Wer nach einem Unfall sein Motorrad nicht in einer Werkstatt reparieren lassen will und auch nur gebrauchte Teile in Eigenregie verwendet, bekommt die auf die Reparaturkosten kalkulierte Mehrwertsteuer von der gegnerischen Versicherung nicht ersetzt…

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aus bma 4/11 – Rechtstipp

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Mehrwertsteuer ist ein heikles Thema. In der Werbung wird sie einem oft als Geschenk angeboten, obwohl der Händler sie dann trotzdem an das Finanzamt abführen muss. Wer die Mehrwertsteuer als Selbstständiger nicht abführt macht sich nämlich strafbar. Folglich ist die Werbung mit der geschenkten Mehrwertsteuer nur ein Fake und tatsächlich wird einem ein Rabatt von 19 Prozent gewährt. Für den Kunden ist es letztendlich egal, wie das Kind heißt. Hauptsache die Rabatte werden gewährt. Mit der Mehrwertsteuer kann man nach einem Unfall und dem anschließenden Erwerb eines Ersatzmotorrades aber auch ganz anders auf seine Kosten kommen. Hierfür gibt es eine Berechnungsmethode, die einen von einer Reparatur des verunglückten Motorrades abbringen kann und dazu führen kann, dass man das verunglückte Bike abstößt und sich etwas Neues zulegt.

Kommen wir zur Sache: Wer nach einem Unfall sein Motorrad nicht in einer Werkstatt reparieren lassen will und auch nur gebrauchte Teile in Eigenregie verwendet, bekommt die auf die Reparaturkosten kalkulierte Mehrwertsteuer von der gegnerischen Versicherung nicht ersetzt. Er bekommt nur die Nettoreparaturkosten erstattet. Die Mehrwertsteuer verschenkt er regelrecht und die Versicherungswirtschaft freut sich jedes Jahr über Millionen, wenn nicht sogar Milliarden ersparter Mehrwertsteuer. Wer hingegen für die Reparatur oder Ersatzteile Mehrwertsteuer bezahlt, bekommt diese gegen den Nachweis der Mehrwertsteuer auch ersetzt.

Ein besonderer Clou kann gelingen, wenn man nach einem Unfall, bei einem noch reparierbarem Motorrad, die Anschaffung eines neuen Motorrades oder eines Ersatzmotorrades mit ausgewiesener Mehrwertsteuer in Erwägung zieht. D.h. man kauft ein Motorrad, auf dessen Kaufvertrag und Rechnung 19 % Mehrwertsteuer ausgewiesen sind. Was das soll, fragt Ihr Euch? In einem solchen Fall kann man nämlich die Mehrwertsteuer für die Reparaturkosten zusätzlich ersetzt verlangen.

Ein Beispielfall, wie ihn das Landgericht Arnsberg, Urteil vom 30.03.2010, Aktenzeichen 5 S 114/09 zu entscheiden hatte, kann dies wie immer am besten erklären. Nach einem Unfall hatte der eingeschaltete Sachverständige Reparaturkosten in Höhe von 4.837,66 Euro netto und 5.756,82 Euro inkl. 19 % Mehrwertsteuer ermittelt. Die 19 % Mehrwertsteuer machen einen Betrag in Höhe von 919,16 Euro aus. Der Geschädigte ließ sich zunächst die Nettoreparaturkosten in Höhe von 4.837,66 Euro auszahlen, verkaufte das beschädigte unreparierte Gefährt, und erwarb ein neues Bike. Offensichtlich hatte er sich überlegt, dass er mit dem verunglückten Gefährt nicht mehr glücklich werden würde und auch rechnerisch bei einem Ersatzkauf anstatt einer Reparatur besser fahren würde. Er erwarb ein neues Stück, bei dem auf der Rechnung die Mehrwertsteuer in Höhe von 19 Prozent ausgewiesen wurde. Die Mehrwertsteuer, die auf die Reparaturkosten anfallen würden, verlangte er nun von der gegnerischen Versicherung ersetzt. Diese wollte nicht zahlen und ließ es auf einen Rechtsstreit, der letztendlich in der zweiten Instanz vor dem Landgericht Arnsberg entschieden wurde, ankommen. Es ging immerhin um fast 1.000 Euro Mehrwertsteuer.

Die Versicherung hatte über beide Instanzen wenig zu lachen. Sie musste letztendlich die 919,16 Euro und die gesamten Verfahrenskosten zahlen. In seiner Begründung führte das LG Arnsberg aus, dass es letztendlich nur darauf ankomme, ob der Geschädigte die 19 % Mehrwertsteuer auch tatsächlich nach dem Unfall bezahlt habe und sie für die Herstellung des ursprünglichen Zustandes auch angefallen seien. Welchen Weg er zur Erreichung des Ziels, wieder ein heiles Motorrad zu fahren, gewählt hat, ist hierbei völlig egal, so das LG Arnsberg. Das Urteil schmeckt letztendlich der Versicherungswirtschaft nicht wirklich. Ein vergleichbarer Fall wurde vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden, so dass hinsichtlich dieser Vorgehensweise noch eine kleine Rechtsunsicherheit besteht. Aus meiner Praxis kann ich hingegen mitteilen, dass ich bei solchen Fällen bisher kein Problem hatte, dass die Mehrwertsteuer ersetzt wird.

Ihr solltet folglich nach einem Unfall auch mal diese Variante in Betracht ziehen bzw. durchrechnen, denn oftmals lohnt es sich nach einem Unfall ein neues Bike zu erwerben. Beim Rechnen sind Euch Eure Händler, faire Versicherungsmakler und natürlich auch Rechtsanwälte bestimmt behilflich.

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