aus Kradblatt 12/14
von Jörg „Jogi“ van Senden / penta-media.de

 

Sonne, Ziegen und Meer – Fuerteventura

Hier-zu-baden-ist-lebensgefaehrlichReiseberichte lösen bei mir immer Fernweh aus. Begeisterung und Faszination schlagen jedoch schnell in Frust um, wenn einem gewahr wird, dass das Jahr zu wenige Urlaubstage hat und der Banker keinen Kredit für eine Amazonas-Expedition oder die USA-Rundfahrt mit dem Motorrad herausrücken will. Dabei scheuen diese Burschen doch sonst kein Risiko. Sind weder Zeit noch Geld das Problem, meldet garantiert der Lebenspartner ein Aufmerksamkeitsdefizit an.

Damit dürfte grob umrissen sein, warum für viele von uns die großen Reisen mit dem Motorrad Träume bleiben, die in der Realität kaum umzusetzen sind. Deshalb möchte ich nun die Gelegenheit ergreifen, zur Abwechslung einmal einen Reisetipp zu geben, der nicht nur finanziell und zeitlich im Rahmen bleibt, sondern auch ein tragbarer Kompromiss für euren Partner oder die Familie darstellen könnte: Auf nach Fuerteventura!

Erstes-Harley-ProbesitzenDie zweitgrößte Kanareninsel nach Teneriffa ist mit nur viereinhalb Flugstunden schnell zu erreichen und erfreut auch im Winter mit zwanzig Grad Celsius und strahlendem Sonnenschein. Insbesondere die Orte Costa Calma und Jandia im Süden der Insel begeistern mit langen Sandstränden, malerischen kleinen Felsbuchten und bizarrem Vulkangestein. Das kommt bei Inseln vulkanischen Ursprungs gelegentlich vor. Palmen, Einkaufspassagen, Restaurants und etwas Nachtleben decken die Wunschliste der Angehörigen im Groben ab. Insbesondere Costa Calma ist für sein Nachtleben bekannt und wird deshalb auch manchmal Costa Koma genannt. Die Hotel-Bandbreite gibt für jeden Bedarf und Geldbeutel das richtige Angebot her.

Und nun zu den Bedürfnissen des Motorradfahrers, der seine Angehörigen somit gut genug unterhalten weiß, um sich ohne schlechtes Gewissen für zwei bis drei Tage abmelden zu können.

La-ParedMan kann als Planungsperfektionist schon von zuhause aus ein Zweirad reservieren; nötig ist es nicht unbedingt. Zweirad- und Autovermieter gibt es reichlich vor Ort. Wer sich zügig in den ersten Urlaubstagen um ein Moped bemüht, der wird schnell etwas Passendes finden. Die Preisliste beginnt derzeit bei 29 Euro für einen 125er Roller, 45 Euro für eine 125er oder 200er Enduro, 79 Euro für eine japanische 500er oder 600er und ca. 100 Euro für eine Harley, die dann auch schon das Ende der Fahnenstange markiert. Mehr als 80 bis 90 km/h sind, abgesehen von einem kurzen Autobahnstück mit 110 km/h, sowieso nicht erlaubt. Wegen der Steigungen in den Bergen würde ich jedoch mehr als 125 ccm empfehlen.

Eine Enduro zu mieten ist relativ sinnlos, da das Verlassen der Straße generell nicht gestattet ist. Zum einen wollen das die Vermieter der Fahrzeuge nicht und man verliert den Versicherungsschutz, zum anderen ist das Innere der Insel Naturschutzgebiet oder militärisches Sperrgebiet. Ausnahmen gibt es nur für geführte Buggy-, Enduro- oder QuadTouren, die dann im größeren Rudel durchgeführt werden. Ich habe unterwegs solche Verbände getroffen, bei denen die meisten den Staub des Vordermannes direkt einatmen durften.

Jandia-PlayaDie meisten Anbieter stellen die Fahrzeuge direkt vor das Hotel oder bieten einen komfortablen Shuttle-Service vom und zum Hotel an. Helm und Ausrüstung werden ebenfalls gestellt. Es gibt also keinen Grund das eigene Gerödel  herumzuschleppen. Geführte Touren werden ebenfalls angeboten. Eigentlich sind diese Führungen überflüssig, da die Insel nur knapp 100 km lang ist und an der breitesten Stelle 31 km misst. Man muss schon den Orientierungssinn eines halben Hähnchens haben um sich auf Fuerteventura ernsthaft zu verfahren.

