aus bma 12/07

von Thorsten Janßen

Kawasaki Z 900 Umbau Nachdem ich euer Magazin nun schon so was von lange lese, ich mich oft besonders über die Artikel freue, in denen Leser über ihr eigenes, ganz persönliches Motorrad schreiben, dachte ich mir nun: Jetzt ist es an der Zeit, die bikende norddeutsche Welt an der Entstehungsgeschichte deines eigenen, ganz persönlichen Motorrades teilhaben zu lassen – ob sie will oder nicht. Also, meine „Z” Kawasaki – wie war das denn noch, damals, 1993?
Mein damaliger Kumpel mußte, warum auch immer, eine Kawasaki Z 900 haben. Baujahr 1976. Gekauft in absolutem Originalzustand. Klar, sah vom Zustand her sagenhaft aus. Er war sehr pingelig, ich fand nicht einen Kratzer im Lack, der Chrom schien in der Sonne, die Aluteile glänzten – kurzum: Das Teil sah fast aus wie neu. Gefiel mir, klar, ich erinnere mich noch an den Zeitungsartikel in der MOTORRAD, muß so um 1973 gewesen sein, genau kann ich es nicht mehr sagen. „Frankensteins Tochter” hatte mich sehr beeindruckt seinerzeit. Und nun steht so ein Teil in top Zustand vor mir. Aber irgendwie hatte ich mir solch ein „Superbike”, das es ja wohl zum Erscheinungsdatum war, beeindruckender vorgestellt. Allein die dünne Gabel, dann die schmalen Reifen, hmm, schön war sie ja, aber wenn ich eine hätte, müßte die etwas anders aussehen. Irgendwie die Optik schon noch von der Z 900, aber gemixt mit modernen Komponenten, vielleicht die Gabel von der… ja, das könnte gut aussehen, dann noch die Räder von der…
Der Gedanke ging mir so schnell nicht mehr aus dem Sinn. Und eines morgens kam was kommen mußte – der Entschluß war gefaßt: Du kaufst dir auch solch ein Teil, aber Zustand eigentlich egal, nur der Motor sollte gut laufen, Rahmen nicht verzogen, und die Lackteile mußten vollständig und nicht defekt sein. Der Rest und die Farbe – absolut egal.
Fündig wurde ich ganz schnell in der Nähe Oldenburgs, ich glaube der Laden hieß „Twins Inn” (Anmerk. d. Red.: Den gab’s da tatsächlich damals). Dort konnte man ab und an auch für relativ kleines Geld mit etwas Glück solch ein Teil in dem von mir gewünschten Zustand bekommen.
Kawasaki Z 900 Umbau Tjooo – da stand sie nun. Baujahr 1977, dunkelbraun und unfallfrei. Der Motor lief gut, Preis 1993: 1750 DM. Das war ok, so hatte ich mir die Basis vorgestellt. Es war übrigens ein US Import. Ich hatte von Anfang an vor, die Kawasaki in diesem originalen Zustand nicht zu fahren. Sie sollte zerlegt und in spätestens einem Jahr (ha, ha, ha – dauert immer länger und kostet immer mehr als man denkt) wieder auf Norddeutschlands Straßen rollen, so umgebaut wie ich es mir vorstellte.
Gesagt getan, die Kawasaki in Ermangelung einer Garage in den Keller verfrachtet und binnen zwei Tagen komplett zerlegt. Eine Bestandsaufnahme wurde gemacht: Rahmen gut, Motor optisch häßlich (Aluteile stark angegriffen), Auspuffanlage (4-2) schlecht, Lackteile unbeschädigt.
Nun konnte ich mich an das Beschaffen der „neuen” Teile machen. Ich brauchte ein komplettes Vorderrad mit dazu passendem Hinterrad. Es sollte im gängigen Drei-Speichen-Design sein. Ich kaufte die Räder durch Zufall gleich komplett mit der dazugehörenden USD-Gabel und Schwinge einer Suzuki GSX-R 1100 von 1992. Auch das Federbein bekam ich dazu. Dabei kam mir die Idee, die Kawasaki auf Zentralfederbein umzurüsten. Den Umbausatz gab es, schraubbar und mit TÜV. Das war auch von Beginn an oberstes Gebot, denn der gesamte Umbau sollte zulassungsfähig sein.

