Vier Motorradfahrer liefern sich eine Verfolgungsfahrt und türmen. Wäre da die Einführung der Halterhaftung, wie es sie in Österreich schon gibt, nicht eine richtige Entscheidung? Eigentum verpflichtet, oder?!
Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 10/16
von Marcus Lacroix
Halterhaftung für alle?
Stöbert man so im Internet herum, fragt man sich ja zunehmend, ob wir in einem Land der Bekloppten und Bescheuerten leben. Ganz besonders auf Facebook, wo sich heutzutage jeder in der unflätigsten Art und Weise daneben benehmen kann – solange er keine Nippelfotos postet, denn dann greifen die Tugendwächter aus den USA zu. Alle fordern für sich selbst Respekt, geben ihn aber nicht.
Eine Einleitung, die mich zu einem Fundstück aus dem Kradblatt-Gebiet führt. Die Meldung erschien am 14. September bei der Kreiszeitung aus Syke:
„Syke – Vier Motorradfahrer lieferten sich mit der Polizei am Mittwochabend eine Verfolgungsjagd durch Syke. Zwei Streifenwagen verfolgten die Fahrer unter anderem über die Straße „Am Ristedter Weg“. Die Polizei erklärte auf Nachfrage, dass gegen 19.40 Uhr die vier Motorräder samt Fahrer kontrolliert werden sollten. Daraufhin gaben die Fahrer Gas, um sich der Kontrolle zu entziehen. Zwei Streifenwagen machten sich auf die Verfolgung der Motorräder, um die Fahrer möglichst schnell zu stoppen. Die Polizei konnte die Fahrer zwar nicht festsetzen, aber sie konnte die Kennzeichen und Halter der Motorräder ermitteln. Den Fahrern droht nun eine Anzeige.“
Also ehrlich liebe „Motorradfahrer“ – ich hoffe sie kriegen euch und nehmen euch den Lappen dafür ab. Und mir ist es auch pupsegal, ob mich jemand für diesen Wunsch als „Nestbeschmutzer“ tituliert. Mag sein, dass mein Werteverständnis da ausgeprägter oder gar überzogen ist, aber wenn man sich schon nicht an Spielregeln hält – das passiert uns allen ja mal – dann nimmt man halt seine Strafe ohne zu heulen an. Aber abhauen und dabei womöglich andere gefährden finde ich voll asi. 50 sind die innerorts sicher nicht gefahren. Und damit sind wir bei der Halterhaftung.
In Deutschland muss dem Fahrer eines Kraftfahrzeugs der Verkehrsverstoß nachgewiesen werden, damit man ihn belangen kann – im Fall der getürmten Biker recht schwierig. Die Halterhaftung kommt nach § 7 Abs. 1 StVG hierzulande nur beim Betrieb des Fahrzeugs zum Tragen, wenn „ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt“ wird oder nach § 25a StVG im stehenden Verkehr (also bei Parkvergehen), nicht aber für solche Verstöße im fließenden Verkehr.
In obigem Fall könnten sich die Halter, sofern sie nicht als Fahrer erkannt wurden rauswinden, indem sie die Fahrzeugführer nicht benennen. Wenn es dumm läuft, gibt es dann evtl. ein Fahrtenbuch als Auflage, aber auch das muss die Bußgeldstelle erst mal gerichtlich durchsetzen lassen.
Dabei wäre es doch viel einfacher den Spieß umzudrehen: „nennst du den Fahrer nicht, bist du halt in den Po gekniffen denn schließlich ist es dein Fahrzeug.“ In Österreich wird das z.B. so praktiziert und ehrlich gesagt, kann ich nichts Verwerfliches daran erkennen. Als Halter eines Fahrzeugs hat man nun mal eine Verantwortung. Diese jetzt mit Schusswaffen zu vergleichen ist evtl. etwas zu hart, aber auch da nimmt man doch den Besitzer in die Pflicht drauf aufzupassen.
Kritker sagen, die Maßnahme würde nur dazu dienen, die Leute leichter abkassieren zu können. Ich sehe das als Ausrede notorischer Verkehrssünder. Um selbst Respekt zu bekommen, muss man erst mal andere respektieren …
Wie seht ihr das mit der Halterhaftung?