Einige Navis haben die Karten von den Kanaren parat. Wer ein solches Gerät besitzt, kann es natürlich einpacken. Nötig ist es nicht. Die Beschilderung auf der Insel ist sehr gut; der Straßenbelag geradezu traumhaft. Bereits am Flughafen liegen gratis kleine Straßenkarten aus, die völlig ausreichend sind. Darauf sind auch Sehenswürdigkeiten vermerkt, die man später noch mit dem Auto und der Familie besichtigen kann. Dazu gehören das Salz Museum, der Oasis Tierpark, die Cuevas (Höhlen) de Ajuy, die Cueva de Llano, die Wanderdünen von Corralejo und vieles mehr.
Da ich meine Zeit nicht in Museen und mit Kamelausritten verbringen will, sondern mit Motorradfahren, habe ich auf diese Stopps verzichtet und lieber die grandiose Landschaft auf mich wirken lassen.

ueberall-ZiegenWer quer über die Insel fährt wird einige Straßen finden, die ewig geradeaus verlaufen und links und rechts von Felsen und Bergen gesäumt sind. Außer einigen Ziegen, mal tot, mal lebendig, trifft man oft kilometerweit niemanden. Vergleiche mit Straßen auf dem amerikanischen Kontinent liegen nicht fern.

Tatsächlich muss man auf die Ziegen aufmerksam achtgeben. Mehrfach liefen mir diese Insulaner vor das Vorderrad und nötigten mich zum Bremsen. Fuerteventura nennt man auch „La isla de los cabritos“ – die Insel der Ziegenböcke. In der Tat scheint auf der kargen Insel auch nichts anderes gut zu gedeihen. Die Schilder am Straßenrand warnen alle paar Kilometer vor Rindern oder Hirschen, aber außer beim abendlichen Gala-Dinner habe ich nirgendwo solche beobachtet. Dafür rennen überall die Ziegen umher. Vermutlich haben die Spanier keine „Vorsicht Cabritos“ Schilder. Die ca. 110.000 Einwohner Fuerteventuras machen jedenfalls das Beste daraus und produzieren fleißig Ziegenkäse für die Insel und den Export. Außerdem werden viele Aloe Vera Produkte hergestellt. Der Rest ist das Geschäft mit dem Tourismus und natürlich gehören auch die geführten Touren dazu.

Puerto-Morro-JableIch bevorzuge die individuelle Freiheit zu halten und zu verweilen, ohne Gruppenzwang und Restaurantpausen, so wie es mir gerade passt. Man bekommt wesentlich mehr von der Landschaft mit, wenn man nicht auf seinen Vordermann achten muss. Die steilen Küstenverläufe an der Westküste haben mir besonders gut gefallen. Zehn bis zwölf Meter hohe Wellen tosen gegen die Felsen und sorgen für eine gigantische Brandung. 1994 lief zwischen La Pared (die Wand) und Ayui die American Star auf diese Felsen. Heute ist von dem Luxusliner nichts mehr zu sehen. Die enorme Kraft der Wellen hat alles gnadenlos zerlegt.

Bereits nach einem Tag mit dem Motorrad auf Fuerteventura hat man gut damit zu tun, die gesammelten Eindrücke zu verarbeiten. Szenegänger können dem Gremium MC (Isle of seven) einen Besuch abstatten, der in Costa Calma gegenüber dem Afrika Markt ansässig ist. Der offene Club­abend findet jeden Freitag statt. Wer höflich ist, meldet sich vorher an. Für mich brachte der nächste Tag eine Tauchfahrt in einem Touristen-U-Boot von Puerto Morro Jable. Wie eingangs schon erwähnt, dieser Reisetipp ist ein durchaus realistischer, machbarer Kompromiss.

Motorradvermietungen zum Vorbestellen:

  • Motor Adventure Tour Fuerteventura, Top Service, gehört zum Gremium MC, mein persönlicher Tipp: www.motorradvermietung-fuerteventura.de
  • Xtreme Motorrad Vermietung (vermietet alles), www.extreme-car-rental.com
  • Harley Tours Fuerteventura: www.harley-tour-fuerteventura.com