Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 6/22 von Mathias Thomaschek, www.zweirad-online.de

Öl auf der Fahrbahn …

Mathias Thomaschek
Mathias gibt die Zweirad heraus

Jetzt sind sie wieder unterwegs, die, gegen die kein Kraut gewachsen ist: Spinner, Raser, Blümchenpflücker, Herrenfahrer, Oberlehrer, Verkehrserzieher, selbsternannte Kindergärtner und sonstige Zeitgenossen. Nix Neues, ist jedes Jahr dasselbe. Mit ihnen kann und wird der in sich ruhende mental gefestigte Biker gut umgehen. Entweder langsam hinterhertuckern oder flott überholen.

Schlimm wird es allerdings, wenn uns die Physik hinterhältig zu Boden bringt. Nicht, weil wir im ersten Frühlingsrausch glauben, unkaputtbar oder sogar unsterblich zu sein. Sondern weil an der Tanke irgendein Hirni dem Diesel freie Luft zum Atmen gibt, indem er vergisst, den Tankdeckel zu schließen. In aller Regel sind das auch jene Verpeilten, die nach der automatischen Abschaltung der Zapfpistole noch den Schlauch in die Höhe heben, um auch den letzten Tropfen des kostbaren Gutes zu erhaschen. Sein Blick, wenn du ihm freundlich erklärst, dass das nichts bringt, weil das Abschaltventil in der Zapfpistole sitzt: unbezahlbar! Genau solche sind es aber oft, die den Verbrauch ihres Bürgerkäfigs pro 100 Kilometer zackig in die Höhe treiben, weil sie den Diesel in den nächsten Kurven in breitem Schwall über die Fahrbahn verteilen.

An dieser Stelle hat der Spaß endgültig ein Loch: Ist es „nur“ Benzin, erledigt sich die Gefahr ziemlich zügig, weil das ja schnell verdunstet.Anders beim Diesel: Kein Motorradreifen dieser Erde baut auf so einer Spur noch verwertbare Haftreibungskräfte auf. Ergebnis: die Fahrbahn nähert sich zügig und trifft dich hart von unten. Das Perfide dabei: du hast keine Chance.

Jeder kennt die Schilder mit dem Hinweis „Ölspur“ und macht den Gashahn freiwillig zu. Dann war aber bereits die Feuerwehr vor Ort und hat die Rutschbahn mit Ölbindemittel abgestreut und abgekehrt. Will heißen: Die größte Gefahr ist hier schon gebannt. Was aber, wenn du auf eine taufrische Spur triffst? Ich meine: Zuerst mal anhalten und prüfen, ob es wirklich Öl ist. Manch frisch befüllter Kieslaster oder Karpfentransporter schmeißt täuschend ähnliche Wasserspuren auf den Asphalt. Die sind zwar auch nicht schön, aber relativ ungefährlich. 

Also: anhalten, absteigen und mal vorsichtig mit dem Schuh drüberglitschen. Zieht es dir dabei fast das Bein weg, ist Vollalarm angesagt, weil es dann eben kein Wasser, sondern Diesel oder irgendein anderes öliges Zeug zum Beispiel aus der defekten Hydraulikleitung eines Lkw ist. Leider riecht Diesel heute nicht mehr nach Diesel, früher war das einfacher.

Man kann jetzt entweder sein Smartphone zücken und genüsslich filmen, wie es nachfolgende Biker galant aufs Maul haut. Bringt bei entsprechender Zielgruppe auf YouTube bestimmt satte Klickzahlen aber keine Freunde. Oder sofort die 110 wählen und die Situation melden. Die Polizei veranlasst dann alles weitere für Absicherung und Reinigung.

Bis Hilfe eintrifft, sind wir gefordert! Zum Beispiel, indem wir weit genug vor der geölten Fahrbahn unseren Helm über einen Leitpfosten stülpen und den Kollegen geschwindigkeitsreduzierende Handzeichen geben. Wer von ihnen diese einfache, aber hocheffektive Warnung ignoriert, landet erst auf der Straße und dann mit etwas Glück doch noch auf YouTube …