 

Die Felge hinten (5.5 – 17) ließ ich verbreitern auf eine Maulweite von 6.5 Zoll. Das sah wahnsinnig aus. Ich war begeistert. Und dann noch mit Gutachten – genial. Vorne konnten 3.5 Zoll bleiben. Mittlerweile wurden vom Rahmen die Ausleger für die Soziusrasten und sämtliche Halter, die ich nicht mehr benötigte, sorgfältigst entfernt und verschliffen. Dann konnte er schon zum Strahlen und Pulverbeschichten. Die Felge hinten wurde noch auf der Bremsseite abgedreht. Ich wollte unbedingt eine extrem kleine Bremsscheibe fahren. Bei Brembo im Programm wurde ich fündig: 190 mm sollte sie messen. Paßte so natürlich nicht auf die Felge, es mußte ein Alu-Adapter gedreht werden. Bei den gesamten Dreh- und Fräsarbeiten half mir ein guter Bekannter aus Varel, der eine perfekte Werkstatt und das nötige Fachwissen hatte. Nun konnten auch die Felgen gestrahlt und gepulvert werden. Als Bremsanlage kam für mich nur Equipment aus Italien in Frage: Brembo. So stand dann auf dem 1. Einkaufszettel: Vier-Kolben-Bremszangen (fest), Gold vorne inkl. 320 mm vollschwimmender Scheiben (ebenfalls Brembo) und Adaptern, radiale Handbremspumpe, Fußbremspumpe, Zwei-Kolben-Festzange (Gold, fest) und besagter 190 mm Scheibe für hinten. Ach ja, die Kupplungspumpe kommt ebenfalls aus „Bella Italia”.
Nun mußte ein standesgemäßer Edelstahl-Auspuff – natürlich 4-1, besorgt werden. Es sollte etwas Besonderes sein, etwas, das man so nicht jeden Tag sah. Nach etlichen Wochen Recherche stieß ich in Süddeutschland auf eine kleine Firma, die sich auf die „Z” spezialisiert hatte und in Handarbeit wunderschöne Auspuffanlagen fertigte. Ja, die sollte es sein. Cars & Bikes schmiß das Schweißgerät an, und nach gut vier Wochen klingelte der Postbote mit einem großen Paket in der Hand.
Damit stellte sich aber nun eine kostenintensive Frage: Diesen traumhaften Auspuff, nagelneu – an diesen optisch bedauernswerten Motor? Geht ja gar nicht. Also zerlegen. Komplett, und dann aufarbeiten lassen.
Das Zerlegen ging recht schnell, aber das Aufarbeiten war doch mächtig teuer. Natürlich sollten die Motordeckel nach der Politur verchromt werden. Und wenn man das gute Stück schon zerlegt hatte, könnten ja auch gleich neue Kolben (gerne etwas größer) rein. Dann kann man ja auch gleich die Kurbelwelle neu lagern und auch gleich einen großen Ölkühler montieren, dann…
Ja, ist richtig teuer geworden, das Überholen das Motors. Und nun sollten die alten 26er Vergaser wieder auf diesen mittlerweile 1045 ccm großen Motor? Ging ja gar nicht. Kontakt aufgenommen mit Topham, 34er Flachschieber mit Trichtern geordert. Nun, der fertige Motor mit seinem glasperlgestrahlten Gehäuse, den verchromten Deckeln, den gefrästen Ölkühleranschlüssen in dem neu gepulverten, schwarzen Rahmen war der Hammer. Ich war restlos begeistert. Die „Hochzeit” von Motor und Rahmen ging nahezu kratzerfrei vonstatten. Einfach den Rahmen über den seitlich auf dem Boden liegenden Motor stülpen, fertig. Nun wieder aufrichten, die Chose auf den alten Küchentisch in der Kellerwerkstatt, die Kumpels angerufen, andächtig davor gesetzt und einen Kaffee in stiller Ehrfurcht geschlürft. Was war das für ein mördergeniales Teil, das da entstand. Als Lenkkopflager kam ein spezielles Teil vom Emil Schwarz rein, bekannt für garantierte Fahrstabilität. Danach konnte endlich die USD-Gabel der GSX-R Suzuki eingebaut werden. Die obere Gabelbrücke entstammte den ABM-Leuten, bekannt für schöne Frästeile, vorbereitet für einen Superbikelenker.
