aus Kradblatt 10/18
von Robert Waldow, Fotos: Bernd Stumpe-Brodersen

Zu Besuch bei der Motorradstaffel der Polizei in Hamburg

Pyramide - Motorradstaffel der Polizei Hamburg

Was ist denn bitteschön eine Motorradstaffel und gibt es so etwas aktuell überhaupt noch?

Motorräder gehören, wenn auch nur im kleinen Bestand, zum Alltag der Polizeiarbeit.

Neben den Aufgaben in der Verkehrs- und Bereitschaftspolizei gehört immer noch die Polizeieskorte zur Ehrenbezeugung bei hohen politischen Besuchern zum Standard der Etikette. Aber das hat alles nichts mit einer Motorradstaffel zu tun.

Der Ursprung der Aktivitäten und Gründung von Motorradstaffeln liegt eigentlich bei den Sportfesten der Polizei, die schon seit den frühen 1920ern ausgerichtet wurden um den Bürgern eine gewisse Nähe zur Obrigkeit zu vermitteln. Diese Tradition wird bis heute gepflegt und gehört zum festen Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei.

Kopfstand - Motorradstaffel der Polizei Hamburg In den 1950ern wurde von der Polizeileitung in Berlin auch die Teilnahme von Motorrädern am Sportfest gewünscht. Es gründetete sich eine eigene Motorradstaffel mit hohem sportlichem und akrobatischem Anteil. Höhepunkte setzen die auf drei Motorrädern gefahrenen Menschenpyramiden, mit denen die deutschen Motorradstaffeln beachtliche Anerkennung erhielten, bis hin zu Guinness-Rekorden.

In Hamburg kam es 1977 zur Gründung der Motorradstaffel, um auch in der Polizeischau aufzutreten. Im Gegensatz zu den anderen Motorradstaffeln anderer Dienststellen gibt es die Staffel in Hamburg auch noch nach 40 Jahren. Bei der Polizei Berlin wurde zuerst das Polizeiorchester aufgelöst und im Jahre 2013 fiel auch die Motorradstaffel nach 59 Dienstjahren dem Rotstift zum Opfer.

Wie in vielen anderen Bereichen muss aber auch im Bundesland Hamburg das knappe Steuergeld effektiv eingesetzt werden. Die Gelder für Traditionspflege und den Luxus einer Motorradstaffel, waren nun auch hier nicht mehr so üppig, wie noch in den 1970ern. Nur dem großen privaten Engagement und dem Herzblut von gut zwei Dutzend motorradbegeisterten Polizisten/innen ist es zu verdanken, dass im Jahre 2017 die Motorradstaffel Hamburg ihr 40-jähriges Bestehen feiern konnte.

Sprung - Motorradstaffel der Polizei HamburgDie Motorradstaffel muss nun zwar „privat“ betrieben werden und ist der Sportvereinigung Polizei Hamburg von 1920 e.V. als Motorsportgruppe im ADAC angeschlossen. Die Behörde stellt zumindest noch eine alte Tankstellenhalle und wenn es die Umstände zulassen auch den Trainingsplatz und immerhin werden die Polizeibeamten für die Teilnahme an den Veranstaltungen freigestellt.

Wartung, Pflege und Reparaturen der alten Maschinen, BMW R50 aus den 1955 bis 1964 Jahren, müssen privat durchgeführt und finanziert werden. Schutzkleidung, Handschuhe und Helme müssen auch regelmäßig erneuert werden.

In Anlehnung an ein bekanntes Zitat könnte man die Situation der Motorradstaffel Hamburg wie folgt beschreiben: „Wir befinden uns im Jahre 2018 n. Chr. Gelder müssen mittlerweile in jeder Behörde eingespart werden. In allen Behörden? Nein! Eine Sportgruppe von unbeugsamen Polizisten hört nicht auf die Akrobatik auf Motorrädern zu betreiben. Und das Motorrad-Leben ist nicht leicht für die unerschrockenen Hamburger Polizisten.“

Radwechsel - Motorradstaffel der Polizei Hamburg Umso wichtiger sind einige wohlwollende Sponsoren wie aktuell der Zubehörlieferant Louis, Liqui Moly und die Bekleidungsfirma Weissenstein. 

