Gammelsprit im Motorradtank? Bei immer mehr Händlern stehen Maschinen mit verranzten Vergasern und löcherigen Tanks. Was kann man da tun?
Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 10/15
von Marcus Lacroix
Gammelsprit im Mopped?
Und der Winter naht …
Wenn ich unterwegs bin um Kradblätter auszuliefern, schaue ich bei den Motorradhändlern gerne mal in die Werkstatt und man quatscht dort ein wenig rum.
Bei den letzten Touren fiel mir auf, dass zunehmend ältere Maschinen auf den Hebebühnen standen. Vor allem alte Japaner aus den 80er und 90er Jahren. Grundsätzlich eine feine Sache, ich mag das alte Geraffel an dem man auch gut selbst schrauben kann – finanzielle Verluste halten sich bei Fehlschlägen ja meist in Grenzen und die Böcke gibt es oft für richtig kleines Geld bei uns in den Kleinanzeigen oder bei ebay. Ich habe mir, aus unseren Anzeigen, selbst schon mal eine Honda XBR 500 und eine CB 450 S rausgezogen, beide deutlich unter 1000 Euro. Nicht nur für den Alltag auch heute noch feine Motorräder. Außerdem kann man dran umbauen, abflexen, umstricken – nicht umsonst laufen viele Café-Racer & Co. auf Basis alter CB, GSX, Z, XS usw.
Die Fahrzeuge auf den Händlerbühnen waren aber keine Umbauten, sondern typische Gebrauchtmaschinen, die nach mehr oder minder langer Standzeit reaktiviert werden sollten. Aus einem vermeindlichen Schnäppchen kann da schnell eine Großbaustelle werden. Gleich bei dreien fanden sich Mäusenester in den Luftfilterkästen (harmlos) und eines hatten alle gemeinsam: völlig verranzte Vergaser! Die müssen dann raus und penibel gereinigt werden. Aus- und Einbau sind nicht in fünf Minuten erledigt und Vergaserreparaturkits (Düsen, Dichtungen, Membranen) nicht in allen Fällen gleich verfügbar.
Alle Händler bestätigten mir, dass es sich dabei nicht um Ausnahmen handelt und dass es zunehmend Standschäden gibt, die sie auch auf das aktuelle Benzin zurückführen. Dass E10 einen 10%igen Ethanol (=Alkohol)-Anteil hat, ist bekannt, aber auch im normalen Benzin befinden sich 5%. Außerdem hat sich wohl die Zusammensetzung der Additive verändert. Während Einspritzanlagen bauartbedingt dicht sind, müssen Vergaser „atmen“. Leichte Bestandteile verflüchtigen sich, Rückstände gammeln fest, trockene Dichtungen verspröden. Und selbst bei randvollem Tank besteht die Gefahr, dass bei Temperaturschwankungen über die Tankentlüftung aus der Luftfeuchtigkeit Wasser in den Tank gelangt. Das sorgt für Rost von innen, bevorzugt an der tiefsten Stelle an der es sich sammelt. Hab ich selbst schon erlebt, plötzlich nässt das Fass an einem Falz und die Reparatur ist aufwendig und teuer.
Aber was soll man tun? Fragt man in den Werkstätten, empfehlen die nicht nur bei der Wintereinlagerung Kraftstoffzusätze, die man mit in den Tank kippt. Schon bei Standzeiten von einem Monat leidet die Spritqualität. Ein Händler riet Wenigfahrern, konsequent Premium-Sprit zu tanken, da der kein Ethanol enthält. Sprecht euren Händler einfach mal drauf an, was er empfiehlt. Wer meint, es handele sich dabei nur um Geldmacherei, kann sich auch im Internet mal weiter zu dem Thema informieren. Nicht nur in Oldtimer- und Motorgeräteforen gibt es da eine Menge zu lesen.
Für den Winter bucht am besten jetzt schon euer Winterlager beim Händler – inkl. Spritstabilisator und Batteriepflege, dann verläuft der Saisonstart auch garantiert problemlos!
Wie sind eure Erfahrungen mit Benzin, Vergasern, Reinigung usw.?
Kommentiert doch einfach unten…
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Kommentare
7 Kommentare zu “Editorial 10/15 – Gammelsprit im Motorrad…”
Vor der Winterpause Tanke ich randvoll S -Plus,und
120ml Vergaserreiniger.Von der Tanke in die Garage,cirk.3 km,das reicht zum verteilen.
Danach Batterieausbau.
Bis dato im Frühjahr keine Probleme.
Batterie wird alle 3 Wochen geladen.
Gruß Jens
Ich fahre immer, im Jahr über 12000 Km und merke das Problem deshalb normalerweise gar nicht.
Mein Vergaser läuft seit 23000km rund, die Iridium-Zündkerze ist noch länger im Dienst und der Tank ist beschichtet.
