Vorwort der bma-Ausgabe 8/10 von Ulf Penner
Hallo Leute!
Hitzetod in GoreTex & Co…
Es war einer dieser brütend heißen Tage im Juli. Ich stand schwitzend in der Werkstatt und suchte nach zwei BP7er Iridium Kerzen. Im Kerzenregal herrschte an der entsprechenden Stelle gähnende Leere.
Weil der Kunde sein Motorrad aber noch am gleichen Tag abholen wollte, blieb mir nichts anderes übrig, als mich auf den Weg zur nahe gelegenen Louis Filiale zu machen. Also raus aus den dampfenden Arbeitsschuhen, rein in die Sandalen, das nasse Hemd gegen ein frisches T-Shirt getauscht und den Jethelm auf die Rübe. Draußen wartete schon eine getunte MT01, die noch probegefahren werden musste. Sobald wir vom Hof runter waren, kühlte der Fahrtwind den Oberkörper und wehte angenehm frisch durch die Socken. Unter mir bollerte der dicke Vauzwo. Ich liebe meinen Job. Viel zu schnell waren wir am Ziel.
Und da waren sie wieder. Auf einer Bank vor dem Laden saß eine Gruppe Motorradfahrer, die aus irgendeinem unerfindlichen Grund Winterklamotten anhatte. Ich meine diese Textilkombis, die in den letzten Jahren in Mode gekommen sind und mit denen man wahrscheinlich auch im Februar ohne Erfrierungen bis ans Nordkap kommt. Obwohl sie ein schattiges Plätzchen gefunden hatten, konnte man an den schwitzenden, geröteten Gesichtern erkennen, dass es ihnen nicht gut ging. Schon während des Absteigens spürte ich neidische Blicke im Rücken. Als ich beim Reingehen freundlich rübergrüßte, schaute die ganze Saubande angestrengt an mir vorbei.
Natürlich hätte ich mich jetzt aufregen können. Über die Unhöflichkeit und noch mehr darüber, dass solche Typen uns allen schaden. Warum das so ist, wurde eigentlich schon oft genug gesagt – aber noch nicht von jedem. Und manche Dinge werden auch durch Wiederholung nicht falscher. Also, um der lieben Wahrheit willen in Kürze:
Seit Jahren steigen die Beiträge zur Krankenversicherung und ich möchte nicht wissen, welchen bedenklichen Blutdruckwerten sich jemand aussetzt, der derart eingepackt im Hochsommer unterwegs ist. Außerdem dürfte allgemein bekannt sein, dass die Konzentrationsfähigkeit unter solchen Bedingungen erheblich leidet. Das ist aber noch lange nicht alles. Seit den 90ern lässt sich beobachten, dass an heißen Tagen in den Werkstätten kaum noch etwas los ist. Früher kam der durchschnittliche Kunde zweimal im Jahr, um neue Reifen aufziehen zu lassen. Jetzt siehst du ihn meistens nur noch einmal zum obligatorischen Ölwechsel. Die jährliche Kilometerleistung sinkt ständig und es sollte mich wundern, wenn es nicht auch hier einen direkten Zusammenhang zum textilen Overkill gäbe. Und nicht zuletzt, frage ich mich, welchen Eindruck Außenstehende von uns bekommen, wenn sie diese dampfenden Goretex-Mumien täglich im Straßenverkehr sehen müssen. Da heißt es doch sicher sofort wieder, dass alle Motorradfahrer verantwortungslose Irre wären.
Nun will ich es niemandem verübeln, wenn er das klimatisierte Auto dem Hitzetod vorzieht, aber es wundert mich schon, dass jemand, der ein Motorrad der 10.000 Euro Klasse fährt, nicht mehr die Kohle über hat, sich ein paar bequeme Schuhe, eine Jeans und ein T-Shirt zu kaufen. Zugestanden, die Lederjacke für die Überlandfahrt reißt ein etwas tieferes Loch ins Budget, aber so teuer sind die ja nun auch nicht mehr, seit fleißige Chinesen sie zusammennähen.
Mein Freund Til, der eine XT 600 fährt, jeden Donnerstag zur Männergruppe geht und Pol Pot für einen bedauernswerten, fehlgeleiteten Menschen hält, würde jetzt wahrscheinlich sagen, dass uns Motorradfahrer aber doch mehr verbindet als uns trennt und dass irgendwie doch jeder selbst für seine Gesundheit verantwortlich sein sollte und so. Ich bleibe dabei, dass Pol Pot einfach nur ein Riesenarschloch war.
