende mit den Mopeds weg und haben dabei natürlich immer viel Spaß. Im Frühsommer hatten wir dann beschlossen, mal ohne unsere besseren Hälften zu fahren. Eine echte Herrentour sollte es werden.

Dedi fährt eine Yamaha FJR und ich eine Suzuki GSX 1200. Wir fahren beide ein gutes Tempo, ohne Wert darauf zu legen Tagessieger in der lokalen Blitzerfalle zu sein, aber wir rollen auch nicht mit Cruisergeschwindigkeit durch die Gegend. Wir meiden beide gerne Bundesstraßen und bevorzugen kleine Straßen.

Wir hatten dann beschlossen, in der Gegend um Marburg nach einem Quartier zu suchen, da wir am Donnerstag erst am Nachmittag starten konnten und wir die Gegend dann noch einigermaßen erreichen konnten. Die Rückfahrt sollte dann am Sonntag erfolgen.

Nach kurzer Suche fand ich ein preiswertes Apartment in Biedenkopf in unmittelbarer Nähe des Marktplatzes mit vielen guten Restaurants und einem Bäckershop. Einfach eine perfekte Lage!

An einem Donnerstag im August trafen wir uns dann um 15.30 Uhr in Oyten bei Bremen. Leider meinte der Wettergott es nicht gut mit uns und wir mussten im Dauerregen los. Die frisch geputzten Mopeds waren sofort wieder eingesaut. Erst hinter Hannover hörte der Dauerregen auf und wir konnten mit etwas höherer Autobahngeschwindigkeit die Reise fortsetzen. Kurz hinter Göttingen knackte mein Motorrad dann die 60000 km Marke. Kurz vor unserem Ziel fing der Regen wieder an. Als wir um 20.15 Uhr in Biedenkopf ankamen, hatten wir fast 400 km hinter uns und langsam freuten wir uns auch darauf, mit einem Bierchen der „Unterhopfung“ ein Ende zu bereiten. Das Apartment war sehr sauber und alles war o.k.

Am Aarltalstausee eine kurze Rast.Am nächsten Morgen regnete es noch immer. Eigentlich hatten wir geplant, um Winterberg herum das Hochsauerland zu bereisen, aber nördlich von uns waren die Wolken am dunkelsten. Also entschieden wir, zunächst in Richtung Süden aufzubrechen. Zwar im Sprühregen, aber trotzdem mit guter Laune fuhren wir durch die kleinen Straßen durch Steffenburg, Siegbach, Bischoffen, Wetterberg und so weiter durch eine richtige kleine Traumlandschaft. Als dann Mittags auch noch der Regen aufhörte und die Straßen trocken wurden, konnten wir die Tour so richtig genießen! Erst südlich von Gießen sind wir wieder nach Norden abgebogen und hatten am frühen Nachmittag in Marburg einen der schlechtesten Döner, die ich je bestellt hatte. Grausam!

Von einer früheren Tour her kannten wir die Traumstrecke Frankenberg in Richtung Hallenberg. Eine richtig tolle Strecke ohne sich fies zuziehende Kurven. Perfekt um auch die Reifenflanken mal auszutesten. Als wir am späten Nachmittag wieder am Quartier in Biedenkopf ankamen, hatten wir 340 km Fahrspaß hinter uns und der Hintern fing auch schon an zu zwicken.

Der Abend war dann ganz toll! Unser Vermieter hatte Geburtstag und wir wurden kurzerhand und spontan mit in die Party eingebunden. Ein super Abend!

Sanfte Hügel, schöne Strecken rund um BiedenkopfAm nächsten Morgen lachte die Sonne und wir wiederholten zunächst noch einmal einen Teil der Strecke vom Vortag. So gut hatte uns die Gegend mit ihren kleinen gepflegten Ortschaften gefallen. Gegen Mittag waren wir dann am Aartalstausee und hatten in der Nähe einen kleinen Kaffee an einem Motorradtreffpunkt. Auch ein paar Kreidlerfahrer mit toll restauriertem Alteisen hatten den Weg hierher gefunden. Als ehemaliger Fahrer einer Kreidler (ist das lange her) war das für mich ein Augenschmaus!

