aus bma 11/00

Von Gerald Vongehr

Weil ja das Ölwechseln eine der leichtesten Übungen ist, macht man es natürlich selbst! Supereinfach wäre es, wenn man das Mopped über einen Gulli fährt, Schrauben auf und Juchee! Das ginge, na klar, auch auf dem Hof des ungeliebten Nachbarn – aber als heimliche Wähler der Grünen fangen wir den schwarzen Saft brav auf und bringen ihn zur Altölsammelstelle.
Es gibt da sogar eine sehr komfortable Auffangwanne, recht groß, sie kann danach mit Schraubstopfen verschlossen werden und somit auch als Transportbehälter dienen. Aber: Die kostet richtig Geld (25 DM)! Also aus Omas Keller alte Kochtöpfe geholt, ’nen alten Kanister quer aufgeschnitten und dann mal kucken was passt. Bei mir passte ein kleiner Topf unter den Ölfilter und der Kanister unter die Ablass-Schraube. Und dann ging’s los:
Ablassschraube auf und – Scheiße! Wieder mal reingeplumpst in die heiße Brühe, die ganz nebenbei auch die Finger anglüht. In weitem Bogen schießt der Strahl heraus, um kurz danach zu versuchen, in kleinerem Bogen den Kanister auszutricksen. Aber das habe ich ja geahnt und ziehe den Kanister schön dem Strahl hinterher. Als dieser schließlich senkrecht nach unten läuft, also direkt aufs Rahmenrohr, welches das Öl auf eine Länge von 15 cm abtropfen lässt (Gießkannen-Effekt), hat der Strahl dann doch gewonnen. Außerdem nähert sich der Ölstand in diesem kleinen Scheißkanister bedenklich nah dem oberen Rand, so dass ruckartige Folgebewegungen nicht mehr möglich sind. Bevor er also überläuft, schnell den Ölfilter raus. Das klappt soweit ganz gut – ich frage mich nur, wieso dabei der Ablassschrauben-Strahl kurz auflebt und eine Kleinigkeit neben meinen Kanister spuckt. Aber da liegt ja sowieso schon genug Öl, vom Hin- und Herruckeln des Kanisters.
Als sich die Öl-Fälle beruhigt haben, lege ich mich zufrieden neben das Mopped und genieße die friedlichen kleinen Rinnsale, die brav in ihre Behälter rieseln. Doch dann beginnen diese blöden Windböen ihren Schabernack und pusten die Rinnsale dreckigen Altöls in alle Richtungen, nur nicht in meine tollen Behälter. Obwohl noch Öl herausfließt (anscheinend enden die kleinen Rinnsale nie) baue ich schon mal den neuen Ölfilter ein und finger die blöde Schraube aus dem kochenden Öl, um auch sie wieder an ihren Platz zu setzen.
Jetzt nur noch die Behälter unter dem Mopped hervorziehen und… – nur noch? Der Kanister scheint an Höhe zugenommen zu haben und verhakt sich jetzt an der Schraube vom Krümmer. Naja, der kleine Schwapps kann die Sauerei auf der Straße kaum noch schlimmer machen.
Beim Umschütten des Altöls in einen Transport-Kanister bekommt dann das Wort „Umschütten” irgendwie eine ganz neue Bedeutung. Auf der Gasse sieht es schließlich dementsprechend auch nach „umgeschüttetem Öl” aus. Alles in allem und im Nachhinein betrachtet (die Gasse) ist die Aktion mit meinem „Umweltbewusst-Gewissen” denn doch nicht so ganz vereinbar. Außerdem werden die pingeligen Nachbarn wieder schimpfen wie die Rohrspatzen.
Ich komme also zu dem Schluss: Das muss sich ändern! Bis zum nächsten fälligen Ölwechsel ist der gute Vorsatz dann meist aber vergessen und/oder verdrängt. Bei wachsendem Fuhrpark und dadurch kürzeren Intervallen habe ich mich dann aber doch irgendwann durchringen können, die oben beschriebene „sehr komfortable Auffangwanne” zu kaufen, zumal es sie im Schnäppchenkauf für 5 DM gab. Ich sehnte mich nach meinem ersten Ölwechsel, der nicht die Spur eines Mikroflecks hinterlassen würde. Ich kam mir vor wie Herr Greenpeace höchstpersönlich. Nie im Leben wäre ich damals auf den Gedanken gekommen, dass es die größte Sauerei werden würde, die je ein „Schrauber-Genie” der Umwelt angetan hat:
Bevor ich das neue, gute Stück von Spezial-Kanister-Auffangwanne unter das Mopped schiebe, versichere ich mich noch, dass der Verschluss vom Ausgießer auch wirklich zu ist, diesmal darf ja nix schiefgehen. Dann den kleinen Schraubstöpsel aus der Wannenmitte rausdrehen (da soll ja das Öl reinlaufen) und – unter die Maschine mit dem guten Stück. Jetzt nur noch Schrauben auf und los! Es klappt hervorragend, es gelingt mir diesmal sogar, die Ablassschraube nicht in die Soße plumpsen zu lassen. Auch der Trichter der Wanne ist groß genug, um den in hohem Bogen herausschießenden Strahl aufzufangen. WUNDERBAR!
Mit Entsetzen muss ich dann aber zusehen, wie sich der Trichter füllet und füllet. Das Öl quillt über alle Ränder und ergiesst sich literweise aufs Pflaster. Und ich komme mir vor wie Goethes Zauberlehrling:

nass und nässer
wirds im Saal und auf den Stufen,
welch entsätzliches Gewässer,
Herr und Meister hör mich rufen!

Sogleich fällt mein Blick auf einen zweiten kleinen Schraubstöpsel, der mich oben auf der Wanne festsitzend hämisch angrinst. Mit schadenfroher Stimme höre ich ihn rufen: „Hallihallo, ich bin die Kanisterentlüftung, hast Du mich etwa vergessen?” Ich schraube dieses kleine Miststück in Sekundenbruchteilen heraus, aber das jetzt aus dem Motorrad laufende nur noch kleine Rinnsal signalisiert mir deutlich, dass für dieses Mal der Supergau perfekt ist.