aus bma 02/08

von Thomas Purrmann

Mopeds im Schnee

Schnee

Der Tiger ist bepackt und wetzt schon die Reifen für die Frühlingstour in den Süden, wo nach dem schon sprichwörtlichen Nord-Süd-Gefälle Sonne und Kurven auf uns warten. Der Wind ist stürmisch und die Straßen trocken, so daß ich am Abend meinen Freund und Begleiter Stefan in Darmstadt begrüßen kann. Von hier soll die Tour dann zur ersten Station nach Miesbach in Bayern gehen.
Am nächsten Tag kommt das Futter in die Hose, damit wir bei ca. sieben Grad nicht ins Zittern kommen. Aber egal welche Temperatur, was zählt ist der Grip, um die herrlichen Strecken im Odenwald zu genießen. Die Mopeds, beide aus der Reiseendurofraktion, brauchen weder Öl noch sonst was, doch die Fahrer lechzen nach Möhrenkuchen und wärmendem Kaffee, also wird ein zweites Frühstück eingelegt. Nach der Stärkung von Zuckerbäcker Ziesemeier fahren wir am Neckar entlang, der mit vielen Burgen sowie trockenen, kurvigen Straßen den Frühling im Kradler weckt. Weiter geht es nach Südosten, wo uns die Hochebenen im Fränkischen Wald mit Nieselregen und ganz erheblichen Schneeresten neben der Fahrbahn nun doch frösteln lassen.
Doch ein Cappuccino und leckerer Italo-Kuchen bringen die Motorrad fahrenden Konditoreientester wieder in Schwung.
Temperaturen um fünf Grad, starker Regen, Wasser in der Jacke, einsetzende Dunkelheit, Müdigkeit und ein fehlendes Mittagessen erfordern Durchhaltevermögen für die letzten Kilometer. Durchgefroren parken wir die Motorräder vor einem Schneehaufen, der mich an den Winter erinnert, dabei ist es doch Frühling.
Unsere wunderbaren Gastgeber entführen uns an den Tegernsee in die Klosterbrauerei. Hier gibt es lecker Boarische Speisen und Tegernseer Hell, denn das haben wir uns verdient.
Der nächste Morgen, man ahnt es schon, begrüßt uns mit einem Kater und naßkaltem Wetter. Die Attraktion unseres ersten Etappenziels, das herrliche Bergpanorama hier im Voralpenland, verbirgt sich hinter dicken Wolken und Nebel.
Nach dem Studium der Internet-Wetterkarte beschließen wir, Richtung Allgäu weiter zu fahren, denn Tirol und Allgäu versprechen zumindest eine vage Aussicht auf trockenes Wetter. Und ab geht es.
Die Strecke begeistert mit den erhofften Kurven, kleinen, typischen Orten und führt uns auch zum eisigen Schliersee. Zum Maria erbarmen schüttet sich der Himmel über uns aus, was immerhin bedeutet, daß wir in dieser herrlichen Gegend an der Grenze zu Österreich von Touristenströmen verschont bleiben.
Weiter an Garmisch vorbei führt die L 255 ganz unversehens nach Österreich an den Plansee. Die Uferstraße ist so klasse, die würden wir gern noch mal probieren, aber nun wird es doch langsam ungemütlich, so daß wir in Füssen bei Ludwig unsere heutige Etappe beschließen. Nun brauchen wir dringend ein heißes Bad, um danach bei leichtem Schneefall Füssen in beinahe weihnachtlicher Stimmung zu erkunden.
Käsespätzle und 35 cm Schnee, so wird mir Neuschwanstein in Erinnerung bleiben. Die Schloßbesichtigung muß leider ausfallen, denn bei den Schneemengen auf den Straßen wagen wir keine Extratouren. Allen Prognosen der Einheimischen zum Trotz bleibt der Schnee liegen und soll laut Wetterbericht noch zwei Tage für Winterfeeling sorgen.
Nördlich der Donau heißt es, sei nicht mehr mit Niederschlägen zu rechnen, also suchen wir im Schneegestöber die Autobahn, um schnell nach Ulm zu gelangen. Und tatsächlich, ab Ulm ist die Bahn trocken. Nun trennen sich unsere Wege, Stefan fährt nach Freiburg, während ich die Wintertour im Frühling mit einer Autobahnetappe bis Nörten-Hardenberg fortsetze, um dann noch genußvoll durch Solling und an der Weser entlang nach Hause zu gleiten.