Weiter ging es dann in nördlicher Richtung. Durch Zufall trafen wir an der Einmündung zur B 255 ein paar junge Motorradfahrer, die den ganzen Tag mit dem Motorrad die anliegende Strecke mit vielen engen Kurven und so viel Speed wie möglich herauf und herunter fuhren. Ausschließlich für Motorradfahrer war die Strecke schon vom Tempo mit Schildern heruntergesetzt. Anscheinend hatte es hier schon sehr häufig gekracht. Die ehemaligen Parkplätze waren bereits gesperrt worden, da sie als Applauskurven benutzt wurden. Die jungen Leute waren prächtig darüber informiert, ob amtliche Würdenträger dort kontrollieren würden. Ein Zitat eines jungen Mannes mit einem sehr gewagten Fahrstil: „Heute Nachmittag sind hier ganz viele Motorräder und die Polizei kontrolliert hier. Das ist immer so. Dann gibt es auch allgemeine Verkehrskontrollen. Aber solange die nicht hier sind, knalle ich hier rauf und runter.“ Danke lieber Zeitgenosse, dir und anderen Schwachköpfen verdanken wir Streckensperrungen und andere blödsinnige Regulierungen. Nichts wie weg hier!

Über kleine Straßen sind wir dann weiter. Witzig war, dass in einem kleinen Ort plötzlich die Straße gesperrt war. Ein Festzelt verhinderte die Weiterfahrt. Dort sollte heute Abend noch eine Hochzeit gefeiert werde. Wir fuhren weiter nach Winterberg und über Nebenstraßen nach Schmallenberg. Bei Saalhausen dann die Abzweigung und Kurvenswingen auf fast 40 km vorbei am Rhein-Weser Turm bis nach Bad Berleburg. Das war Kurvenspaß vom Feinsten! Nach über 350 km auf kleinen Landstraßen hatten wir uns ein wunderbares Abendessen beim Chinesen verdient.

Sonntags ging es in einem Mix von Landstraßen und Autobahn wieder zurück in Richtung Bremen. Wir hatten die Rückreise als Tour geplant. Nur von Paderborn bis Porta Westfalica hatten wir ein Stück Autobahn. Mir hat die Rücktour erheblich besser gefallen als die Hintour. Das stumpfe Ballern fast nur auf der Autobahn A7 nervt.

Im Allgemeinen stelle ich eines ganz klar fest: Man merkt, ob man die Grenzen zwischen Nordrhein-Westfalen und Hessen überquert. In Hessen sind die Straßen einfach besser gepflegt. Es ist halt mehr Geld für die Erhaltung vorhanden. In NRW und insbesondere in Niedersachsen ist wenig bis gar nichts in die Straßenerhaltung gesteckt worden. Hessen ist zum Touren richtig gut geeignet!

Auf der gefahrenen Tour war die Verkehrsdichte nicht so groß. Nur den Ballungsraum um Gießen würden wir das nächste Mal meiden. Die Gegend südlich von Marburg ist hügelig mit vielen Wäldern und kleinen Straßen. Perfekt! Im Sauerland kann man zwischen schnellen Straßen und kleineren Landstraßen wählen. Vorsicht ist auf den Bundesstraßen in NRW und auch in Hessen angesagt. Viele Landkreise möchten ihr Budget durch automatisch anzufertigende Portraits verbessern. Allein im Bereich um Wetter (Hessen) wimmelt es vor Blitzern, die auch von hinten blitzen.

Es war eine tolle Herrentour und wir werden sie mit Sicherheit wiederholen. Eventuell dann auch mal länger als ein verlängertes Wochenende. Uns schweben da so die Seealpen oder ähnliches vor …