aus bma 07/06
von Kai G. Hostrup
Und wieder türmten sich, genau wie im letzten Jahr, die Reiseutensilien vor dem Wohnzimmerschrank. Wieder fragten wir uns, wie das alles bloß auf das Moped passen soll.
Es ist kurz vor der ersten Juni-Woche, und es geht ans Packen. Zelt, Schlafsack, Kocher und Co. liegen ja schon seit Wochen da und warten. Der Tankrucksack gleicht einem riesen Kürbis, die Seitentaschen und der seit Jahren bewährte Louis-Sack werden mit allen notwendigen Utensilien voll gepackt. Die Mopeds, Hollis XVS 1100 Classic, Peters RF 900, Wolfgangs Bandit 600 S, und meine ZXR 750 H1, Bj. 89, mit ca. 75000 km, sind reisefertig. Ölwechsel, Zündkerzen, Luftdruck etc., alles ist bereit.
Alle Stellen am Motorrad, an denen die Packtaschen reiben könnten, werden mit Kreppband abgeklebt. Schütz echt gut den Lack, und es gibt keine bösen Überraschungen bei der Reinigung nach der Tour.
Samstagmorgen, 2:00 Uhr, die A7 wartet. Die Klamotten an, Motor starten, und schon ist das Urlaubsfeeling wieder da. Auf zum ersten Treffpunkt, nicht die DB-Verladestelle Hamburg Billbrook, sondern die Autobahntankstelle Hamburg Stillhorn auf der A1. Plötzlich kommt da doch von hinten ein Idiot angeflogen, der auch noch rechts überholt… Ups, das Kennzeichen deutet auf Peter hin, der aus Büchen zu uns stoßen wollte. Jetzt kann es ja richtig losgehen.
Geplant ist wie im letzten Jahr, von Hamburg bis nach Misurina, den Drei Zinnen bei Cortina de Ampezzo zu fahren. Die Nacht ist doch noch recht kalt, so daß wir beim Tankstop gleich einen heißen Kaffee brauchen.
In regelmäßigen Abständen von ca. 100 km wird eine Zigarettenpause gemacht, und ca. alle 200-250 km muß auch wieder der Tank beglückt werden. So haben wir immer ausreichende Pausen.
Die Fahrt von Hamburg bis nach Österreich verläuft ohne Probleme, und als wir Bayern erreichen, kommt die lang ersehnte Sonne zum Vorschein und erwärmt nicht nur unsere Herzen. Frühstück ist angesagt.
Auf geht es nun durch Österreich über die Großglockner Hochalpenstraße weiter gen Süden. Diese einfach genialen Serpentinen haben uns ja so gefehlt. Holli fährt stets mit seiner XVS 1100 vor, um das Tempo vorzugeben. Wer denkt, das bedeutet nun leichtes Cruisen, der irrt. Wenn der so weiter fährt, brauchen wir keine Rasierklingen mehr. Die Trittbretter schaben über den Asphalt, daß die Funken fliegen, und alle hinter Ihm können sich das Lachen unter dem Helm einfach nicht verkneifen. Oben angekommen, ist die Aussicht wieder einmal herrlich. Schnee, Sonnenschein, blauer Himmel und ein Blick ohne Ende sind unwerfend. Leider haben wir ja noch einiges an Strecke vor uns, so daß wir zügig weiter müssen.
Bella Italia. Gegen 17:30 Uhr überqueren wir dann die Grenze zu Italien. Alle schauen so langsam müde aus und sehnen sich dem Campingplatz am Lago de Misurina entgegen. Mit zunehmender Höhe, 2998 m, wird es auch immens kälter.
Es wird bereits dunkel, als wir den Campingplatz erreichen. Aber was ist dat denn? Schranke unten, weit und breit niemand zu sehen, der Platz völlig leer. Was nun? Kein Bett, kein Schlaf, und kalt ist es auch. Also rein nach Cortina de Ampezzo und ein Bett suchen. Keine Chance, etwas zu finden, und ein Fünfsterne-Hotel soll es aus Kostengründen auch nicht sein.
Letztendlich machen wir auf einem kleinen Waldweg nahe Cernadoi erstmal den Gaskocher an, und der Cappuccino wärmt dann ein wenig unsere Gemüter. Holli, („das wird ein Abenteuerurlaub”) macht es uns vor, Schlafen auf dem Bike. Kein Problem. Moped auf den Ständer, Füße auf den Lenker und Kopf auf die Gepäckrolle, schon geht das Sägen los. Die anderen und ich bevorzugen da den Waldboden.
Nach ca. drei Stunden Schlaf und etlichen Tassen Capuccino geht es dann weiter Richtung Gardasee.
Die teilweise schlecht ausgeschilderten Straßen verhelfen uns zu einfach tollen kleinen Wegen, die man niemals gefunden hätte. Dank ADAC Straßenkarten konnten wir unser Ziel, keine mautpflichtigen Autobahnen zu nutzen, fast ganz durchziehen. Über Marmolada (3342 m), Cavalese und Trento erreichen wir gegen Montagnachmittag im Sonnenschein den Gardasee. Der Campingplatz ist offen, und wir können sogar den gleichen Platz wie im letzten Jahr beziehen.
Nach Aufbau der Zelte verbringen wir den Rest des Tages am See und entspannen uns ein wenig nach der langen Nacht.
Nach einem Bier und der obligatorischen Tütensuppe geht es uns besser, und die Lust kommt auch bei mir zurück, nachdem ich den Anlasser an meiner ZXR 750 H1 nach einigen Mühen und Schrauben wieder zum Laufen bringen konnte. Die Steinschläge im Laufe des Mopedlebens hatten ihm doch etwas zugesetzt.