Der Umbau auf Zentralfederbein ging recht problemlos über die Bühne, der Halter wurde einfach mittels Rahmen/Motor verschraubt. Kawasaki Z 900 Umbau Die Schwinge der GSX-R 1100 paßte erschreckend gut in den Rahmen, lediglich der große Achsdurchmesser der Suzuki mußte mittels Distanzbuchsen aus Niro an den verringerten Durchmesser des Rahmens angepaßt werden. Seitlich wurde das Spiel der Schwinge mittels Distanzscheiben beseitigt. Auf die weißen Felgen kamen in der Zwischenzeit neue Gummis in 120/70 und 190/50. Der Rest ist schnell erzählt: Die Lackteile sollten in einem unauffälligen, hellen Metallicton lackiert werden. Da Vaddern zu der Zeit einen 190D Mercedes in Rauchsilber fuhr, war die Farbwahl schnell getroffen. Das gefiel mir und paßte gut zum Weiß der Felgen. Die Sitzbank wurde vom befreundeten Sattler mit champagnerfarbenem Wildleder bezogen, die Grundplatte vorher gestrahlt und gepulvert. Dem Sitzpolster verpaßte ich auch noch eine Sitzmulde, so wie es die Superbikes der AMA in den 1980ern fuhren.
Der Zusammenbau des gesamten Motorrades dauerten dann doch gute drei Jahre, auch ich konnte kein Geld drucken, schon gar nicht in der Studienzeit. Aber alles wird mal fertig, und im Sommer 1996 konnte das Prachtstück dann mit dem Auto der jetzigen Frau die Kellertreppe hochgezogen werden. Schieben war zu schwer, die Kawasaki hatte ein nicht zu unterschätzendes Gewicht bekommen. Schon die erste Probefahrt mit rotem Kennzeichen verlief nahezu problemlos. Ich hatte nur die Kupplungsscheiben nicht richtig montiert, die Kupplung rutschte bei der ersten Ausfahrt. Das war schnell behoben, es konnte der unvermeidliche TÜV-Termin wahrgenommen werden.
Da der Umbau im Vorfeld genauestens mit den Herren in Grau abgesprochen war, wurde die Abnahme ein mängelloses Unterfangen. Es war geschafft. Nun konnte ich mein ganz persönliches Superbike voller Stolz auf unseren öffentlichen Straßen bewegen.
Das tat ich auch, aber leider nur ein Jahr lang. Das Studium war beendet, ich brauchte für den nun anstehenden Job ein überdachtes Vehikel. Schweren Herzens und nach reiflicher Überlegung mußte ich das geliebte Motorrad verkaufen. Es traf sich seinerzeit gut, daß ein guter Bekannter reges Interesse an dem Motorrad bekundete, und nachdem man sich handelseinig wurde, wohnte „meine” Z nun im 70 Kilometer entfernten Wilhelmshaven.
Kawasaki Z 900 Umbau Dort wohnte sie fast genau zehn Jahre lang, stand eigentlich mehr als sie fuhr (ca. 5000 km in zehn Jahren), und es wurde nichts verändert. Es waren – man glaubt es kaum – noch die Reifen drauf, die ich habe montieren lassen. Und dann eines guten Tages, genaugenommen im April 2007, klingelte mein Telefon, und ich wurde gefragt, ob ich jemanden wüßte, der Interesse an der Kawasaki hätte. Ich muß zugeben, daß kaum war der Satz ausgesprochen, in meinem Unterbewußtsein schon feststand: DAS IST EIN ZEICHEN – SIE WILL ZURÜCK ZU DIR! Ich erbat einen Tag Bedenkzeit um dann zuzusagen.
Schon am nächsten Tag holte ich sie ab, und kam erst mal wieder zurück auf den Boden der Tatsachen. In meiner Erinnerung stand sie makellos da, kein Kratzer, alles glänzte, der Motor schnurrte wie das berühmte Kätzchen. Aber der Zahn der Zeit hatte schon die eine oder andere Spur hinterlassen. Sie stand die letzten Jahre nahezu unbewegt in einem Schuppen, zwar regentrocken, aber doch wohl so feucht, das der Motorchrom komplett mit Pickeln übersäht war.
Der „Rest” war, bis auf eine deutliche Staub- und Dreckschicht, so wie ich sie übergeben hatte. Nur der Motor, der schien dann doch nicht mehr wie gewohnt zu wollen. Bei der Abholung war er nur zum Arbeiten auf drei Zylindern zu überreden. Der vierte Zylinder wollte partout nicht. Der Fehler schien mir der dazugehörende Vergaser zu sein. Das Schwimmerkammerventil schloß nicht. Bei späterer Demontage stellte sich dann aber heraus, das der kleine O-Ring, der die Ventileinheit im Vergaser abdichtet, porös war. Nur dieser O-Ring mußte ersetzt werden.
