aus Kradblatt 12/22 von Marcus Lacroix
Fahren ohne zu frieren
Viel Winter hatten wir ja bisher nicht, der kommt aber sicher noch. Und auch da macht Motorradfahren richtig Spaß, wenn man entsprechend drauf eingestellt ist. Ich fahre gerne im Winter, hasse es aber zu frieren. Entsprechend habe ich schon diverse Helferlein ausprobiert.
Das für mich persönlich bisher überzeugendste Komplettpaket an beheizter Bekleidung konnte ich
jetzt von der Firma KEiS Heated Apparel aus Großbritannien ausprobieren. KEiS entwickelt und produziert bereits seit den 1990er Jahren beheizte Bekleidung.
Unser Testpaket umfasst die Jacke J501RP (290 €), die Unterhose T103RP (210 €), die Socken S302 (105 €), die Handschuhe G701S (280 €) und den 5,2A Li-Ion-Akku inkl. Ladegerät (120 €). Alle Preise sind die UVP des Herstellers.
Mein Angebot, lieber die neue Jacke J505RP Extreme (320 €) vorzustellen, wurde mit Verweis auf die eher milden deutschen Winter dankend abgelehnt. Mit 25 % mehr Heizleistung ist sie für extrem kalte Wintermonate konzipiert und so z. B. für Nordkap-Winterfahrer interessant. Die Extreme verfügt bereits über die neue Generation von Heizreglern, die zusätzlich auch über Bluetooth per App gesteuert werden können. Das ist ganz praktisch, wenn man die Jacke unter einem Einteiler fährt. Da ich mit Zweiteilern fahre, habe ich die Funktion nicht vermisst.
Bei allen Produkten ist die hochwertige Verarbeitung auffällig. Die Materialien fühlen sich gut an, die Anschlussstecker sind robust und feuchtigkeitsgeschützt. Beim Tragen pikst und kratzt nichts, die Heizelemente stören nicht. Reißverschlüsse und Nähte versprechen ein langes Leben. KEiS gibt auf die beheizten Elemente lebenslange und auf den Rest zwei Jahre Garantie. Die Bedienungsanleitungen sind umfassend und gut verständlich.Alle KEiS-Artikel kommen mit dem nötigen Anschlussmaterial, um sie auch unabhängig voneinander nutzen zu können. Man muss sich also nicht das Komplettpaket zulegen, wenn man z. B. speziell unter kalten Händen oder Füßen leidet. So sind es bei mir vor allem Oberkörper und Hände, die nach Wärme verlangen. Neben den oben erwähnten Kleidungsstücken sind noch eine Weste, verschiedene Handschuhe sowie diverses Zubehör erhältlich.
Der Anschluss der Zuleitung ist einfach und erfolgt direkt an der Fahrzeugbatterie. Wer eine solche selbst ein- und ausbauen kann, bekommt das locker alleine hin. Ansonsten helfen ein Video-Tutorial auf der KEiS-Website oder die freundliche Fachwerkstatt von nebenan. Optional sind Anschlusskabel z. B. für eine Bordsteckdose erhältlich. Die Zuleitung verfügt über eine eigene Sicherung.
Die Produkte mit der Dual-Power Technologie (Westen, Handschuhe und Socken) können alternativ auch mobil mit dem 5,2 A Akku betrieben werden; bei Jacke und Hose ist die Stromaufnahme dafür zu hoch.
Die maximal Heizleistung (W=Watt, Angaben gem. KEiS-Website) der hier gezeigten Bekleidungsstücke beträgt: Jacke 72 W, Hose 39 W, Handschuhe 19,2 W, Socken 15 W. Beim Tragen aller Kleidungsstücke an einem kalten Wintertag und voll genutzter Heizleistung muss die Lichtmaschine eures Bikes also rechnerisch 145,2 W Reserve bieten. Wobei es zum Abruf der vollen Leistung schon recht kalt sein muss, ansonsten fühlt man sich auf Heizstufe 3 schnell wie gegrillt. Bei den aktuellen November-Temperaturen, die auch morgens nicht unter 4 Grad plus fielen, war mir die Heizstufe 1 bereits genug.
