aus Kradblatt 5/16
von: Berthold Reinken

Ausprobiert: Becker Mamba 4 Navi

 

Alternative Routenanzeige Becker Mamba 4Seit einem Jahr ist das Becker Mamba Motorrad-Navi nun auf dem Markt. Für das KRADblatt habe ich mich inzwischen ausgiebig mit dem Gerät beschäftigt.

Das Testgerät war das Mamba 4 Plus, das im Gegensatz zur preisgünstigeren Version noch mit einer zusätzlichen Autohalterung geliefert wird. Außerdem ist ein Camping- und Stellplatzführer integriert. Dafür kostet es 479 Euro statt 369 Euro.

Das 47 Länder enthaltende Gerät macht einen robusten Eindruck, die Motorradhalterung ist allerdings recht klobig und der Kabelstrang zum Batterieanschluss enthält nach ca. 30 cm einen Spannungswandler, der sich bei vielen Motorrädern kaum vernünftig verstauen lässt. Bei eingesetztem Navi flattert der Gummideckel für die Kontakte im Fahrtwind und läuft bei Regen voll Wasser. Daraus und noch aus einigen anderen Details lässt sich schließen, dass an der Entwicklung des Mamba wohl kaum Motorradfahrer beteiligt waren und es in der Praxis vor Markteinführung nicht vernünftig ausprobiert wurde. Das ist aber in der heutigen Zeit leider bei vielen Produkten weit verbreitet (sogar bei Autos und Motorrädern). Man überlässt den Praxistest einfach den Kunden.
Die Firma Becker ist anscheinend der Meinung, dass Motorradfahrer kein TMC brauchen. TMC steht für „Traffic Message Channel“, also Verkehrsnachrichten-­Kanal und dient der Stauerkennung und Umfahrung. Wer auch weitere Reisen mit dem Motorrad unternimmt, wird immer wieder mal längere Distanzen per Autobahn überbrücken. Ein Verkehrsstau ist, besonders an heißen Tagen, für den Motorradfahrer aber deutlich unangenehmer als für den Käfig-Piloten, der seine Klimaanlage hat.

Abdeckkappe an der Halterung Becker Mamba 4„Das Böse ist immer und überall“ sang schon 1985 die EAV. Und so muss auch der Motorradfahrer immer damit rechnen, dass man sein Navi klaut. Also immer schön abnehmen beim Parken, denn abschließbar ist die Halterung nicht. Dafür ist das An- und Abbauen aber ziemlich fummelig. Eine Rändelschraube und ein zusätzlicher Klappmechanismus arretiert das Mamba im Halter.

Auch die Anordnung eines Bedien­knopfes wäre nach längeren Praxistests sicher verändert worden. Will man den oben rechts liegenden Knopf zur Zwischenzielüberspringung (funktioniert nur bei komplett geplanten Routen und nicht bei spontan eingefügten Zwischenzielen) betätigen, verdeckt man mit der linken Hand den Bildschirm. Schließlich bleibt die rechte Hand am Gasgriff (auch bei Linkshändern, liebe Beckers).

Wenn die Navigation mal zu stocken scheint, schaut man in der Regel zuerst auf das Satellitenempfangssymbol. Obwohl es im Online-Handbuch beschrieben ist, existiert es aber nicht im Display. Und immer wieder bemängele ich das Fehlen einer gedruckten Anleitung bei Navis. Man kann unterwegs bei Problemen oft nur schwer ins Online-Handbuch schauen.

Blackbox im Anschlusskabel Becker Mamba 4Nun aber zum Positiven. Das beste am Mamba ist die gute Ablesbarkeit auch bei Sonneneinstrahlung. Allerdings ist die Farbgebung des Monitors recht blass und verwaschen und der wanderne Fahrt-Pfeil ist zu undeutlich geraten. Das Auto-Navi LMU vom gleichen Hersteller erfreut da mit kontrastreichen, stark bunten Farben.

Das Mamba lässt sich auch mit Handschuhen gut bedienen und die Zieleingabe erfolgt schnell und intuitiv. Hat man ein Ziel eingegeben und die Strecke ist berechnet, kann man sich noch drei Alternativrouten mit Kilometerangaben und Höhenprofil vorschlagen lassen. Dabei werden alle vier Strecken mit unterschiedlichen Farben gleichzeitig dargestellt. Eine Routenplanung über mehrere Ziele ist direkt am Gerät möglich. Auch die Planung am PC ist über Motoplaner möglich. Leider funktioniert das, wie bei den meisten Navis, nicht mit einem Apple Computer. Eigentlich unverständlich, wo die halbe Welt „verappelt“ ist.