Mehr von Ulf unter www.tuning-fibel.de
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Kommentare
13 Kommentare zu “Editorial 08/10 – Hitzetod contra Sicherheit”
😆
Ja, manche sollten mal aus dem Keller kommen und lachen. Hat Ulf über so manchen eurer Kommentare hier sicherlich auch getan.
Heute ist es wieder mal so warm, dass Moppedfahren kühlend wirken könnte. 😉
VOTE REMAIN.
cheers
Stephan
Einer derjenigen die die Krankenkassen Beiträge und die Versicherungsbeiträge in die Höhe knallen. Er hat wohl noch nie etwas von anständiger Kleidung gehört. Schon Gerichte haben nur zum kleinen Teil Schadenerszahlung beim Unfall bezahlt, weil keine anständige Kleidung getragen wurde! T-Shirt und kurze Hose auch im Sommer gehört nicht auf das Mop, auch wenn es noch so warm ist! Meine Kleidung besteht immer aus einer Motorradjacke u. Hose und passenden Stiefeln. Wir haben über den Artikel bei Louis eine Diskussion gehabt und sind einstimmig zu dem Schluss gekommen, das es nicht nur unverantwortlich, sondern sogar lebensgefährlich ist, so zu fahren. Es sollte sich keiner wundern, wenn der Gesetzgeber auch noch die Kleidung vorschreibt, mit der Motorrad gefahren werden darf. Das haben wir dann solchen Leuten zu verdanken, die so fahren ohne nach zu denken. Schade um den Menschen. Z.B. grüße ich solche Leute nicht, die uns noch mehr in Verruf bringen, wie wir jetzt schon sind.
Warum auch nicht?!
Abgesehen davon, dass es sch.. aussieht, wenn man mit Schotter in den Armen und Beinen im KH liegt und das Zeug langsam rauseitert…
Es ist wirklich nicht schön, so einen Menschen zusammenzufegen. Im Rettungsdienst sehen wir so etwas öfter und ironischeweise, sind gerade das die Leute, die am lautetsten Krakelen, dass sie Schmerzen haben und sofort behandelt werden müssen. Kleiner Sturz, große Wirkung…
Durch die größflächigen Wunden entwickelt sich gern mal eine Sepsis (Blutvergiftung), immer wieder gern genommen im zusammenhang mit einem septischen Schock, der selten ohne Koma auskommt.
Aber das macht ja alles nichts. Hauptsache man hat Spaß und kann über die „Hohlbirnen-mit-Schutzgedanken“ herziehen.
Im Übrigen werter Autor: Einen Bluthochdruck, der auch noch behandlungsbedürftig ist, bekommt man nicht, weil man im Sommer mit ner Kombi fährt. Bevor Sie solchen Schwachsinn schreiben, informieren sie sich bitte, wie solch eine Krankheit entsteht!
Jeder mag anziehen was er will! aber denkt an eure Angehörigen, die müssen euren Anblick ertragen…
Darum nicht!!!
„Ohne Worte“
Der hat doch einen an der Waffel!!!
Es gibt heutzutage Schutzkleidung in verschiedenen Ausführungen. Ich fahre bei kalten Wetter mit Textil, ist warm und ich fühl mich wohl. Bei warmen Wetter fahr ich in luftigen TFL Cool -Leder und ich fühl mich angenehm wohl.
So bin ich auch immer in einer guten Verfassung zum fahren.
Wenn einer ohne Schutzkleidung fährt und sich auf mit Rollsplitt aufgeteerten Straßen ablegt oder abgelegt wird, dann kann man nur gratulieren.
Geht doch nichts über eine Kniescheibe die man sich bis ins Gelenk runter schleift. Die Hände können es auch nicht besser ab, da werden die Finger schnell kürzer und dünner. Ich kann nur sagen wer es so braucht der soll’s doch tun. Belehren brauch man die nicht mehr, fällt unter Beratungsresistent.
Ich fahr auch weiterhin mit entsprechender Kleidung und werde da auch sicherlich nicht der einzigste sein.