Am folgenden Morgen und nach einer Stunde des Wartens auf Peter, geht es am Gardasee entlang Richtung Süden. Geplant ist, heute noch Frankreich zu erreichen. Das Warten auf Peter ändert sich auch die kommenden Tage nicht. Alle haben ihre Zelte, Schlafsäcke und Gepäckrollen fertig auf dem Moped verschnürt, als Peter dann mal aufwacht und seinem Spitznamen „Badenutte” alle Ehre macht. Waschen, Schneiden, Legen, Föhnen.
Weiter über herrliche Serpentinen und durch wunderschöne Landschaften über Bologna, Modena, Parma nach Piacenza. Danach über Alessandria Richtung Torino und ab nach Süden geht es dann Richtung Grenze bei Monaco. Es ist natürlich Pflicht, den Schumi-Kurs abzufahren. Rein geht ja, aber aus Monaco rauszukommen, wird ohne genaue Karten zu einer Suchaktion. Nachdem wir den Hafen zum x-ten Mal sehen, fahren wir einfach geradeaus und siehe da, schon sind wir wieder auf den bekannten leeren, kurvigen kleinen Landstraßen unterwegs.
Gegen 22:00 Uhr erreichen wir dann den Campingplatz Nahe Sospel in Frankreich. Leise schieben wir unsere Maschinen auf den Platz und bauen die Zelte auf. Nach einer ruhigen und schönen Nacht geht es morgens ohne Zelte auf einen Rundkurs in den Parc National du Mercantour. Leider sind diverse kleinere Pässe gesperrt, so daß wir aus einem kleinen „Erholungsrundkurs” einen Marathon von ca. 350 km machen. Wolfgang hat die ganze Fahrt über einen sehr nervösen Bezug zu seinem Tank, da einfach keine Tankstelle zu finden ist. Bei nahezu jedem Stopp muß er den Tankdeckel aufmachen und einen Blick riskieren, hier war nun das große, berühmte Panik-„P” zu sehen. Die 330 km saugen die Stunden nur so auf. Pausen, Kurven und Landschaft sorgen dafür, daß wir erst spät am Abend wieder am Campingplatz bei Sospel aufschlagen. Der durchschnittliche Verbrauch von 5-5,5 Liter auf 100 km bei allen vier Bikes macht diese lange Tour möglich. Aber dann kann auch endlich Wolfgang seiner Bandit den Lebenssaft einflößen und ist erheblich glücklicher.
Am folgenden Tag lassen wir uns sehr viel Zeit auf der Route Napoleon, um die Landschaft zu genießen und beziehen so am frühen Nachmittag nahe Tallard den nächsten Campingplatz. Hier gibt es ein kleines Restaurant, welches eine tolle Abwechslung zu Tütensuppe und Co. darstellt. Das Fischer-Bier und Pernod schmecken herrlich zur frischen Pizza. Käse und Brot tun den Rest, so daß wir satt und leicht benebelt in den Schlaf fallen.
Am folgenden Tage geht es dann weiter auf der Route Napoleon gen Norden. Über Grenoble, Chambéry an Lyon vorbei Richtung Dijon. Hier beziehen wir kurzerhand einen kleinen Campingplatz, der an einer unscheinbaren Stelle des Weges abgeht. Er entpuppt sich als ein traumhafter Platz.
Der Abend und die Nacht gehen schnell rum. Über Besançon, Belfort und Mulhouse kommen wir wieder nach Deutschland. Kaum hier, fängt das Wetter an umzuschlagen.
Was machen? Da wir gegen Nachmittag die Grenze überquert haben, entscheiden wir uns, die Nacht durchzufahren, um morgens wieder in Hamburg zu sein. Wir gönnen uns aber erst mal ein ordentliches Abendbrot auf einem Rastplatz und verspeisen unsere restlichen Vorräte. Gesagt, getan. Alles an Klamotten anziehen, Regenzeug über, tanken und los.
Die Nacht erweist sich als sehr, sehr kalt. Als morgens die Sonne aufgeht, haben wir die Kasseler Berge bereits hinter uns gelassen. Gegen 9:00 Uhr hat Hamburg uns wieder.
Insgesamt waren es ca. 4300 km in einer Woche, obwohl wir uns sehr viel Zeit für die Landschaft und herrlichen Aussichten genommen haben. Die Campingplätze waren alle gut und günstig, da wir es nicht sein lassen konnten zu handeln. Dies führte immer zum Erfolg.
Mit durchschnittlichen Kosten von 10 Euro pro Mann, Zelt und Bike waren die Übernachtungen gut und günstig. Alle Motorräder haben die Tour ohne Probleme überstanden, nur Wolfgang hatte einen kleinen Umfaller in einer Wende in den Bergen.
Sturzbügelen und Satteltaschen sei Dank, hat nur der Krümmer eine kleine Delle abbekommen.
Meine Kawa hatte den Blockierer am Anlasser (Zahn auf Zahn), und Holli hatte mit seinem Zusatzscheinwerfern der Blinkerbrücke zuviel zugetraut. Hier konnte eine einfache Schlauchschelle Abhilfe schaffen.
Kaum zu Hause, ist die Planung für die nächste Tour bereits im Gange. Diesmal soll es gleich nach Frankreich gehen und dann rüber nach Spanien. Mal sehen, wie das Wetter dort so ist. Dafür haben sich bereits wieder alle angemeldet, wir konnten sogar schon Zuwachs verzeichnen. Mal schauen, wie die Tour wird – wenn doch nur schon Juni wäre
P.S.: Ich möchte mich auf diesem Wege bei allen bedanken. Die Fahrt war echt toll, und ich freue mich auf die nächste Tour mit euch.
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