Nun lief der Motor wieder, erfreute die Umwelt allerdings beim Start, egal ob warm oder kalt, mit einer ca. 20 Sekunden andauernden mächtig blauen Abgasfahne. Die verging, wenn das Aggregat warm war, der Ölverbrauch war aber einem Zwei-Takter gleich. Was tun?
Nach Durchforstung etlicher Internetforen kam ich zu dem Schluß, daß die Zylinderbank der Z 900 nie auf 71 mm (von 66) hätte aufgebohrt werden dürfen. Ich hatte mich schon 1995 gewundert, daß die Zylinderwandstärken nach dem Aufbohren so enorm dünn sein durften. Durften sie wohl doch nicht. Anscheinend hatten sich die Zylinder in den Jahren verzogen. Nachforschungen ergaben, daß neue, gute Kolben und eine gute Zylinderbank mit den Kleinteilen auf gut 1000 Euro kamen. Dann war der Rest des Motors aber ja immer noch 30 Jahre alt. Das gefiel mir nicht. So kam ich auf die Idee, einen artfremden Motor in den Rahmen zu bauen. Ich entschied mich für den Motor der Suzuki GSF 1200.
Durch Zufall konnte ich genau diesen Motor in der nahen Umgebung von einer Unfallmaschine aus 2002 mit 2000 km Laufleistung bekommen inklusive Kabelbaum
Der Einbau war eigentlich einfacher als gedacht, denn der Motor paßte hervorragend in den Kawasaki- Rahmen. Die Halter konnte ich teilweise aus Alu gefertigt kaufen, einige fertigte ich dann aber selbst aus Niro an. Geschweißt werden mußte nichts, alles wurde geschraubt. Das Tolle dabei: Meine geliebte Flachschiebervergaseranlage konnte ich weiter verwenden, sie fluchtete exakt an den GSF-Zylinderkopf. Gut, wenn man es ganz genau nimmt, hat der GSF-Motor eigentlich 36er Vergaser, als GSX-R hatte er sogar 40er. Die nun montierten 34er arbeiten aber hervorragend. Ich kann nicht über Leistungsmangel klagen.
Meine schöne Auspuffanlage allerdings mußte ich zu 50% ersetzen, denn die Krümmer paßten nicht an den Kopf, auch ging der Verlauf der Krümmer nicht konform mit der Konstruktion des Gehäuses, da die Ölwanne im Weg war. Ich besorgte mir die originale GSF-Krümmeranlage, polierte sie auf und verband sie mittels angefertigtem Niro-Adapter an die bisherige C&B-Tüte. Die gewohnte schöne Optik war erhalten geblieben.
Der Eintrag des Motors mit geänderter Höchstgeschwindigkeit, 72 kW und 1157 ccm war eine reine Formsache beim Prüfer des Vertrauens. Auf diesem Wege nochmals ein ganz herzliches Dankeschön an E.W. beim TÜV in Papenburg. Die Zusammenarbeit in all den Jahren – auch bei etlichen anderen (meist Supermoto) – Umbauten verlief immer reibungslos. Schade, daß er die bikende Szene beruflich wohl demnächst verlassen wird – der Ruhestand ruft.
So, und nun haben wir Ende Juni 2007. Ich habe mit dem neuen Motor schon gut 1500 problemlose Kilometer bei schönem Wetter abgerissen. Es ist ein Genuß, den ich immer in vollen Zügen in mich einsauge, wenn ich bei Sonnenschein über die Landstraßen cruisen kann und beim Gas-aufziehen das Schlürfen und Klackern aus den Ansaugtrichtern in mich aufnehme. Das begleitende dumpfe Grollen aus dem Schalldämpfer läßt mich in diesem Zusammenwirken eine Gänsehaut bekommen. Das beharrliche Arbeiten über all die Jahre und natürlich die doch enormen finanziellen Summen, die mittlerweile in dieses Motorrad geflossen sind, haben sich – wenn auch vielleicht nur für mich – absolut gelohnt. Nahezu jedes noch so kleine Bauteil erzählt mir seine ganz eigene Geschichte.
Tja, und fertig ist sie immer noch nicht. Im Winter soll ein hochwertiges Federbein von Wilbers seinen edlen Arbeitsplatz in der Kawasaki bekommen. Auch möchte ich die noch originale, untere Gabelbrücke gegen ein wesentlich massiveres, gefrästes Teil austauschen. Doch jedes Mal, wenn ich die Garage betrete, freue ich mich an diesem einzigartigen Stück Technik. Ich werde sie nie wieder hergeben. Versprochen!