Eigenverantwortung
Ich zähle mich auch zu den Feiglingen, die uncool auch bei 35 °C in voller Montur unterwegs sind.
Aber unterwegs und an den Tanken grüße ich JEDEN Biker, das ist für mich der gute Ton, der uns verbinden sollte.
Und JA ich war bei jedem leichtbekleideten neidisch, weil ich meine Klamotten nicht im Wind trocknen konnte und so ein wenig Linderung haben durfte, aber grüßen tut auch dann nicht weh und meine Blutdrucktabletten kümmern sich um mich und nicht um andere.
Cheers!
Darkwing
Dumme sterben leider nicht aus
Also ich kann die De**en nicht verstehen, die in Shirt und Shorts rumfahren. Klar muß man nicht wie ein vollverkleideter Ninjaturtle mit Protektoren zugepflastert sein aber es gibt doch heutzutage sogar Jeansklamotten zum Biken. Die kann man auch an heißen Tagen tragen und im falle einer Bauchlandung erspart man es dem Arzt wenigstens auch noch den Schotter aus der Haut rauspicken zu müssen. Aber bei diesen Typen werden wir uns alle irgenwann bedanken dürfen, wenn es dann zu Gesetz wird Schutzkleidung zu tragen und wir dann bei 35°C und mehr rumfahren müssen wie nen Tunierritter im Mittelalter.
Gruß
Smokie
Schutzkleidung
Naja – habe mich auch immer über die Jenigen aufgeregt, die ohne Schutzkleidung unterwegs sind –
Bin selber im Außendienst – fahre ca. 75.000 km/Jahr.
Da kannst du teilweise noch so vorsichtig fahren – hilft nix, wenn Andere nicht auf Dich achten.
Fahre grundsätzlich komplett mit Allem – und wenn es mir zu warm ist – ok – fahre ich evtl. gar nicht.
Wer ohne Schutzkleidung fahren will – bitte –
Ist zwar jetzt etwas provokativ – aber – wir haben noch immer zu wenig Organspender !!
LG
Wolfhard
Gesetz wäre nicht schlecht
Also ich bin der Meinung, es sollte das Gesetz einfach etwas verschärft werden, Helm ist ja auch Pflicht. – Warum wenn jeder selber entscheiden (kann) darf.
Da frage ich mich, wieso müssen PKW-Fahrer Strafe zahlen, wenn sie nicht angeschnallt sind? Leider werden bei einem Unfall immer auch andere, solange man ohne Schutzkleidung fährt, betroffen, also betrifft es niemals nur den „entscheidenden“ Fahrer. Wer mit 30 auf dem Mopped auf die Fr**** fliegt, geht sicherlich zum Arzt. Fahre ich mit 30 mit dem PKW in den Grünstreifen, muss ich mich im schlimmsten Fall bei dem Bauern entschuldigen.
Wenn ihr mich fragt, sollte man immer Schutzkleidung anhaben und gerne auch gesetzlich.
In Magdeburg habe ich letztens einen gesehen, der ist sogar mit seiner Tochter (ca. 7 – 9 Jahre) Motorrad gefahren und natürlich haben bei dem Wetter beide keine Schutzkleidung getragen, da frage ich mich wie er sich da noch bei der Tochter entschuldigen möchte, dass sie nie einen Freund bekommt, weil sie durch einen „kleinen“ Fehler ihres Vaters aussieht wie ein „Monster“
Wenn es mir zu warm ist, dann fahre ich halt nicht, wenn es zu kalt ist mach ich es ja auch nicht!
Jeder soll, wie er will…
Moin,
ich habe zu Hause eine „Gore-Tex-Garküche“, eine zweiteilige Lederkombi und eine luftige Sommerjacke. So habe ich für jedes Wetter passende Schutzkleidung zur Verfügung. Trotzdem macht es mir bei Temperaturen um oder über 30° richtig Spass in kurzen Hosen und T-Shirt zu fahren. Das ist genauso geil, wie Ulf es beschrieben hat, ob nun Satire oder nicht.
Ich wohne in Alleinlage auf dem Land und fahre so bekleidet nur kurze Strecken, bin mir dabei absolut bewusst, wie gefährlich das für mich sein kann. Ich halte mindestens 300m Abstand zur nächsten Dose, fahre recht langsam und überhole schon mal gar nicht.
Aber darauf verzichten? Niemals.
