Wo bleibt der Knaller im Motorradmarkt? Ich meine damit nicht die x-te Style-Version von irgendeinem Fahrzeug, das uns mehr oder weniger modifiziert als neu verkauft wird. Ich warte auf echt neue Technologie. Statt dessen habe ich das Gefühl, wir bewegen uns rückwärts… 

Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 11/16
von Marcus Lacroix

Seid ihr offen für Neues?

Marcus mit xChallenge

Nach der Messe ist vor der Messe oder auch zwischen den Messen – an der Vorstellung von „Neuheiten“ herrscht bei den Herstellern derzeit kein Mangel.
Auf der Intermot in Köln Anfang Oktober gab es schon einiges zu sehen und noch bevor die Eicma in Mailand im November ihre Tore öffnet, gab es weitere Präsentationen: BMWs 1600er Bagger, Triumphs 1200er Bobber (siehe Seite 57 und 54 in Kradblatt 11/16), Yamahas 300er T-Max Scooter; weitere werden nach Redaktionsschluss vermutlich folgen.

Nun ist die Retro-Welle ja nach wie vor schön am Laufen und natürlich surfen alle
drauf mit, die etwas verdienen wollen. Trends muss man nutzen, Mode ist vergänglich. Und das ist ja auch ok, letztendlich lebt auch das Kradblatt nur davon, das wir Motorradfahrer Produkte kaufen. Es macht ja auch Spaß und ich freue mich auch immer über neue Spielsachen. Trotzdem bleibt bei mir da ein irgendwie leeres Gefühl im Bauch. Mir fehlt dieses kultige „One more thing“ – dieses „Einen haben wir noch“, das Steve Jobs (RIP) von Apple früher so gekonnt inszenierte. Am Ende einer Produktpräsentation haute er den eigentlichen Knaller raus.

Aber wo bleibt der Knaller im Motorradmarkt? Ich meine damit nicht die x-te Style-Version von irgendeinem Fahrzeug, das uns mehr oder weniger modifiziert als neu verkauft wird. Ich warte auf echt neue Technologie. Statt dessen habe ich das Gefühl, wir bewegen uns rückwärts.

Poste ich auf dem Kradblatt Facebook-Kanal z.B. mal etwas über Elek­tromotorräder, kommen mindestens 10 Kommentatoren die beteuern, lieber mit dem Motorradfahren aufhören zu wollen als E zu fahren (ohne es bisher mal probiert zu haben). Bringt ein Hersteller, wie aktuell BMW, (siehe Seite 56in Kradblatt 11/16) einen zugegeben arg futuristischen Blick in die Zukunft, ist der Aufschrei der Traditionalisten noch größer – „Sakrileg, ihr tötet unsere Tradition …“ Also bitte Leute, seit wann gibt es Motorräder?

Irgendwie macht mich das traurig, denn die aktuelle gesellschaftliche Entwicklung spiegelt sich auch im traditionsbehafteten Motorradgeschäft wieder. Festhalten am Alten, Neues verteufeln. Willkommen im modernen Mittelalter.

Einen schönen Gedankengang fand ich im Blog vom Politologen Frank Strauss (www.frank-stauss.de), der sich in seinem Artikel eigentlich mit der Trump/Clinton-Wahl in den USA und der Parallele zu Europa beschäftigt:
Wenn man den Wandel positiv gestalten will, muss man an vielen Stellen neu denken und dieses neue Denken auch zulassen. Gerade eine alternde Gesellschaft muss darauf aufpassen, Neues nicht gleich im Keim zu ersticken. Das Wort Altersstarrsinn hat ja eine Geschichte und eine Berechtigung.

Eine alternde Gesellschaft, das sind wir Motorradfahrer auch, bisweilen sogar altersstarrsinnig, wie sicher einige von euch auch schon feststellen mussten.

Ich wünsche mir von den großen Herstellern mehr Mut, wirklich neue bezahlbare Produkte zu präsentieren – auch gegen den Strom und auch, wenn sich damit nicht gleich der fette Euro verdienen lässt. Und da meine ich nicht ein paar Kilometer mehr Reichweite in einem arschteuren Elektroroller. Gebt es zu ihr Hersteller, ihr habt doch sicher mehr in der Schublade als nur das. „Echte Biker“ definieren sich auch in Zukunft dadurch, dass sie fahren …

Seid ihr offen für wirklich Neues?
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