Mit dem oben genannten Knopf kann man Zwischenziele auslassen. Wenn vermieden werden soll, dass man ins Zen­trum eines Ortes geführt wird, muss man ein paar Kilometer vor dem Zwischenziel tätig werden. Eine Entfernungsangabe zum nächsten Zwischenziel kann aber nicht (wie beim Becker LMU) vorher eingestellt werden. Das Gerät macht dafür automatisch Restzeitangaben vor dem Zwischenziel.

Nokia Akku passt Becker Mamba 4Beim Routenprofil lassen sich verschiedene Kurvenansprüche auswählen. Wo aber wenig Kurven sind, kann das Mamba auch nicht zaubern. Bei Auswahl des Wunsches „deutlich kurviger und länger“ holt sich das System diese manchmal „von sehr weit her“, so dass sich eine Route durchaus mal von 100 Kilometern auf 300 Kilometer verlängert. Die Option „extrem lang und kurvig“ sprengt dann schon mal das Tagespensum. Manchmal holt sich die Software die Kurven auch aus verkehrsberuhigten Zonen und führt so durch reine Wohnsiedlungen, was natürlich weder Fahrer noch Anwohner begeistert. Ferner gibt es oft keine Unterschiede zwischen der Einstellung „etwas kurviger“ und „deutlich kurviger“.

Sehr schnell ermittelt die Software eine andere Route, wenn der Fahrer die berechnete verlässt. Da die akustischen Abbiegehinweise aber sehr früh kommen, muss man besonders in Orten mit vielen Straßen immer auf den Monitor schauen, sonst biegt man leicht in die falsche Straße ein.
Sehr gut gefallen mir die massenhaft vorinstallierten Tracks, die nach Ländern und Regionen aufgeteilt sind. Diese sind auch umkehrbar. Will man eine selbst eingegebene Route umkehren, muss man beim Abfahren die Trackaufzeichnung aktivieren.

Gut gemeint, aber praktisch nicht funktionsfähig, ist die Option „Routemove“. Damit können Routen durch Verschieben auf dem Bildschirm auf eine andere Straße gelegt werden. Das geht aber auf dem kleinen Bildschirm nur sehr ungenau. Stellt man den Zoom groß ein, findet man die momentane Route nur sehr schwer wieder und erkennt die Auswirkungen auf die komplette Route nicht mehr. Außerdem kommt es oft vor, dass das Icon für die Option gar nicht auf dem Bildschirm erscheint.

Im Prinzip eine feine Sache ist der herausnehmbare Akku, obwohl dieser unter dem schwer zu öffnenden Deckel auf der Rückseite steckt. Der Akku ist baugleich mit dem Nokia-Akku BL 5C, den es für 6 Euro zu kaufen gibt. Für 9 Euro kann man ein Ladegerät dazu kaufen in dem man zwei Akkus gleichzeitig laden kann. Der Becker-Original-Akku fiel durch eine starke Selbstentladung bei Nichtbenutzung auf.

Da im Mamba eine Fahrrad-Option vorhanden ist, sollte es mich von Weyhe ins Ortszentrum Bremen zu führen. Es gibt da diverse Möglichkeiten auf verschiedenen Strecken durch die Marsch und um den Werdersee beim Bremer Weserstadion auf asphaltierten Radwegen zu fahren. Zwar schlug des Mamba vier verschiedene Routen vor, versagte beim Navigieren aber total. Eine Neuberechnung beim Verlassen der Route fand nicht statt und das Gerät verlor ständig die Orientierung. Becker dazu: „Es handelt sich nicht um ein Gerät für Outdoor oder Offroadnutzung, da das Gerät kein hierfür benötigtes Kartenmaterial besitzt.“ Da die mitgeführten Akkus von Nokia jeweils nach ca. 30 Minuten leer waren, ist es verkneifbar, dass Becker keine einfache (Fahrrad)Halterung ohne Stromversorgung im Programm hat.

Über Bluetooth kann man das Navi mit einem Headset im Helm verbinden. Eine parallele Handy-Verbindung mit dem Helm ist mir mit verschiedenen Handys und Helmen nicht gelungen. Eine Weiterleitung von Anrufen vom Handy über das Navi an den Helm ist laut Becker aus Sicherheitsgründen nicht vorgesehen.
Das Kartenmaterial des Mamba 4 enthält „lebenslange“ kostenlose Kartenupdates, wobei Lebenslang durch Kleingedrucktes etwas eingeschränkt wird.

Fazit: Wie ausnahmslos alle Navis ist auch das Becker Mamba zwar eine gute Hilfe beim Navigieren und hat seine Stärken, von Perfektion ist es aber weit entfernt. Ausführliche Beratung im Fachhandel über Vor- und Nachteile unterschiedlicher Navigationssysteme kann vor dem Kauf also hilfreich sein.