aus Kradblatt 8/19, von Marcus Lacroix

Rückblick mit Freude

Tolles Motorrad: Ducati Scrambler Desert Sled Modell 2017

Kürzlich kam die Frage auf, wo eigentlich die Ducati Desert Sled aus unserem kleinen Kradblatt-Fuhrpark abgeblieben ist. Tja liebe Leser, die ist leider schon wieder weg. Soweit es möglich ist, wird nach jeder zweiten Saison gewechselt – das Leben ist schließlich so kurz und es gibt so viele tolle Motorräder, die noch gefahren werden wollen …

Und wie war sie nun, die moderne XT500 Kopie? Ja, ja, das möchte Ducati nicht hören – ist ja auch verständlich, denn außer dem weißen Lack und den goldenen Felgen haben die beiden Bikes nicht viel gemeinsam. Dabei braucht sich Ducati wirklich nicht zu grämen. Es ist doch toll, wenn die Leute die Sled so positiv wahrnehmen.

Festgefahren: Ducati Scrambler Desert Sled Ich hatte mir die Maschine ohne Probefahrt, nur aufgrund des positiven Fahrberichts von Jochen Vorfelder im Kradblatt 3/17 und der Optik, die mich voll anspricht, gekauft und ich wurde nicht enttäuscht. Die Ducati Desert Sled ist ein toller Begleiter auf kurzen wie langen Strecken.

Im Alltag macht die Ducati genau das, was ich von ihr erwartet habe: sie funktioniert einfach gut. Keine Auffälligkeiten bei der Bedienung, die Fahrleistungen gehen für die Landstraße allemal in Ordnung. Der Sound der Originalauspuffanlage reichte mir, wobei ich es generell eher etwas leiser mag. Noch dazu sieht der kurze Topf schick aus.

Rettung aus dem Schlammloch: Ducati Scrambler Desert Sled Wichtig – aber das ist bei allen Motorrädern so – überprüft die Grundeinstellung des Fahrwerks. Gerade die Federbasis (also der Negativfederweg vorne und hinten) sollte individuell ausgemessen und eingestellt werden. Das hat oft eine sehr positive Auswirkung auf das Fahrverhalten! Die Einstellung mittels Hakenschlüssel ist bei der Ducati etwas fummelig, wer öfter mit wechselndem Gepäck/Sozius fährt, investiert hier am besten in ein per Handrad einstellbares Federbein.

Die Desert Sled macht optisch einen auf Enduro, für den echten Geländeeinsatz bedarf es aber eines routinierten Fahrers (bin ich nicht) und vor allem hierzulande anderer Bereifung. Die Pirelli Scorpion Rally STR-Reifen machen auf nasser und trockener Straße einen echt klasse Job, mit einigermaßen festem Sand und Schotter kommen sie auch sehr gut klar – bei Matsch oder mulligem Geestboden ist dann aber der Ofen bzw. der Vortrieb schnell aus. Fährt man sich fest, bekommen die eigentlich eher geringen 205 kg (vollgetankt) eine völlig neue Gewichtung. Ob man mit dem schicken Motorrad nun über Feldwege bügeln muss, lassen wir mal dahingestellt – mir pers. macht es einfach Spaß und wenn sie schon einen auf Offroad macht, muss sie das auch abkönnen … 

Praktisch: Ständerverbreiterung von SW Motech Im Gelände wäre ein besserer Motorschutz wünschenswert, der vordere Zylinder ist arg exponiert. Die Gummis von den Fußrasten kann man abnehmen um den Stand zu verbessern.

Der Hinterradreifen hat bei mir übrigens beachtliche 12.023 km gehalten, der Vorderradreifen war da für weitere ca. 2.000 km gut. Lt. Berichten in Foren und der empfehlenswerten Facebook-Gruppe „Ducati Scrambler Deutschland“ schreddern manche Fahrer den Reifen aber auch um einige 1.000er schneller. 

Zur langen Laufleistung der Reifen passt mein Benzinverbrauch: bescheidene 4,70 Ltr./100 km waren es durchschnittlich auf den etwas über 12.000 Kilometern. Maximal 5,08 und minimal 4,37 Liter, getrackt auf www.spritmonitor.de. Der verhältnismäßig geringe Tankinhalt von 13,5 Litern relativiert sich so wieder. 251 km war meine längste Etappe, meistens habe ich so um die 220–230 km getankt. Sitzbank und Sitzposition machen das gut mit, auch ohne Windschild.