Steht die Maschine mal 2 Wochen herum, springt sie schwer an, besonders dann, wenn sehr wenig Sprit im Tank ist. Schaffen tut sie es aber immer.
Wir hatten ne 4T RT125 nach 4 jähriger Standzeit wiederbelebt. Trotz penibler Reinigung des Gasers hatten wir fast 1 Jahr zu tun um diesen Gaser in den Griff zu bekommen, so, das dieser ohne Muhlen & Knullen problemlos läuft.
Ich habe es mir angewöhnt beim Tanken 2Taktöl 1:100 bei zugeben. Bei 2Taktern haben sich weniger bzw. keine Ablagerungen gezeigt.
Es ist nur eine Vorsichtsmaßnahme.
Meine Mopedwerkstatt empfiehlt wegen dem heutigen Sprit, die Zündkerze einen Wärmewert höher zu nehmen.
Da durch das Ethanol im Sprit der Motor heißer wird, habe ich die Kühlung des Motor verändert. Das Schaltermostat für den Lüfter 5° nach unter gesetzt. So daß der Lüfter 5° eher anspringt. Das ist gerade in der Großstadt oder im Hochsommer im Stau mehr als hilfreich.
Ferner habe ich PC-Hochleistungs-Lüfter verbaut.
Seitdem habe ich keine Blasenbildung mehr in Gaser.
Grundsätzlich nur Super oder + tanken. E 10 gehört nicht in Hochleistungsmotoren. Es ist auch viel zu teuer (Mehrverbrauch). Vor der letzten Fahrt bei Vergaser Motoren: Im Tank ein-
füllen: Liqui Moly mtx-Vergaser-Reiniger Art.-Nr.
5100. Moderne Einspritzmotoren, ebenfalls im
Tank: LM Injection Reiniger. Art.-Nr. 5110. Motoren müssen heiß gefahren werden. 100 km minimum. Im Frühjahr gibt es keine Schwierigkeiten.
Mit einem guten Benzinfilter klappt das auch ohne Dreck im Vergaser. Einlagern mit vollem Spritfass. Stabilisator- Zusatz dazu (Gibt es im Baumarkt meist bei den Kettensägen und Stromerzeugern). Batterie ausgebaut im trockenen Keller ab und an ans Ladegerät bzw. dauerhaft an ein intelligentes Be- und Endladegerät. Vergaser mit Öllappen verschliessen. Paar Spritzer WD40, besser Ballistol über die Zündkerzenlöcher einspritzen- das wiederhole ich 2-3 Mal bei längerer Standzeit. Bei Saisonstart, Vergaserüberlauf öffnen und ca. 200ml ablaufen lassen (in ein Marmeladenglas o. ähnl.) Dann Startpilot in den LuFi-Kasten und starten.
Moin,
Ich tanke in meine beiden alten Ladies (26 und 31 Jahre alt) nur Superplus. Denn gem. Vorschrift muß Super 5% Ethanol enthalten, Superplus kann max. 5% enthalten. Damit hoffe ich auch zu verhindern, daß die Dichtungen etc. angegriffen werden.Lange Standzeiten gibt es bei mir nicht. 😆
Hi,
diese Werkstatterfahrung teile ich (als Schrauber mit 17 Jahren Erfahrung) zu 100%. Ergänzen möchte ich dazu noch, dass auch Einspritzer davon betroffen sein können. Ethanol (Alkohol) ist wie Bremsflüssigkeit hygroskopisch. Dies bedeutet, es zieht Wasser über die Luftfeuchtigkeit! Dieses Wasser/Ethanolgemisch setzt sich, wie geschrieben, am tiefsten Punkt ab. Dies ist bei den Einspritzern in der Regel der Pumpenansaugsumpf.Auch dort tritt dann verstärkt Korrosion auf. Im harmlosesten Fall verhindert der Kraftstofffilter schlimmeres aber auch defekte Einspritzpumpen und verstopfte Einspritzdüsen häufen sich. Die Kraftstoffstabilisatoren funktionieren in der Regel sehr gut. Sie haben aber auch häufig die Eigenart, wie andere Additive auch, sich mit der Zeit zu entmischen und abzusetzen. Abhilfe (bei Standzeiten über vier Wochen) schafft hier einfaches schütteln oder bewegen des Tanks um die Additive wieder zu vermischen. Ganz wichtig ist auch die richtige Anwendung der Additive. Es nützt nichts, wenn sie erst im Winterquartier eingefüllt werden. Besser ist es sie vor der letzten Fahrt von der Tankstelle zum Winterquartier einzufüllen. Dann können sie auch im restlichen Kraftstoffsystem ihre Wirkung entfalten. Der konsequente Einsatz von Premium-Kraftstoff ohne Ethanol verlängert letztendlich auch langfristig den Fahrspaß. Alternativ kann man natürlich auch das ganze Jahr durchfahren und lange Standzeiten vermeiden. Dann schadet auch etwas Ethanol nicht im Tank. 😉