aus bma 09/04
von Fred Klein
Diesmal kamen keine Rippenbrüche dazwischen, die zweite Anreise klappte, Algerien lag vor mir. Die 1300 km Anreise von Espelkamp bis nach Genua, fuhr ich in zwei Etappen. Am Hafen in Genua lernte ich u. a. Bernhard aus Baden-Baden kennen, der auch nach Algerien wollte. Er mit seiner African Twin und ich mit der ollen Gummikuh sollten viel Action haben. Ein kurzer Aufenthalt in Tunesien zum Klimatisieren und Fahrzeugumrüsten lag vor uns, alles was schwer und sperrig war, konnten wir in Douz auf dem Sahara Desert-Camping Club deponieren, ein Dank an die Betreiber und das überfreundliche Personal.
Wir entschlossen uns schon früh morgens in Algerien einzureisen um gleich viele Kilometer machen zu können. Unser Ziel war Djanet und von dort sollte es pistenmäßig über Bordj Haouses, Serouenout, Ideles nach Tamanghasset gehen. Die Strecke ab Grenze Hazoua, El Qued, Touggourt, Hassi Messaoud, Bordj Omar Driss, In Amenas, Illizi und Djanet ist komplett asphaltiert, mal schlecht mal gut, aber für Enduros kein Problem.
Wenn wir damals geahnt hätten, dass auch wir hätten entführt werden können, wie es in dem Frühjahr einigen Touristen ergangen ist, wären wir nicht so offenherzig auf die Menschen zugegangen, aber es sind wohl nur vereinzelte Gruppen die solches im Schilde führen. Wir haben wirklich nur nette, liebenswerte und hilfsbereite Menschen kennengelernt.
Auf unserem Weg durchfuhren wir immer wieder Stein- und Felswüsten, die sich nur durch verschiedenartige Farbtöne unterscheiden, man hatte das Gefühl je tiefer man Richtung Süden fuhr, immer tiefer, also bergab zu fahren, aber unser GPS zeigte teils Höhen von 600-1200 m über NN an. So kann man sich irren.
Benzinprobleme gab es nicht, jeder von uns führte ca. 60 Liter mit sich, aus Angst, dass die eine oder andere Tankstelle kein Benzin mehr hat, sodass man eventuell hätte 500-650 Kilometer überbrücken müssen. Es gab viele heftige Sandstürme die teils einen ganzen Tag dauerten, aber wir fuhren unentwegt Richtung Süden. Bei einer Luftfilterkontrolle stellten wir erstaunt fest, dass die Gummikuh kaum Sand geschluckt hatte, während die African Twin fast voll war.
Öftere Kontrolle schützt vor Schaden sagte sich Bernhard, während- dessen setzte ich schon Wasser für Tee auf.
Nach Tagen in Djanet angekommen, genossen wir ein paar Tage das Nichtstun. Ich erkundete das Umfeld, wo es schöne Teilstrecken zu fahren gab, aber immer mit dem Gedanken: ohne Gepäck nicht übertreiben, im Sand. Der Gedanke ein Jahr zuvor mit vier gebrochenen Rippen im Krankenhaus verbracht zu haben, bremste mich immer wieder aus.
Unser südlichstes Ziel sollte Tamanghasset sein. Auf dem Campingplatz direkt im Ort, es gab noch einen zweiten, Richtung Tankstelle, der nicht so gut frequentiert war. Dort traf sich alles was ankam oder auch weiter wollte, so gab es viele Gespräche abends.
Für uns hieß es Abschied nehmen, nach einigen Tagen brachen wir auf. Nördlich ging es nach Bordj el Haoues, dann über Pisten weiter nach Serouenout. Bernhard fuhr vor, teils waren lange sandige Passagen dazwischen. Gewicht nach hinten und Gas halten wenn es weich wurde. Mit einer Geschwindigkeit von etwa 60-80 km/h ging es mit unseren vollbeladenen Wüstenschiffen ganz gut vorwärts. Der Abstand zwischen uns betrug teilweise ein bis zwei Kilometer, denn es staubte gewaltig. Irgendwann legte sich der Staub ein wenig und ich bemerkte das mit Bernhard etwas nicht stimmte. Bei der extremen Hitze, alles flimmerte, konnte ich erst kurz vorher sehen was los war. Bernhard stand nicht, nein, er lag vor seinem Mopped. Ich dachte auch, dass jetzt Zeit für eine Pause wäre, aber Bernhard rappelte sich auf und schrie vor Schmerz: „Mein Schlüsselbein ist gebrochen!”
Ruhe bewahren dachte ich, erst mal Mopped aufrichten, bevor noch mehr Benzin ausläuft. Da habe ich auch gleich festgestellt, wie leicht doch meine Gummikuh ist. Bernhard war ganz geschockt. Ich beruhigte ihn, denn ich hatte Angst, dass er eventuell ohmächtig wird. Wasser war genug da und Lebensmittel auch, so machte ich mich nach eine Stunde auf den Rückweg nach Bordj el Haoues (Fort Gardel) und wollte Hilfe holen.
Von da an stand fest, dass hier die Tour noch vor Tamanghasset endete, denn mit einem gebrochen Schlüsselbein ist erst mal zwei bis drei Wochen Ruhe angesagt. Das erste Haus in Fort Gardel war zu sehen. Allah sei Dank, ich bin ohne Sturz zurück gekommen. Was wäre wenn auch ich gestürzt wäre und Knochenbrüche erlitten hätte, gar nicht auszudenken. Diese Strecke wird nicht mehr so oft befahren, so dass man schnelle Hilfe nicht erwarten kann und 20 ltr Wasser reichen auch nur ein paar Tage.
Sesshaft gewordene Touaregs boten sofort ihre Hilfe an, wir fuhren zurück und fanden Bernhard bei Bewusstsein. Wir luden ihn ein und ich fuhr die verbogene Africa Twin zurück. Ein Krankenwagen wurde informiert und stand bei Ankunft bereit.
Bernhard wurde umgeladen und nach Djanet in das neue Krankenhaus nähe Flughafen gebracht. Die Touaregs boten mir an, bei ihnen zu nächtigen, da es bald dunkel wurde. Ich nahm dankend an und schlief vor Erschöpfung ein. Am nächsten Morgen war ich frohen Mutes und fuhr geradewegs nach Djanet auf den Campingplatz, in der Hoffnung Biker zu treffen, die auch nach Tamanghasset wollten. Aber der Platz war wie leergefegt, immerhin hatten wir schon Ende April, da kamen keine Touristen mehr, denen ich mich hätte anschließen können.
Für Bernhard bot sich die Gelegenheit bei einem Trupp mit zwei Moppeds und einem Pickup die Rückreise nach Tunis zum Fährhafen anzutreten. Wir verbrachten noch wunderschöne Tage zusammen, bis wir uns von dem Trupp in Hammamet auf dem Campingplatz verabschiedeten – ihr Urlaub ging zu Ende.
Da Bernhard und ich noch reichlich Urlaub hatten, beschlossen wir nach einer Woche Genesung für das gebrochene Schlüsselbein, die ersten Fahrversuche zu unternehmen und dann über Sizilien, Sardinien und Korsika einen rund vierwöchigen Rückreise-Tripp von Tunis aus zu unternehmen. Wir wussten, dass es eine Fährverbindung von Tunis nach Trapani in Sizilien gibt, aber dies ist eine andere Geschichte.
Merhaba an alle Motorradreisenden.
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