Gasgriffspiel-Ausgleich mit Teflonfolie von LouisModifikationen habe ich an der Desert Sled kaum vorgenommen: Brems- und Kupplungshebel wichen kürzeren, einstellbaren Exemplaren, Legend-Gear Seitentaschen von SW-Motech übernahmen zuverlässig und stylisch den Gepäcktransport. Beim Gasgriff nervte mich das leichte axiale Spiel, durch das sich der Griff irgendwie klapperig anfühlt. Bei Louis gibt es für ein paar Euro eine dünne Teflon-Gleitfolie, mit der sich das Spiel wunderbar und leichtgängig ausgleichen lässt. Normales Klebeband löst sich zu schnell auf und schmiert dann. Dickere Lenkergriffe von Biltwell, Typ Renegade, sorgten für ein besseres Griffgefühl und eine Seitenständerverbreiterung von SW Motech verhinderte das Umfallen im Gelände.

Mangelhafter Spritzschutz: Ducati Scrambler Desert SledEin Ärgernis, das nicht nur die Ducati Desert Sled betrifft, sind die ach so coolen, möglichst knappen Kennzeichenhalter. Das mögen die Designer (und evtl. die meisten Kunden) ganz toll finden, bei der Saisoneröffnungsfahrt am 14. April 2018 hatten wir aber echtes Kackwetter. Zumindest bis Mittags. Und wenn einem bei niedrigen, einstelligen Temperaturen irgendwann ein kaltes Rinnsal von der Helmkante in die Unterhose sickert, ist das NICHT witzig! An dem Vormittag habe ich den coolen Style verflucht und mir ein Motorrad mit richtigem Schutzblech gewünscht. Für eine andere potentielle Regenfahrt hatte ich mir dann ein altes Kennzeichen als Notlösung angeschraubt – sah doof aus, hätte aber geholfen … wenn es denn an dem Tag geregnet hätte. Zwischenfazit: wer schön sein will muss leiden.

Improvisierter Spritzschutz an meiner Ducati Scrambler Desert SledWartungskosten fallen alle 12.000 km bzw. einmal jährlich (wichtig wegen der Garantie) an. So war bei mir bei 6.000 km der erste Service und bei 12.000 der nächste dran. Etwas über 200 und runde 600 Euro kostete der Spaß jeweils, wobei beim zweiten Mal die Ventile mitgemacht wurden. Das Ventilspiel wird bei der Scrambler alle 12.000 km kontrolliert. Die 1.000er Erstinspektion lag bei knapp 200 Euro. Die große Inspektion und den Hinterradreifen habe ich kurz vor dem Verkauf machen lassen, ohne war praktisch keine Nachfrage da. Bei einem Gebrauchtkauf lohnt es sich also, sich das Serviceheft genau anzusehen und den nächsten Termin ggf. in die Verhandlungen mit einzubeziehen.

Die Ducati Scrambler Desert Sled gehört für mich zu den schönsten Motorrädern, die ich je besessen habe. Ich habe davor mit Ducati nie viel am Hut gehabt, auch wenn sie mir optisch immer gefielen. Den Ruf unzuverlässig oder divenhaft zu sein, haben die Italiener längst abgelegt – das würden Käufer heutzutage auch kaum noch hinnehmen. Wer sich in die Optik verliebt, sollte ruhig zugreifen. Ob es auch ohne Probefahrt geht, muss jeder für sich entscheiden. Ich pers. mag dieses gewisse Überraschungsmoment und wirklich schlechte Motorräder gibt es meiner Ansicht nach heutzutage eh nicht mehr. Kleinigkeiten die nicht passen, werden passend gemacht.

Mit der Ducati Scrambler Desert Sled am NordpolIm Sommer 2018 konnte ich die 1100er Scrambler über eine längere Strecke fahren und klar, der große Motor ist schon ein geiles Teil. Wenn eine 1100er Desert Sled auf den Markt kommt – und davon ist wohl auszugehen – würde ich nach der Erfahrung mit meiner 800er und dem Test der 1100er Scrambler wohl zur großen Schwester greifen. Da wäre dann auch eine vergleichende Probefahrt interessant. Die 800er Desert Sled bleibt ein tolles Motorrad, an das ich mich gerne zu­­rück­erinnern werden und die 803 ccm und 73 PS haben im Alltag eigentlich immer gereicht. Eigentlich …

Welchem Motorrad die Ducati Platz machen musste, fragt ihr euch? Etwas ganz Schrägem: Sie wurde von einem Honda X-ADV mit 750 ccm und nur 55 PS ersetzt. Den werden wir euch natürlich auch noch vorstellen …