Eine weitere Herausforderung stellt das Nachrücken von motorradbegeistertem Nachwuchs dar.

Zurzeit besteht die Mannschaft der Staffel aus ca. 30 aktiven Mitgliedern/innen. Der Altersdurchschnitt liegt bei etwa 50plus.

Neben dem Motorradfahren in der Staffel, wird zum wirklich ganz privaten Vergnügen einmal im Jahr eine Dreitagesausfahrt mit den privaten Motorrädern organisiert.

Bisher hat sich nur eine Handvoll jüngerer Kollegen/innen (U50) der Staffel angeschlossen und so ist es immer noch wichtig, dass auch einige Ruheständler am Training und den Vorführungen teilnehmen.

Hier trifft die Motorradstaffel Hamburg das gleiche Schicksal wie viele andere Vereine und Organisationen, denen der Nachwuchs so nach und nach abhandenkommt. Dabei ist „Retro“ doch gerade so „in“.

Keine leichte Aufgabe für die Leiterin der Staffel, Kriminalhauptkommissarin Julia Meyer, und ihr Team. Als Kopf der Staffel muss sie nicht nur Personaleinsätze sondern natürlich auch immer wieder ein neues Programm zusammenstellen. Und nicht zuletzt muss auch die Bereitstellung von Dienstmaschinen aus dem laufenden Polizeibetrieb organisiert und zeitlich koordiniert werden.

Schwebebalken - Motorradstaffel der Polizei HamburgDie gezeigten Figuren stellen hohe Anforderungen sowohl an die Fahrtechnik als auch an das akrobatische Können.

Es ist für den allgemeinen Gespannfahrer schon eine ordentliche Herausforderung das Gespann in der Linkskurve mit angehobenem Beiwagen stabil zu halten. Aber als sei es noch nicht genug, turnen zusätzlich noch zwei Sportler auf der Maschine und einer davon macht auf einer einsteckbaren Turnstange auch noch einen Kopfstand. Respekt!

Aber auch die Barren-Figur, bei der zwei Motorräder mit konstantem Abstand hintereinander fahren und zwei Sportler zwei Barrenstangen halten und ein dritter Sportler/in während der Fahrt an diesem „fahrenden Barren“ Turnübungen zeigt. Gleiches am Reck zwischen zwei nebeneinander fahrenden Motorrädern. Hier gilt alle Achtung, denn es sind keine professionellen Zirkus­akrobaten, sondern Polizisten, die neben ihrem Dienst einmal im Monat diesen Sport trainieren. Lediglich vor der Hamburger Polizeishow darf das Programm eine Woche lang intensiv geübt werden.

Live zu bestaunen sind die Fahr- und Sportkünste innerhalb der Polizeishow in Hamburg. Die Polizeishow ist das große Show-Spektakel für die ganze Familie. Erlebenswerte Artistik, Clownerie und Musik, mit 300 Teilnehmern aus Deutschland, Europa und Übersee.

Termine Hamburg: am 26. und 27. Oktober 2018 um 14:30 sowie 20 Uhr. Infos und Tickets unter www.polizei­show-hamburg.de.

Termin Kiel: am 10. November 2018 um 18 Uhr. Infos und Tickets: www.sparkassen-arena-kiel.de/events.

Als ein weiterer großer Auftritt ist im kommenden Jahr angefragt und in Planung, die Teilnahme an der weltweit zweitgrößten Tattoo-Veranstaltung, dem Basel-Tattoo, in der Schweiz. Wir drücken die Daumen und wünschen schon jetzt einen großen Erfolg.

Bedanken möchte ich mich bei Polizeioberkommissar Eric Diewock für die Zeit und Bereitschaft die Motorradstaffel im Detail vorzustellen.