Das Leben an sich ist extrem gefährlich, da sollte man sich auch schöne Momente gönnen.
Nur meine Meinung…
Gruß
Uwe
Meine Güte, da schreibt mal jemand einen etwas provozierenden Artikel, da schlagen gleich wieder die Wogen hoch.
Es ist ähnlich wie seinerzeit bei dem viel diskutierten Titelbild ohne korrekte Schutzkleidung.
Jeder Motorradfahrer, ob Männchen oder Weibchen sollte mit der entsprechenden Verantwortung herumfahren. Leider sehe ich Jahr für Jahr immer wieder Einzelne, die meinen, ein T-Shirt und Shorts seien dafür völlig ausreichend. Ich kenne Ulf nicht persönlich, aber alles was ich über ihn gehört und gelesen habe, sagt mit, dass er bestimmt alles andere ist, aber kein falscher Prophet. Abgesehen von seiner allgemein anerkannten technischen Souveränität würde ich ihm niemals unlautere Beweggründe unterstellen.
Ich fahre natürlich mit Schutzkleidung, bei jedem Wetter, das ist meine eigene Entscheidung. Das Vorwort hier las ich als eine gut gemachte Satire und ein Schmunzeln konnte ich mir nicht verkneifen. Wer jetzt, nach der Lektüre, seine Schutzkleidung in den Keller bringt, dem wäre nicht zu helfen…..
Ich wünsche dir, Monika, dass du zukünftig weniger von dir beschriebene Unfallopfer zusammenflicken musst.
Dieses Vorwort wird die Anzahl bestimmt nicht in die Höhe treiben.
Verkehrsteilnehmer ohne Verstand gab, gibt es und wird es, leider, auch zukünftig geben.
Freundlicher Gruß von kayman.
Ich schließe mich den Vorwort von Andreas an.Ich Arbeite jetzt auf einer Wachkoma Station und Krankenhaus Erfahrungen(Arbeit) habe ich auch und weder da noch auf der Station ist mir ein Hitze-Bluthochdruck Unfallopfer unter gekommen.Wohl aber Biker/innen die ohne ausreichenden Schutz gefahren sind.Klar kann dir auch beim Straße überqueren etwas passieren,aber muss man das Glück denn so heraus fordern?
Mein Ansicht schaut auch so aus,das wenn es heiß ist,man das Fahren verlagert oder nicht fährt.
Denkt doch mal bitte bei Euren Entscheidungen was ihr trägt beim Fahren an Eure Familie,denn die bleiben bei einem nicht Tödlichen aber Intensivstpflege bedürftigen geliebten Menschen zurück und wer fragt mal danach?
Editorial 08/10
Wer sich darüber aufregt hat selber Schuld. Führerscheine gibt es ab 18. Da sollte jeder für sich selbst entscheiden was er wann trägt. Wer meint er müsse in Badeschlappen fahren sollte es tun, wer meint er müsste in Schutzkleidung fahren, sollte es auch tun. Ich entscheide für mich, was ich anziehe oder nicht.
Ein freundliches „Kopfschüttel“ an alle „Besserwisser und Meinungsaufdränger“.
Andy, der mit dem Salamander…
Ich dachte erst, es wäre ein Scherz, aber beim weiteren Lesen wurde dann schnell klar, es war bitterer Ernst: Der Aufruf zum Verzicht auf Schutzbekleidung auch an heissen Tagen, einhergehend mit der Lächerlichmachung von sicherheitsbewussten Motorradfahrern. Jeder ist sicherlich selbst für sich verantwortlich und entscheidet, ob Schutzkleidung getragen wird oder nicht. Aber wenn ein Medium wie die bma sich derart äußert beginnt für mich die Verantwortungslosigkeit. Einerseits bedeutet Schutzkleidung Sicherheit für den Biker, andererseits darf man auch ruhig mal an die Ersthelfer denken, die Biker ohne Schutzbekleidung dann von der Straße auflesen und die Hautfetzen wieder einsammeln. Von den Bildern im Kopf, die sehr lange, oftmals für immer, abgespeichert sind. Und sollte es zu heiß zum Biken sein, dann lässt man den Bock halt mal stehen oder fährt in den frühen Morgen- oder späten Abendstunden. Aber dieses Editorial empfinde ich als Skandal…