In der Praxis funktionieren die Produkte ganz ausgezeichnet. Die Jacke verfügt über 13 Heizelemente. Die Wärme wird über KEiS „Mikro-Carbon Faser Technologie“, lt. Beschreibung sind das eingewebte wärmeleitende Fasern, im Innenfutter gleichmäßig über die ganze Fläche verteilt. Bei der Hose sitzen die Heizelemente an den Oberschenkeln, die Front ist zusätzlich windabweisend.
Der große Vorteil gegenüber dem sonst üblichen dicken Einmummeln: man bleibt viel beweglicher auf dem Motorrad, was nicht nur bequemer ist, sondern auch einen Sicherheitsvorteil darstellt. Das kommt einem bereits bei einstelligen Plusgraden zugute, gerade wenn man etwas kälteempfindlich ist. Ebenfalls sehr angenehm: muss man unterwegs tanken, einkaufen oder geht auch nur kurz an einem Imbiss was essen, läuft man nicht in einer Ganzkörpersauna herum – Themokombiträger wissen, was ich meine. Es empfiehlt sich natürlich generell, auch unter der Heizkleidung Funktionsunterwäsche zu tragen.
Fährt man das komplette KEiS-Ornat, benötigt man nur ein Anschlusskabel zur Maschine. Beim Anziehen verbindet man die Jacke mit der Hose, in den Hosenbeinen führt je ein Kabel zu den Socken und von den Ärmel – mit winddicht anliegenden Strickbündchen – gehen Anschlüsse zu den Handschuhen.
Hose und Jacke verfügen über eigene Heizstufenregler. Die Regler für die Handschuhe befinden sich auf den Handrücken. Für den Solobetrieb der Socken ist optional ein Regler erhältlich, sie werden sonst über den Hosenkreis gesteuert. Drei Heizstufen stehen jeweils zur Wahl. Bei der Jacke sind alle Anschlüsse und Kabel durch Reißverschlüsse verdeckt, so dass man sie auch als Freizeitjacke tragen kann.
Handschuhen und Socken liegt ein Y-Kabel bei, das man bei Bedarf durch seine vorhandene Kleidung ziehen kann, wenn man die KEiS-Jacke und -Hose nicht nutzt. Man benötigt es auch, wenn man den Li-Ion-Akku nutzen möchte. Beim Schrauben in der ungeheizten Garage, bei winterlichen Ausflügen ohne Motorrad oder wenn man für gelegentliche kürzere Fahrten nicht extra ein Kabel an die Batterie anklemmen möchte, ist der Akku (knapp 58 Wh) eine gute Option. Die Laufzeit ist neben der Heizstufe auch von der Außentemperatur abhängig. Im „Leerlauf“ im Büro ermittelten wir bei den Handschuhen für die drei Heizstufen grün, gelb und rot entsprechend 9:20, 5:30 und 5:05 Stunden. In der Praxis dürfte die Laufzeit geringer sein, für ein paar Stunden frischen Wind um die Nase reicht es aber immer. Ergänzend verfügt der 12 Volt Akku über einen USB-Anschluss, damit man ihn als Powerbank (15.600 mAh) nutzen kann.
Die Handschuhe mit dem Kürzel S verfügen übrigens über eine kurze, eng anliegende Stulpe. Dadurch lässt sich der Ärmelabschluss einer Textiljacke problemlos darüber tragen. Ebenfalls ein Pluspunkt: Zeigefinger und Daumen der Handschuhe sind Touchscreen-tauglich. So lassen sich auch z. B. als Navi genutzte Smartphones passabel bedienen. Die Handschuhe sind CE-geprüft und durch eine Hipora-Membran wasserdicht und atmungsaktiv. Eine Gummierung an der Handinnenfläche sorgt für guten Grip.
Leider gibt es in Deutschland bisher nur sehr wenige Fachhändler, bei denen man sich die KEiS-Produkte anschauen kann. Interessierte Fachhändler können sich beim deutschen Vertrieb Motorrad Venture MV GmbH melden. Mehr Infos und Bestellmöglichkeiten findet man Online unter http://keisapparel.de sowie auf Facebook, Instagram und YouTube.
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