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Kommentare
3 Kommentare zu “Editorial 10/16 – Halterhaftung für alle?”
Hallo, bin zwar spät dran, aber Herr Lacroix hat hier ins Volle getroffen.
Ich bin ganz seiner Meinung.
Wer Blödsinn macht, muss dafür belangt werden können; aber in Zeiten des Datenschutzwahns und falsch verstandener Toleranz müssen Idioten bei uns -oft auch aus formellen Gründen- immer weniger die Konsequenz Ihres Tuns fürchten.
Schade, denn wer ist der Gelackmeierte: Der , der sich ehrlich an die Gesetze hält und womöglich noch die Wahrheit sagt.
Danke für diesen Beitrag , Herr Lacroix
Hallo Herr Lacroix, nein, ich finde nicht, dass Sie ein Nestbeschmutzer sind. Das Vorwort aus dem Kradblatt spricht mir eher aus der Seele. Zügig Motorradfahren macht Spaß, man fährt sich dann manchmal in den „Flow“, sollte aber immer noch „ganz bei sich“ bleiben. Jeder fährt dann – ob jetzt absichtlich oder auch mal in Gedanken – schon mal ein paar Km/h zu schnell. Ich fahre jetzt schon über 35 Jahre Motorrad und wurde auch schon das ein oder andere Mal geblitzt, aber die letzten Punkte sind (mit dem Auto auf der Autobahn) dann auch schon 25 Jahre her. Während der vielen zig Tausend Kilometer habe ich mich immer an die „naja was erlaubt ist und dann plus 10km/h“ gehalten, was dann manchmal so 10€ bis 20 € macht, was man dann ja auch anstandslos zahlt (zahlen sollte), das gehört sich dann meiner Meinung nach auch so. Meine Fahrgewohnheiten werden dann wohl auch der Grund sein, dass ich bei geführten Ausfahrten – je nach StVO-Auslegung des Tourguides – schon mal als Bremsschuh geoutet werde, aber mit 80+ über die letzten 300 bis 500 Meter durchs Dorf finde ich unangemessen (auch wenn dort gerade kein Blitzer steht) und ist halt mit mir nicht zu machen. Was ich aber auf einigen Motorradtreffen höre, lässt mich dann schon sehr staunen. Das Thema “ nur von Vorne geblitzt zählt nicht, und wenn, dann bin ich nicht gefahren….sollen die mal kommen, das kann mir keiner nachweisen…“ oder „im Ausland zahle ich keine Knöllchen, da wird man höchstens mal zur unerwünschten Person und bis das passiert, das dauert…“ zeugt nicht von verantwortungsvollem Handeln. Die von Ihnen beschrieben Halterhaftung (und das nicht nur für Motorräder sondern dann ja auch für alle Kfz) wäre da schon ein Anfang. Mit freundlichen Grüßen Michael
Beginn der Chat-Unterhaltung
20:01
Hallo!
Ich wollte einfach ein kurzes Feedback geben zur aktuellen Zeitschrift. Ich finde auch, die Raser sollten zur Verantwortung gezogen werden. Allein schon damit den normalen Motorradfahrern nicht noch mehr der Spass genommen wird! Zum anderen geht es auch um die möglichen Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer, die bei zu hohen Geschwindigkeiten viel höher sind als bei 50 oder 60. Im ersten Moment war ich zur Halterhaftung auch skeptisch, aber in den meisten Fällen (gerade wenn es um 30 km/h und mehr als erlaubt geht, sind das doch eh die eigentlichen Autobesitzer und keine „Freunde“. Sein teures Schätzchen ob Auto oder Motorrad leiht man doch nur guten Freunden und die tun einem so einen Mist auch gar nicht an, allein schon weil ich auf das mögliche Theater (für beide Seiten) keine Lust habe!!! Und für professionelle Vermieter oder Werkstätten oder Probefahrten sehe ich eigentlich auch kein Problem, weil man eh alles schriftlich festhält und dann den Vertrag einfach noch nur die genaue Uhrzeit ergänzt!!! Auch bei Firmenfahrzeugen wird das nicht so schlimm sein, weil viele Firmen schon allein für das liebe Finanzamt Fahrtenbücher führen müssen und mit Firmenfahrzeug heizt man doch auch nicht wie ein Geisteskranker. Und wenn man doch mal mit 10 km/h mehr geblitzt wird, zahlt man das halt.
Schöne Grüße Stefan